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Wochenrückblick: BND, Yelp, Presse-Leistungsschutz

+++ Bundesverfassungsgericht verhandelt über Befugnisse des BND

+++ BGH: Yelp darf Bewertungen gewichten

+++ VDS: Generalanwalt hält nationale Gesetze für rechtswidrig

+++ Erster Diskussionsentwurf zur Urheberrechtsreform aus dem BMJV

+++ Mehr Ermittlungsmöglichkeiten gegen Kinderpornographie

+++ Update fürs NetzDG aus dem BMJV
Bundesverfassungsgericht verhandelt über Befugnisse des BND
Das Bundesverfassungsgericht hat zwei Tage lang über die Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes (BND) verhandelt. Im Verfahren prüft das Gericht die Verfassungsmäßigkeit der strategischen Fernmeldeaufklärung im Ausland. Der BND greift Datenströme u.a. über – auch deutsche – Netzknotenpunkte ab, darf aber als Auslandsgeheimdienst nur Ausländer im Ausland überwachen und muss die Daten entsprechend filtern. Ausländische Journalisten und die Organisation Reporter ohne Grenzen sehen Verstöße gegen das Fernmeldegeheimnis und die Pressefreiheit. Der BND müsse zielgerichteter überwachen und sei an die Verfassung gebunden, weshalb seine Zielpersonen einen Schutzanspruch haben – ein besonders strittiger Punkt. Beobachtern zufolge zeichnete sich in der Verhandlung ab, dass sich auch Ausländer auf deutsche Grundrechte werden berufen können. Das Urteil ist in einigen Monaten zu erwarten.
Zum Bericht über beide Verhandlungstage bei heise.de.
Max Steinbeis über die Verhandlung im Verfassungsblog.

BGH: Yelp darf Bewertungen gewichten
Die Gesamtnote in einem Bewertungsportal muss nicht zwingend alle User-Bewertungen enthalten. Bewertungsportale dürfen Bewertungen vielmehr selbst einstufen. Das hat der BGH in einem Streit zwischen dem Portal Yelp und der Betreiberin eines Fitnessstudios entschieden (Az. VI ZR 496/18). Yelp zeigt zwar alle User-Bewertungen an, ordnet sie aber automatisch in „empfohlen” und „(momentan) nicht empfohlen”. Die Fitnessstudio-Betreiberin ging dagegen vor, dass Yelp trotz überwiegend guter User-Bewertungen eine schlechte Gesamtnote bildete; Yelp habe so das Gesamtbild verzerrt. Der BGH verneinte im konkreten Fall einen rechtswidrigen Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb: Ein Gewerbetreibender müsse Kritik an seinen Leistungen und die öffentliche Erörterung geäußerter Kritik grundsätzlich hinnehmen. Yelps Bewertungsdurchschnitt ist durch die Berufs- sowie Meinungsfreiheit gedeckt, befand der BGH.
Zur Pressemitteilung des BGH.

VDS: Generalanwalt hält nationale Gesetze für rechtswidrig
Der EuGH-Generalanwalt Sánchez-Bordona hält die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) in Belgien, Frankreich und Großbritannien für EU-rechtswidrig. In seinen drei Schlussanträgen hält der Generalanwalt das unterschieds- und anlasslose Protokollieren von Verbindungs- und Standortdaten für unverhältnismäßig. Er hält eine gezielte VDS aber für denkbar, etwa nach einem Terroranschlag oder wenn Staaten die Speicherung auf bestimmte Datenkategorien minimieren. 2014 hatte der EuGH die EU-Richtlinie zur VDS für rechtswidrig erklärt.
Zum Artikel in der taz.
Zur Pressemitteilung des Generalanwalts.

Erster Diskussionsentwurf zur Urheberrechtsreform aus dem BMJV
Das Bundesjustizministerium (BMJV) hat einen ersten „Diskussionsentwurf” zur Urheberrechtsreform veröffentlicht (PDF). Der Entwurf bildet das erste Paket zur Umsetzung der EU-Urheberrechts-Richtlinie im digitalen Binnenmarkt, die 2019 in Kraft getreten ist. Das (derzeit in Deutschland nicht anwendbare) Leistungsschutzrecht für Presseverlage wird demnach verlängert und verschärft: Suchmaschinenbetreiber sollen bei Presseveröffentlichungen nur noch Vorschaubilder mit einer Auflösung von 128 mal 128 Pixeln anzeigen dürfen. Das Setzen von Links und die Nutzung „einzelner Wörter oder sehr kurzer Auszüge” bleibt dem Entwurf zufolge frei, ebenso „die private oder nicht kommerzielle Nutzung einer Presseveröffentlichung” durch einzelne Anbieter. Das Thema Plattformhaftung und Uploadfilter greift dieser Entwurf nicht auf, wohl aber die umstrittene Verlegerbeteiligung sowie die Nutzungserlaubnisse für Unterricht und Lehre, zur Erhaltung des Kulturerbes und zu Text und Data Mining. Das BMJV nimmt bis 31. Januar Stellungnahmen entgegen.
Zur Meldung bei heise.de.

Mehr Ermittlungsmöglichkeiten gegen Kinderpornographie
Der Bundestag hat die Ermittlungsmöglichkeiten gegen Kinderpornographie ausgeweitet. Die Reform schafft die Grundlage für Ermittler, künstliche, digital erstellte Kinderpornographie hochzuladen. Damit sollen Ermittler überhaupt zu einschlägigen Foren durchdringen können; der Upload von Kinderpornographie gilt oft als „Eintrittskarte“ in diese Kreise (dort als „Keuschheitsprobe“ bezeichnet). Echtes Material darf die Polizei nicht verwenden, außerdem steht die Maßnahme unter Richtervorbehalt und die Aufklärung muss „auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert“ sein (§ 184b StGB-neu). Künftig ist außerdem der Versuch des Cybergroomings strafbar. Darunter versteht man die gezielte Ansprache von Kindern mit dem Ziel sexueller Kontakte im Netz. Das Eingehen auf ermittlerische Lockvögel ist demnach künftig ein untauglicher, strafbarer Versuch.
Mehr bei der Süddeutschen.
Mehr auf der Seite des Bundestages.

Update fürs NetzDG aus dem BMJV
Das Bundesjustizministerium (BMJV) will das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) reformieren. Einem neuen Gesetzentwurf zufolge sollen rechtswidrige Inhalte bei sozialen Netzwerken schneller und einfacher gemeldet werden können. Das NetzDG ist seit zwei Jahren in Kraft und verpflichtet große soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und YouTube, rechtswidrige Inhalte verfahrensmäßig zu löschen oder zu sperren. Der neue Gesetzentwurf regelt nun auch ein „Gegenvorstellungsverfahren”: Verfasser sollen leichter gegen die Löschung ihrer Beiträge vorgehen können. Aber auch wer Postings gemeldet hat, soll die Netzwerke zur nochmaligen Prüfung ihrer Entscheidung auffordern können. Der Entwurf soll außerdem die Zustellung für Klagen erleichtern. Nach Ansicht des BMJV hat sich der Ansatz des NetzDG grundsätzlich bewährt; zu übermäßigem Sperren (Overblocking) sei es bisher nicht gekommen.
Mehr bei LTO.

, Telemedicus v. 19.01.2020, https://tlmd.in/a/3474

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