Die Datei „Gewalttäter Sport“ ist rechtswidrig. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Lüneburg Ende 2008 und bestätigte das Urteil der Vorinstanz, dem Verwaltungsgericht Hannover.
Der Kläger ist Fußballfan. Er ist als „Ultrà“ und Gewalttäter in der Datei erfasst. Sein Antrag auf Löschung seiner Daten wurde von der Polizei abgelehnt. Zu Unrecht, wie nun bereits zwei Gerichte entschieden haben.
Was ist die „Gewalttäter-Sport“-Datei?
Die Datei „Gewalttäter Sport“ erfasst Personen, die bei Sportereignissen straffällig wurden, bzw. sogar nur einer Straftat verdächtig sind. Die auch als „Hooligan-Datei“ bekannte Datensammlung wird vom Bundeskriminalamt (BKA) seit 1994 geführt. Zugriff haben sowohl der Bund wie auch die Länder; die Daten werden in das polizeiliche Informationssystem einbezogen. Man spricht daher von einer „Verbunddatei“. Sinn der Datei soll es sein, Gewalttäter von Sportveranstaltungen präventiv fern zu halten: Vor allem von Sport-Ereignissen im Ausland sollen die registrierten Personen mit (vorübergehenden) Meldeauflagen, Reiseverboten und anderen polizeilichen Maßnahmen fern bleiben.
Ermächtigende Rechtsverordnung fehlt
Sowohl das Verwaltungsgericht Hannover als auch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (Az. 10 A 2412/07) stützten ihre Entscheidungen allein auf formelle Gründe. Die Datei sei wegen fehlender Rechtsgrundlage unzulässig. Sachliche Gründe wurden nicht angeführt – zu der Frage, ob die Erfassung solcher Daten vor allem mit dem Datenschutzrecht vereinbar ist, äußerten sich die Richter nicht.
Eine Rechtsgrundlage sei erforderlich, damit der Betroffene weiß, welche Daten und zu welchem Zweck über ihn gespeichert werden (können). Dieses Erfordernis ergebe sich bereits aus dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts.
Zudem ergebe sich die Voraussetzung einer ermächtigenden Rechtsgrundlage auch unzweifelhaft aus § 7 Abs. 6 BKA-Gesetz:
Das Bundesministerium des Innern bestimmt mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung das Nähere über die Art der Daten, die nach §§ 8 und 9 gespeichert werden dürfen.
Doch eine Rechtsverordnung des Bundesinnenministeriums gibt es nicht – und die aktuell geführte Datei „Gewalttäter Sport“ ist rechtswidrig.
Folgenschwere Entscheidung des Gerichts
Registrierte Personen können deshalb die Löschung ihrer Daten verlangen – und nicht nur die sportbegeisterten Fans. Die Entscheidung zieht nämlich weite Kreise: Das gleiche Problem betrifft auch andere Dateien des BKA, wie beispielsweise die LIMO (Erfassung politisch links motivierter Straftaten) und die REMO (Erfassung rechtsorientiert politisch motivierter Straftäter).
Die Polizeidirektion Hannover hat bereits Revision eingelegt. Mit einer abschließenden Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht kann also bald gerechnet werden.
„Verwaltungsgericht: Hooligan-Datei rechtswidrig“ – Heise.
„Gerichtsurteil: Hooligan-Datei droht Löschung“ – Frankfurter Rundschau.