Telemedicus

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Wahlcheck: FDP


Telemedicus hat den im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien mehrere Fragen zu ihren medienpolitischen Grundsatzpositionen gestellt. In dieser Woche veröffentlichen wir nun täglich fortlaufend die Antworten der Parteien. Heute stellen wir die Positionen der FDP vor.


Hält Ihre Partei die Sperrung von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten – auch in der derzeitigen technischen Umsetzung – für sinnvoll? Sollten Internetsperren zukünftig auch bei anderen Rechtsverletzungen, wie zum Beispiel solchen im Urheberrecht zum Einsatz kommen?

FDP: Die dauerhaft wirksame Bekämpfung des Missbrauchs von Kindern ist politische Verantwortung und rechtstaatliches Gebot zugleich. Aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber schon jetzt jeden Anreiz zur Produktion kinderpornographischen Materials unter Strafe gestellt. Staatliche Maßnahmen müssen daher konsequent einerseits auf aufklärende Prävention und andererseits auf hohe Anzeige- und Aufklärungsquoten ausgerichtet werden. Nur so lassen sich zukünftige Missbrauchsfälle vermindern. Ergänzend bedarf es eines effektiven und weltweiten Schutzes gegen die Bereitstellung kinderpornographischer Angebote im Internet.

Die FDP beurteilt die Sperrung des Zugangs auf Internetseiten mirkinderpornographischen Inhalten als ungeeignet, Kinderpornographie inKommunikationsnetzen erfolgreich zu bekämpfen. Maßnahmenvorrang muss daher grundsätzlich die Löschung von Daten mittels bestehender strafrechtlicher Verfahren vorrangig bei den Inhalteanbietern selbst und, soweit dies nicht möglich ist, eine Löschung bei den sog. Host-Providern – den Speicherplatzanbietern – haben. Andernfalls würden allenfalls orts- und medienkanalwirksame Zugangssperren reine Placebo-Lösungen darstellen, da sich diese leicht von Anbietern und interessierten Nutzern umgehen lassen.

Zur Frage, ob und inwieweit Internetsperren auch zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen unterstützt werden, wird auf die weiteren Antworten verwiesen.


Welche Änderungen hält Ihre Partei am aktuellen Haftungsmodell des Telemedienrechtes für sinnvoll?

FDP: Mit dem Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes (Erstes Telemediengesetzänderungsgesetz – 1. TMGÄndG) hat die FDP ein formalisiertes Verfahren zur Durchsetzung von Rechtsgütern durch Entfernung oder Sperrung von Inhalten durch Diensteanbieter vorgeschlagen. Hiernach heißt es: ‚Diensteanbieter im Sinne der §§ 8 bis 10a des Telemediengesetzes sind zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung vorhandener Informationen nur nach Vorlage eines dahin gehenden, vollstreckbaren Titels verpflichtet, der gegen den Anbieter der Informationen nach § 7 Absatz 1 des Telemediengesetzes gerichtet ist.

Mit diesem Novellierungsvorschlag hat die FDP handhabbare Alternativen bei der Verfolgung von Rechtsverletzungen, wie z. B. solchen im Urheberrecht, vorgeschlagen.


Hält Ihre Partei die aktuellen Impressumspflichten für ausreichend und sachgerecht? Für welche Änderungen setzen Sie sich ein?

FDP: Die FDP setzt sich für eine sachdienliche Weiterentwicklung der Impressumspflichten ein, bei der unter anderem folgende Angaben durch den Diensteanbieter sicherzustellen sind: Kontaktdaten des Beauftragten für Datenschutz sowie Informationen, welche personenbezogenen Daten wie lange, in welchem Umfang und zu welchen Zwecken erhoben, verarbeitet und genutzt werden. Ein konkreter gesetzlicher Regelungsvorschlag der FDP liegt mit dem Ersten Telemediengesetzänderungsgesetz – 1. TMGÄndG bereits vor (BT-Drs. 16/11173).


Welche Maßnahmen sieht Ihre Partei vor, um Verbraucher wirksam gegen „Abofallen“ zu schützen?

