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Was ist eigentlich ein Vollprogramm?

In jüngster Zeit war oft zu hören, die Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz prüfe, ob Sat.1 noch eine Lizenz als „Vollprogramm“ zustünde. In der berichterstattenden Presse blieb der Begriff oft unerklärt – so entstand der Eindruck, der Entzug der Lizenz als Vollprogramm sei mit dem Entzug der Sendelizenz gleichzusetzen. Das ist aber falsch. Sat.1 darf – und wird – seine Sendungen unabhängig davon ausstrahlen, ob es als Vollprogramm eingestuft wird oder nicht.

Ein Rundfunkveranstalter, der kein Vollprogramm sendet, kann nämlich immer noch Veranstalter eines Spartenprogramms sein, und auch als solchem steht ihm eine Sendelizenz zu.

Was ist dann aber ein Vollprogramm?

§ 2 Abs. 2 Nr. 1 RStV definiert „Vollprogramm“ als:

…ein Rundfunkprogramm mit vielfältigen Inhalten, in welchem Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden.

Demgegenüber ist ein Programm, das in Vollzeit sendet, aber kein „Vollprogramm“ ist, ein „Spartenprogramm“.

Zwischen den beiden Programmkategorien gibt es aber kaum Unterschiede. Nach den jeweiligen Landesmediengesetzen hat ein Vollprogramm – unter Umständen und in bestimmten Bereichen – das Recht, auf den Verbreitungswegen (Satellit, Radiowellen, Kabelnetze) vorrangig berücksichtigt zu werden, wenn es zu Kapazitäts-Engpässen kommt. Das war zu Zeiten, in denen die Radiotechnik nicht mehr als fünf Fernsehkanäle zuließ, immens wichtig. Heute, wo es schon längst genügend Kapazitäten für die Sender gibt, kommt es auf den Status als Vollprogramm aber kaum noch an.

Ganz im Gegenteil: Einmal als Spartenprogramm eingestuft, muss ein Fernsehveranstalter nicht mehr die Quotenregelung zu europäischen Filmproduktionen einhalten (§ 6 Abs. 3 RStV), er muss keine Fensterprogramme mehr einfügen (§ 25 Abs. 4 RStV) und er ist nicht mehr auf die weitaus engeren Programmgrundsätze für Vollprogramme verpflichtet (§ 41 Abs. 2 RStV). Die Drohung, einem Fernsehsender die Lizenz als Vollprogrammveranstalter zu entziehen, ist also keine wirkliche Drohung. Auf manch einen Fernsehmanager mag sie eher als Verlockung wirken.

, Telemedicus v. 02.08.2007, https://tlmd.in/a/342

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