Ein Kommentar von Rechtsanwalt Dr. Jonas Kahl, LL.M.
Zum wiederholten Male in diesem Jahr sorgt die Bundestagsverwaltung für Schlagzeilen, weil sie Journalisten den Zugang zum Bundestag verwehrt. Waren es Anfang des Jahres netzpolitisch interessierte Blogger, müssen dieses Mal die ZDF-Journalisten der Satiresendung „heute-show“ draußen bleiben.
Auch im neuerlichen Fall beruft sich die Pressestelle auf ihre Akkreditierungsbedingungen und die Hausordnung des Bundestages. Während dem Zutritt der Blogger deren fehlende Hauptberuflichkeit entgegengestanden haben soll, wird laut Moderator Oliver Welke nun angeführt, dass die ZDF-Journalisten „keine politisch-parlamentarische Berichterstattung“ leisten würden.
Einer solchen Bewertung liegt offenbar die Annahme zu Grunde, dass nur ernsthafte Berichterstattung den Ansprüchen des hohen Hauses gerecht werden könne, eine satirische Auseinandersetzung mit Politik dagegen weniger wert sei und ihr weniger Rechte zugestanden werden können als anderen Medien. Dabei entspricht es spätestens seit der Soraya-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1973 der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass dem Schutz der Pressefreiheit nicht nur die seriöse Presse unterliegt, sondern ebenso die Unterhaltungspresse. So heißt es dort ausdrücklich:
„Der Begriff „Presse“ ist weit und formal auszulegen; er kann nicht von einer – an welchen Maßstäben auch immer ausgerichteten – Bewertung des einzelnen Druckerzeugnisses [bzw. Mediums] abhängig gemacht werden. Die Pressefreiheit ist nicht auf die „seriöse“ Presse beschränkt“ (BVerfGE 34, 269).
Dem stehen im vorliegenden Fall auch keine anderen Rechtsgüter entgegen, die mit der Pressefreiheit der ZDF-Journalisten abzuwägen wären. Insbesondere die nun mancherorts lesbaren weiteren Argumente für die Versagung aus der Hausordnung des Bundestages, legen das nicht nahe.
Interessant ist insofern bereits, welcher Begriffe sich die Pressestelle bedient, um die Journalisten-Eigenschaft der „heute-show“-Redakteure in Frage zu stellen. So ist die Rede von einer „Satire-Inszenierung“, „einem Protagonisten“ und dem Bundestag als „Kulisse“ – allesamt Begriffe, die fernab einer wertfreien Betrachtung der Inhalte journalistischer Berichterstattung liegen und die Politsatire als gehaltfreien Klamauk wirken lassen sollen.
Da aber die Form selbst bereits der Pressefreiheit unterliegt, müsste stattdessen allein maßgeblich sein, ob über politisch-parlamentarische Zusammenhänge berichtet wird oder nicht.
Einen rechtswidrigen Eingriff in den Inhalt der Berichterstattung stellt es zudem dar, wenn die Bundestagsverwaltung sich bei ihrer Versagung darauf beruft, dass die ZDF-Journalisten sich erst am Donnerstag mit einem am Mittwoch stattgefunden Tagesordnungspunkt befassen wollten. Allein die Annahme, dass eine dem Ereignis nachgelagerte Berichterstattung unzulässig sein soll, ist ein wertender Eingriff in die inhaltliche Pressefreiheit der ZDF-Journalisten dar.
Beim Betrachter bleibt der Eindruck zurück, dass formale Gründe konstruiert wurden, um unerwünschte Satire zu unterbinden. Zu behaupten, es habe bei der Versagung kein Ermessensspielraum bestanden, ist bei einem grundsätzlich derart weit definierbaren Begriff, wie „politisch-parlamentarischer Berichterstattung“ geradezu absurd.
Selbst wenn man annehmen würde, dass einzelne beabsichtigte Szenen tatsächlich nicht mit dem Hausrecht vereinbar gewesen wären, wäre es allemal verhältnismäßiger gewesen, den Zugang unter entsprechende Auflagen zu stellen und beispielsweise gewisse Areale von der Drehgenehmigung auszunehmen, anstatt die Akkreditierung komplett zu verweigern.
Die Bundestagsverwaltung legt ihre Akkreditierungsbedingungen offenbar immer häufiger besonders restriktiv aus, um Journalisten, die auf andere Art und Weise berichten als dies gewollt ist, von der Berichterstattung abzuhalten.
Dr. Jonas Kahl, LL.M. ist Rechtsanwalt bei FPS in Berlin im Bereich Presse- und Medienrecht. Zuletzt befasste er sich wiederholt mit Fragen der Zulässigkeit von Akkreditierungsbeschränkungen für Journalisten. Siehe dazu auch seinen Beitrag in der Zeitschrift „Kommunikation & Recht“ 2014, Ausgabe 7-8.