+++ BVerfG: Einsatz von Datenanalyse-Software bei Polizei verfassungswidrig
+++ BVerwG: Beschränkungen für Handydatenauswertung bei Asylsuchenden
+++ Disinformation as a Service
+++ LuxLeaks: EGMR bestätigt Whistleblower
BVerfG: Einsatz von Datenanalyse-Software bei Polizei verfassungswidrig
Die gesetzlichen Vorschriften in Hessen und Hamburg zur vorbeugenden Verbrechensbekämpfung sind verfassungswidrig. Das hat das BVerfG entschieden (1 BvR 1547/19, 1 BvR 2634/20). Die Entscheidung betrifft spezielle Rechtsgrundlagen dafür, bisher unverbundene, automatisierte Dateien und Datenquellen in Analyseplattformen zu vernetzen und vorhandene Datenbestände durch Suchfunktionen systematisch zu erschließen. Darauf beruhend wird Software eingesetzt, die gespeicherte personenbezogene Daten mittels automatisierter Anwendung im Rahmen einer Datenanalyse (Hessen) oder einer Datenauswertung (Hamburg) weiter verarbeitet. Diese konkrete Anwendung verstößt laut BVerfG gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Die Vorschriften enthielten keine ausreichende Eingriffsschwelle. Die Software könne in begründeten Einzelfällen angewendet werden, wenn dies zur vorbeugenden Bekämpfung bestimmter Straftaten erforderlich sei. Dieser Eingriffsanlass bleibe aber weit hinter der verfassungsrechtlich gebotenen Schwelle einer konkretisierten Gefahr zurück.
Zur Nachricht bei der Tagesschau.
Zur Pressemitteilung des BVerfG.
BVerwG: Beschränkungen für Handydatenauswertung bei Asylsuchenden
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) darf digitale Datenträger (u.a. Mobiltelefone) von Asylantragsteller:innen beim Fehlen eines Passes nicht ohne weiteres auswerten. Das hat das BVerwG entschieden (Az. VG 9 K 135/20 A). Diese regelmäßige Praxis des BAMF bei der Registrierung sei ohne hinreichende Berücksichtigung sonstiger vorliegender Erkenntnisse und Dokumente nicht rechtmäßig. Handydaten dürften nicht pauschal ausgelesen werden. Die Auswertung digitaler Datenträger zur Ermittlung von Identität und Staatsangehörigkeit sei erst zulässig, wenn der Zweck der Maßnahme nicht durch mildere Mittel erreicht werden könne.
Zur Nachricht bei lto.de.
Zur Pressemitteilung des BVerwG.
Disinformation as a Service
Eine israelische Firma soll mit Hacks und Desinformationen weltweit Wahlen beeinflusst haben. Dies will ein internationaler Rechercheverbund (u.a. beteiligt ZDF, SPIEGEL und ZEIT) herausgefunden haben. Verdecktes Filmmaterial und Dokumente sollen belegen, dass von der Firma erstellte Avatare in Kampagnen u.a. in den USA, Großbritannien und Frankreich aufgetaucht seien. Insgesamt seien 33 Wahlen manipuliert worden, 27 Kampagnen seien im Sinne der Auftraggeber:innen erfolgreich gewesen. Für die Manipulation auf sozialen Medien habe die Firma eine eigene Plattform namens Aims (Advanced Impact Media Solutions) entwickelt, mit der verifizierte Nutzungskonten erschaffen werden könnten. Die Informationen stammen größtenteils von der Firma selbst und können nicht vollständig auf ihren Wahrheitsgehalt untersucht werden.
Zur Nachricht beim ZDF.
Zur Nachricht bei golem.de.
LuxLeaks: EGMR bestätigt Whistleblower
Der EGMR hat einen luxemburgischen Whistleblower rehabilitiert. Er sei frei von strafrechtlicher Verantwortung und Luxemburg müsse ihm 15.000 Euro für den erlittenen immateriellen Schaden und 40.000 Euro für Kosten und Auslagen erstatten. Der Mann hatte 2012 einem Journalisten mehrere Tausend Dokumente zugespielt, die von seinem Arbeitgeber stammten und zweifelhafte Steuerabsprachen von Konzernen mit Luxemburgs Finanzbehörde belegten. Internationale Medien berichteten über die Steuerspar-Modelle unter dem Titel „Luxemburg Leaks“. Der Mann wurde daraufhin wegen Diebstahls und der Verletzung des Berufsgeheimnisses verurteilt. Zu Unrecht, wie der EGMR jetzt festegestellt hat. Er sei durch die Verurteilung in seiner Meinungsfreiheit verletzt worden. Deutschland und sieben weitere EU-Länder haben unterdessen eine EU-Richtlinie zum besseren Schutz von Whistleblowern noch nicht vollständig umgesetzt, weshalb die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat.
Zur Nachricht bei heise.de.
Zur Nachricht bei lto.de.