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VG Wiesbaden: Keine Rechtsgrundlage für PC-Gebühr

Mit einer Enscheidung vom 19. November 2008 hat sich nun auch das Verwaltungsgericht Wiesbaden gegen die Rundfunkgebühr für Computer ausgesprochen. Das Gericht schloss sich damit im Ergebnis den Entscheidungen des VG Münster und des VG Braunschweig an. Allerdings geht die Entscheidung in ihrer Bergündung weiter als alle bisherigen: Das hessische Gericht findet nämlich keine tragfähige Rechtsgrundlage für eine Gebührenpflichtigkeit von sogenannten „neuartigen Rundfunksempfangsgeräten“ im Rundfunkgebührenstaatsvertrag.
Die Ausgangspositionen im Verfahren

Im Verfahren ging es um die Gebührenpflicht für einen gewerblich genutzten internetfähigen PC. Der Kläger hatte diesen als „neuartiges Rundfunksempfangsgerät“ bei der GEZ angemeldet. Gegen den daraufhin ergangenen Gebührenbescheid erhob er dann nach einem erfolglosen Widerspruchsverfahren Anfechtungsklage. Das Anmelde- und Widerspruchsverfahren führte der Kläger dabei bereits in der Absicht durch, letztendlich eine gerichtliche Klärung der Gebührenpflichtigkeit herbeizuführen.

In seiner Klageschrift führt unter anderem auf, dass das aktuelle Rundfunkgebührenrecht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. Der Hauptzweck eines Computers sei für ihn ein anderer als beispielsweise der eines einfachen Radios.

Der Hessische Rundfunk (HR) als zuständige Landesrundfunkanstalt verteidigte im Prozess hingegen seine Position. Demnach sei an der Gebührenerhebung weiterhin festzuhalten, da neuartige Rundfunkempfangsgeräte unter die gesetzliche Gebührenpflicht gemäß § 1 Abs. 1 RGebStV fallen würden.

Gericht: Rechtsgrundlage nicht tragfähig

Das VG Wiesbaden gab jedoch dem Kläger vollumfänglich Recht. Und das überraschend grundsätzlich: Im Ergebnis gebe es keine Rechtsgrundlage für eine Gebührenerhebung bei neuartigen Rundfunkempfangsgeräten. Aus den Entscheidungsgründen:

„Für die angefochtene Gebührenerhebung gibt es keine tragfähige Rechtsgrundlage. Beitrags- und Gebührentatbestände müssen wegen ihres belastenden Charakters im Gesetz klar definiert und von ihrem Ausmaß her begrenzt sein. Der Pflichtige muss aus dem Wortlaut erkennen, für was und in welcher Höhe er mit Abgaben belastet wird. An diesen Vorraussetzungen mangelt es im vorliegenden Fall.“

Die Gebühren für Rundfunkempfangsgerät werden gemäß § 13 Absatz 2 RStV schon durch sein bloßes Bereithalten begründet. Was dabei unter einem Rundfunkempfangsgerät zu verstehen ist, regelt – allem Anschein nach abschließend – § 1 Absatz 1 RGebStV:

„Rundfunkempfangsgeräte im Sinne dieses Staatsvertrages sind technische Einrichtungen, die zur drahtlosen oder drahtgebundenen, nicht zeitversetzten Hör- oder Sichtbarmachung oder Aufzeichnung von Rundfunkdarbietungen (Hörfunk und Fernsehen) geeignet sind. Rundfunkempfangsgeräte sind auch Lautsprecher, Bildwiedergabegeräte und ähnliche technische Einrichtungen als gesonderte Hör- oder Sehstellen. Mehrere Geräte gelten dann als ein einziges Rundfunkempfangsgerät, wenn sie zur Verbesserung oder Verstärkung des Empfangs einander zugeordnet sind und damit eine einheitliche Hör- oder Sehstelle bilden.“

In dieser Norm finden die sogenannten „neuartigen Rundfunkempfangsgeräte“ keine Erwähnung. Sie treten erst in § 5 RGebStV in Erscheinung, wo Ausnahmen zur Gebührenpflicht geregelt sind. Dort heißt es in Absatz 3:

„Für neuartige Rundfunkempfangsgeräte (insbesondere Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können) im nichtausschließlich privaten Bereich ist keine Rundfunkgebühr zu entrichten (…)“

Und auch in der letzten Norm des RGebStV ist noch einmal die Rede von diesen neuartigen Empfangsgeräten. In § 12 Absatz 2, der sogenannten Übergangsbestimmung zum Gebührenmemorandum, heißt es:

„Bis zum 31. Dezember 2006 sind für Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebot aus dem Internetwiedergeben können, Gebühren nicht zu entrichten.“