FDP: Die Probleme im Bereich der Internet-Abo-Fallen sind der FDP bekannt und nachvollziehbar. Der mündige und aufgeklärte Verbraucher sollte dabei im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen. Dazu gehört auch, dass die FDP als Rechtsstaatspartei Wert darauf legt, dass bereits bestehende Gesetze, wie z. B. die Preisangabenverordnung auch eingehalten werden. Gerade im Bereich der Internet-Abo-Fallen stellt der Sachverhalt sich oftmals so dar, dass gar kein Vertragsschluss vorliegt. Hierüber müssen die Verbraucher aufgeklärt werden. Um die Stellung der Verbraucher weiter zu verbessern wurde am 23. März 2009 vom Deutschen Bundestag bereits das „Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen“ (BT-Drs. 16/10734) verabschiedet. Danach können Verbraucher zukünftig Verträge über Dienstleistungen, die sie im Internet abgeschlossen haben, widerrufen, wenn keine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht stattgefunden hat.

Diese Möglichkeit erlischt auch nicht, wenn mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen wurde. Ob darüber hinausgehender Handlungsbedarf besteht, wird in der nächsten Wahlperiode zu prüfen sein.


Wie steht Ihre Partei zu der Idee von „Kulturflatrates“?

FDP: Die FDP unterstützt alle Bemühungen, die einer weiteren Stärkung des Urheberrechts im digitalen Kontext und einer Förderung des Respekts vor dem geistigen Eigentum dienen. Die FDP lehnt eine „Kulturflatrate“ deshalb ab.

Eine solches Modell, bei dem durch eine pauschale Abgabe auf Internetanschlüsse sämtliche Vervielfältigungen geschützter Werke aus dem Internet abgegolten sind, führt zu einer faktischen Legalisierung aller heute rechtswidrigen Internetangebote (insb. in sog. „Tauschbörsen“) und damit im Ergebnis zu einer vollständigen Entwertung des Urheberrechts im Onlinebereich. Im Hinblick darauf, dass digitale Kopien im Internet nicht mehr kontrollierbar sind und ohne Qualitätsverlust beliebig weiterverbreitet werden können, käme dies einer Enteignung der Rechteinhaber gleich. Die Entwicklung neuer Vertriebsformen im Internet (z. B. legale Downloadangebote) wäre kaum noch möglich.
Auch und gerade im Internet muss es deshalb bei dem Grundsatz bleiben, dass die Rechteinhaber aufgrund ihrer urheberrechtlichen Befugnisse darüber entscheiden, ob und zu welchen Bedingungen ihre Werke genutzt werden. Eine zustimmungsfreie Nutzung ist nur in den engen Grenzen der sog. Privatkopie zulässig.


In welchen Bereichen des deutschen und europäischen Urheberrechts sieht Ihre Partei konkreten Reformbedarf?

FDP: Das Urheberrecht hat in der modernden Medien- und Informationsgesellschaft eine Schlüsselfunktion. Die FDP fordert deshalb die konsequente Weiterentwicklung des Urheberrechts zur weiteren Verbesserung des urheberrechtlichen Schutzes auf einem hohen Niveau. Eine besondere Herausforderung bleibt die Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen vor allem im Internet, denn die „Internetpiraterie“ bleibt eine existenzielle Bedrohung für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Das Internet darf kein urheberrechtsfreier Raum sein. Die FDP setzt sich deshalb für Lösungen ein, die unter Wahrung des Datenschutzes eine effektive und konsequente Rechtsdurchsetzung gewährleisten. Internetsperren nach französischem Vorbild zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen lehnt die FDP ab.

Die FDP bekennt sich zur kollektiven Wahrnehmung von Urheber- und Leistungsschutzrechten durch Verwertungsgesellschaften mit effizienten und transparenten Strukturen. Vor allem in Bezug auf Online-Nutzungen muss die grenzüberschreitende Lizenzierung durch Verwertungsgesellschaften erleichtert und eine Fragmentierung der Repertoires verhindert werden. Die FDP setzt sich für die Schaffung eines europäischen Wahrnehmungsrechts ein.

