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Wochenrückblick: Youtube, Überwachung, Facebook

+++ TSM-Paket: Trilog-Verhandlungen zu Netzneutralität und Roaming beendet

+++ LG München: Youtube muss Lizenzgebühren erst nach Kenntniserlangung zahlen

+++ Neue Überwachungsenthüllungen aus Frankreich und Großbritannien

+++ Bundestag erweitert Befugnisse der Geheimdienste

+++ Reporter ohne Grenzen klagen gegen BND-Überwachung

+++ Kein Verbraucher: Max Schrems vorläufig erfolglos beim LG Wien

+++ Verfassungsschutz stellt Strafanzeige gegen netzpolitik.org
TSM-Paket: Trilog-Verhandlungen zu Netzneutralität und Roaming beendet
Vertreter des Europäischen Parlamentes, Rates und der Kommission haben sich auf einen vorläufigen Kompromiss für die sog. „Telecom Single Market”-Verordnung (TSM) verständigt. Die Verordnung, die künftig unter dem neuen Namen „Regulation laying down measures concerning open internet and amending Regulation (EU) No 531/2012” weiter verhandelt wird, erfasst vor allem die Aspekte Netzneutralität und Roaming. Nach dem Verordnungsentwurf dürfen Internet-Provider zwar Traffic Management betreiben, d.h. einzelne Dienste bevorzugen. Ein solches Traffic Management muss jedoch ausschließlich auf objektiven, nicht-wirtschaftlichen Kriterien beruhen. Zudem sollen neue Transparenz- und Vertragsvorschriften für Provider gelten. Wie weit das Traffic Management reichen darf, ist im Detail jedoch noch umstritten. Ab Juni 2017 sollen zudem Roaming-Gebühren EU-weit innerhalb eines „fair use”-Kontingentes abgeschafft werden. Nur wer dieses Kontingent überschreitet soll dann noch (in der Höhe beschränkte) Roaming-Gebühren zahlen müssen. Wie hoch genau das „fair use”-Kontingent angesetzt werden soll, steht noch nicht fest und soll von der Kommission in einem Durchführungsrechtsakt festgelegt werden.
Ausführliche Übersicht von Hans-Peter Lehofer.

LG München: Youtube muss Lizenzgebühren erst nach Kenntniserlangung zahlen
Youtube haftet für Uploads seiner Nutzer erst ab Kenntnis der Rechtswidrigkeit. Das hat das LG München vergangene Woche im Streit zwischen der GEMA und der Google-Tochter Youtube entschieden. Die GEMA hatte von Youtube verlangt, für Videos seiner Nutzer Lizenzgebühren zu zahlen, wenn die Videos Musik aus dem GEMA-Repertoire enthalten. Solange Youtube von diesen Videos keine Kenntnis hat, muss das Unternehmen jedoch auch keine Lizenzgebühren zahlen, so das LG München. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Urteilsbegründung ist noch nicht im Volltext verfügbar.
Details bei ZEIT online.

Neue Überwachungsenthüllungen aus Frankreich und Großbritannien
Wie vergangene Woche bekannt wurde, haben auch französische Geheimdienste umfassende Überwachungsprogramme um den internationalen Internetverkehr abzuhören. Demnach soll der Nachrichtendienst Direction Générale de la Sécurité Extérieure (DGSE) bis 2013 mindestens fünf Transatlantikkabel angezapft haben, die den Internetverkehr über Frankreich in die USA, Indien, Südostasien und Westafrika leiten. Das Projekt soll in Zusammenarbeit mit dem britischen Nachrichtendienst GCHQ durchgeführt worden sein. Dieser steht unterdessen in der Kritik, weil dieser rechtswidrig Amnesty International abgehört haben soll. Nach Auskunft der Geheimdienstaufsicht IPT soll die Kommunikation von Amnesty International abgefangen, eingesehen und abgespeichert worden sein. Aus welchen Gründen, zu welchem Zweck und was mit den Daten geschehen ist, ist aber nach wie vor unbekannt.
Heise online zur Überwachung durch den DGSE.
Heise online zur Überwachung von Amnesty International.