Somit kann nach Ansicht des erkennenden Gerichts nur im Umkehrschluss eine Gebührenpflicht für internetfähige PCs hergeleitet werden. Diese Herleitung lässt das Gericht aber als Rechtsgrundlage nicht zu, da es an einer hinreichenden Kronkretisierung fehlt:

„Ein vernünftiger Durchschnittsbürger wird unter einem Rundfunkempfangsgerät i. S. v. § 1 Absatz 1 RGebStV ein Radiogerät verstehen, das auch zu Zwecken des Rundfunkempfangs angeschafft wurde. Auf weitere Besonderheiten hinsichtlich der zum Rundfunkempfang bestimmten Geräte weisen § 1 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 2 RGebStV hin. In dieser Vorschrift hätte der Gesetzgeber auch die neuartigen Rundfunkempfangsgeräte verankern müssen, wenn er zweifelsfrei die Gebührenpflicht hätte begründen wollen. “

Das Gericht ist also keineswegs davon überzeugt, dass der Gesetzgeber zweifelsfrei eine Gebührenpflicht für internetfähige Endgeräte ins Leben rufen wollte. Auch der Gesetzgebungsprozess gebe Anlass zu solchen Zweifeln. Denn insbesondere Hessen habe bei Beratungen über den Staatsvertrag Bedenken gegen die Rundfunkgebühr für Computer gehabt, führt das Gericht weiter dazu aus.

Unklarheit über Reichweite der Gebührenpflicht und fehlende Zweckbestimmung von PCs

Es ist zudem auch nicht klar geregelt, wann ein PC genau unter die Gebührenpflicht fällt, so die Ausführungen des Gerichts weter. Anhand des Gesetzes lässt sich für das Gericht nicht erkennen, ob die Gebührenpflicht nur für nur solche PCs gilt, die tatsächlich über einen Internetzugang verfügen, oder ob die Gebührenpflicht bereits schon dann vorliegt, wenn ein Gerät nur grundsätzlich internetfähig ist.

Außerdem läge der Hauptzweck eines Computers – zumindest im gewerblichen Bereich – nicht im Empfang von Rundfunksendungen. Mit diesem Argument liegen die Wiesbadener Richter dann auch wieder auf einer Linie mit ihren Kollegen aus Münster und Braunschweig:

„Weiterhin fehlt es bei einem PC am Merkmal „zum Empfang bereithalten“. Denn der Gebührentatbestand erfordert eine entsprechende Zweckbestimmung des Gerätes, das zum Empfang von Rundfunkdarbietungen genutzt werden kann. Bei Geräten, die speziell auf einen Hörfunk- und Fernsehempfang ausgerichtet sind, entspricht es allgemeiner Lebenserfahrung, dass der Besitzer sie gerade dafür angeschafft hat. Anders verhält es sich jedoch mit einem internetfähigen PC.“

Das Ergebnis im Kontext weiterer Entscheidungen

Im Ergebnis hat das Gericht den Gebührenbescheid als rechtwidrig aufgehoben. Die Entscheidung ist aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig. Eine Berufung zum Hessischen Verwaltungsgerichsthof in Kassel (Rang eines OVG) ist möglich.

Es bleibt festzuhalten, dass diese Entscheidung aus Wiesbaden in der Rigorosität ihrer Begründung ein Novum in der Rechtssprechung zur Rundfunkgebührenpflicht darstellt. Denn bisher haben die Gerichte an der Existenz einer tragfähigen Rechtsgrundlage keine so grundsätzlichen Zweifel gehabt. Bislang ließen die Gerichte die Gebührenpflicht aus deutlich weniger elementaren Gründen scheitern. Das Hauptargument war meist, dass man bei Computern nicht zwangsläufig davon ausgehen könne, dass sie auch für den Empfang von Rundfunk genutzt würden – anders als bei Fernsehern oder Radios.

Insgesamt ist die Rechtsprechung zur Rundfunkgebühr bei Computern allerdings nicht einheitlich. So entschieden das VG Münster, das VG Koblenz und jüngst auch das VG Braunschweig in bestimmten Fallkonstellationen gegen die Gebührenpflicht. Dafür sprachen sich allerdings insbesondere das VG Ansbach und das VG Hamburg aus. Nach den bislang bekannten Entscheidungen scheint der Trend also – zumindest quantitativ – eher gegen die PC-Gebühr zu gehen.

Die Entscheidung des VG Wiesbaden, Az.: 5 K 243/08.WI(V) in der Telemedicus-Urteilsdatenbank.

Weitere Urteile zur Rundfunkgebührenpflicht.

Webseite des Klägers mit umfangreicher Dokumentation des Verfahrens.

, Telemedicus v. 25.11.2008, https://tlmd.in/a/1052

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