Der Bundestag hat der Bundesregierung in der 16. Legislaturperiode zu wichtigen urheberrechtlichen Themen Prüfungsaufträge erteilt (sog. „Dritter Korb“). Die FDP wird sich dafür einsetzen, dass die Ergebnisse dieses Prozesses in der nächsten Legislaturperiode zügig ausgewertet und auf ihren gesetzgeberischen Handlungsbedarf überprüft werden. Der Forderung nach Schaffung eines Leistungsschutzrechts für Verlage steht die FDP aufgeschlossen gegenüber.


Wie möchte Ihre Partei datenschutzrechtlich mit Adresshandel umgehen? Halten Sie zum Beispiel das „Listenprivileg” im Datenschutzrecht für gerechtfertigt?

FDP: Die FDP hat sich frühzeitig für eine Regelung mit Augenmaß ausgesprochen.
Das „Listenprivileg“ stammt aus einer Zeit, als Datenverarbeitung häufig noch händisch erfolgte. Die Digitalisierung der Datenverarbeitung hat zu einer starken Zunahme der Datenmenge und des Datenflusses geführt. Die Datenschutzskandale der letzten Zeit verlangen nach einer Antwort. Es zeichnet sich nunmehr eine Lösung dahin ab, dass die Weitergabe von personenbezogenen Daten zu Werbezwecken grundsätzlich der Zustimmung des Betroffenen bedarf, allerdings Ausnahmen vorgesehen werden sollen, beispielsweise für Markt- und Meinungsforschungsinstitute, für Geschäftskundenwerbung gegenüber beruflich Tätigen oder für Werbung mittels Empfehlungsschreiben. Es bleibt abzuwarten, ob die sich abzeichnende Lösung geeignet ist, die Datenverarbeitung in der Wirtschaft für die Betroffenen transparenter auszugestalten. Die FDP setzt sich dafür ein, die Maßnahmen zur Einschränkung des Listenprivilegs binnen Jahresfrist nach Inkrafttreten zu evaluieren und ggf. fortbestehenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf zu eruieren.


„Soziale Netzwerke”im Internet spielen im täglichen Leben von Kindern und Jugendlichen eine immer größere Rolle. Wie will Ihre Partei in Anbetracht dessen die Medienkompetenz in der Bundesrepublik verbessern?

FDP: Die vielfältigen Möglichkeiten und positiven Effekte der voranschreitenden Entwicklung des Internets und neuer Medienformen und -angebote bringen auch neue Herausforderungen und Chancen mit sich. Kinder und Jugendliche müssen jedoch vor denjenigen Medieninhalten und -angeboten, die sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung beeinträchtigen können, geschützt werden. Dies liegt zuvorderst in der Verantwortung und auch im Interesse der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten. Aber auch der Staat ist in der Pflicht, verlässliche Rahmenbedingungen bereitzustellen.

Es geht aber auch darum, Computer angemessen zu bedienen, sie dem neuen Medium entsprechend einzusetzen und zu nutzen. Dazu gehört neben dem notwendigen technischen Wissen auch die Fähigkeit, mit dem Inhaltsangebot des Internets aktiv und selbstbestimmt umgehen zu können.

Der Stellenwert des Internets und der Umgang damit muss ein Teil der Allgemeinbildung in Deutschland werden. Hierfür muss bereits in der frühkindlichen Bildung das Fundament gelegt (in Kitas / Kindergärten, in den Familien selbst) und in den Schulen ausgebaut und vertieft werden. Ein Schulfach „Medienkunde“ sollte daher in den Curricula verankert werden.


Die Antworten der FDP wurden Telemedicus am 01. Juli 2009 im Namen des Generalsekretärs der FDP, Herrn Dirk Niebel, von Frau Gabriele Kwiatkowski vorgelegt. Unsere Fragen hatten wir zuvor mit Bitte um Beantwortung bzw. entsprechende interne Weiterleitung am 19. Mai 2009 an Herrn Christoph Waitz, medien- und kulturpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, geschickt.

Telemedicus hat die Antworten redaktionell nicht bearbeitet.

Zur Übersicht „Wahlcheck 2009”.

, Telemedicus v. 21.07.2009, https://tlmd.in/a/1399

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