Bundestag erweitert Befugnisse der Geheimdienste
Mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD hat der Bundestag hat vergangene Woche das Gesetz zur „Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes” beschlossen. Danach soll das Nachrichtendienstliche Informationssystem (Nadis) weiter ausgebaut werden, sodass Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern künftig besser Informationen untereinander austauschen können. Zudem soll die strategische Fernmeldeaufklärung, also das Abhören von internationalen Internet- und Telefonverbindungen durch den Bundesnachrichtendienst, erweitert werden und in Zukunft auch bei Bedrohungen durch „Cyberkriminalität” eingesetzt werden können. Auch der Einsatz von V-Leuten wird neu und im Vergleich zum Kabinettsentwurf strenger geregelt. Danach dürfen V-Leute mit gewichtigen Vorstrafen nur aufgenommen werden, wenn dies für Aufklärung gefährlicher Bestrebungen unerlässlich ist.
Die Hintergründe bei Heise online.

Reporter ohne Grenzen klagen gegen BND-Überwachung
Die Journalistenvereinigung Reporter ohne Grenzen hat vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Klage gegen den Bundesnachrichtendienst eingereicht. Vorwurf: Der BND habe E-Mails der Organisation im Zuge seiner strategischen Fernmeldeaufklärung abgehört und damit in die Pressefreiheit der Journalisten eingegriffen. Die Abhörmaßnahmen des BND behinderten die Arbeit von Reporter ohne Grenzen insbesondere bei der Zusammenarbeit mit Organisationen im Nahen Osten und schrecke Informanten ab. Den Medien sei es deshalb nicht mehr ausreichend möglich, ihrer Rolle als vierte Gewalt in einer demokratischen Gesellschaft nachzukommen.
Ausführliche Hintergründe bei Reporter ohne Grenzen.

Kein Verbraucher: Max Schrems vorläufig erfolglos beim LG Wien
Der Datenschutzaktivist Max Schrems ist mit seiner Sammelklage gegen Facebook vor dem Landgericht Wien vorerst gescheitert. Das Gericht erklärte sich vergangene Woche für nicht zuständig. Schrems und sieben weitere Aktivisten klagen vor dem LG Wien gegen Facebook auf Schadensersatz weil Facebook das Surfverhalten von Nutzern ausspähe und Daten an amerikanische Geheimdienste weitergebe. Eine Klage vor einem österreichischem Gericht wäre nur dann möglich, wenn Schrems als Verbraucher anzusehen wäre. Dies sah das Gericht jedoch anders: Schrems nutze die öffentliche Aufmerksamkeit des Verfahrens auch für berufliche Zwecke, etwa durch bezahlte Interviews und Buchverkäufe.
Details beim Handelsblatt.
Interview mit Max Schrems bei faz.net.

Verfassungsschutz stellt Strafanzeige gegen netzpolitik.org
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz hat Strafanzeige gegen netzpolitik.org gestellt. Das Portal hatte Teile der Wirtschaftspläne des Verfassungsschutzes von 2013 und 2015 veröffentlicht. Dieser enthielten auch operative Details, sodass der Verfassungsschutz in der Veröffentlichung einen Verrat von Staatsgeheimnissen sieht. Netzpolitik hatte unter anderem über die Pläne des Verfassungsschutzes berichtet, Inhalte bei Facebook gezielt auszuwerten. Demnach plane der Verfassungsschutz insbesondere, Kontaktlisten auszuwerten um Beziehungsgeflechte zu analysieren. Über 75 Spione sollten Chats und Facebook überwachen, Bewegungsprofile und Beziehungsnetzwerke erstellen sowie „verdeckte Informationen erheben“.
Die Darstellung des Falls bei netzpolitik.org.

, Telemedicus v. 05.07.2015, https://tlmd.in/a/2970

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