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„Islamisches Wort“: Kreuzzugstimmung im Ländle

Nach Ostern kommt das „Islamische Wort“

Das vom SWR geplante „Islamische Wort“ soll in spätestens 6 Wochen auf Sendung gehen, so SWR-Intendant Peter Voß in einem Focus-Interview. Inhalt der Sendung sollen Glaubensbekenntnisse von jeweils zweieinhalb bis drei Minuten in deutscher Sprache sein. Eine spätere Verlagerung der Sendung ins Radio schließt Voß nicht aus, zunächst soll diese aber ausschließlich im Internet abrufbar sein, flankiert von journalistischer Berichterstattung. Der SWR werde für das Projekt vier muslimische Sprecher auswählen, denen zwei Frauen angehören sollen, sagte Intendant Voß der Zeitschrift. Zugleich widersprach er CSU-Generalsekretät Markus Söder, der einen „Moschee-Sender“ befürchtet:

Aschermittwoch ist vorbei. Das Thema ist zu wichtig, um es auf Passau-Niveau zu drücken. (…) Wir können doch nicht warten, bis etwa in den arabischen Ländern die gleiche Toleranz herrscht wie bei uns.

Kreuzzugstimmung im Ländle

Markus Söder ist aber nicht der einzige Politiker, der sich um die aktuelle Debatte mit geistreichen Beiträgen verdient macht. In der FAZ vom 14.03.07 wird über einen Streit zwischen dem baden-württembergischen CDU-Fraktionsvorsitzenden Stefan Mappus und dem SWR-Intendanten berichtet. Nach Meinung des Fraktionsvorsitzenden sei die geplante Sendung „keine Aufgabe der Grundversorgung“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zudem stünden der verfassungsrechtlich geschützte Grundversorgungsauftrag und die christlich-abendländische Werteordnung des Grundgesetzes im Widerspruch zu islamischen Religionssendungen.

Voß, der sich mit der Materie schon aufgrund seiner Stellung als Intendant etwas dezidierter auseinanderzusetzen hat, widerspricht energisch: Selbstverständlich gehöre es zur Grundversorgung, Angebote zu machen, welche die Vielfalt unserer Gesellschaft abbilden. Und was die Werteordnung betreffe:

Neben der jüdisch-christlichen Religiosität in allen ihren Ausprägungen war es bekanntlich die griechische und römische Antike, die philosophische und politische Fundamente gelegt und in der Neuzeit die Aufklärung und damit auch Toleranz und Pluralität ermöglicht hat. Das ist unsere Tradition.

Voß, der ebenfalls Mitglied der CDU ist, sieht die Notwendigkeit, die Muslime, die Deutschland nun einmal in großer Zahl bei sich aufgenommen habe, möglichst nicht irgendwelchen Fanatikern zu überlassen. Vielmehr müsse versucht werden, diese mit allen Kräften für die demokratische Ordnung zu gewinnen.

Zweifel an Existenzberechtigung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Die scharfe Replik ist verständlich, stellte Mappus doch, dem FAZ-Bericht zufolge, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sogar generell in Frage:

Wenn das öffentlich-rechtliche Sendewesen sich zunehmend Aufgaben nimmt, die nicht zu seinem Auftrag gehören, und uns wird gesagt, es brauche mehr Geld, dann müssen wir die Frage stellen: Wie wird finanziert? Weiterhin über eine Rundfunkgebühr oder zum Beispiel in Zukunft über pay per view.

Viel fällt einem dazu nicht mehr ein, vielleicht aber noch so viel: Von den ca. 3,5 Millionen Muslimen in Deutschland leben allein 500000 im Sendegebiet des SWR . Anzunehmen ist, dass die meisten davon einen Fernseher in der Wohnung haben und dementsprechend Gebühren zahlen müssen. Mag man zu der Thematik auch stehen wie man will: Die Grundversorgung gekoppelt mit der Gebührenfrage als Gegenargument zu bringen, ist wohl die schlechteste aller Alternativen!

Zum Artikel der FAZ

Zum Thema:

Streit um Wort am Freitag gewinnt an Brisanz (Telemedicus berichtete)

, Telemedicus v. 14.03.2007, https://tlmd.in/a/103

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