Telemedicus hat den im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien mehrere Fragen zu ihren medienpolitischen Grundsatzpositionen gestellt. In dieser Woche veröffentlichen wir nun täglich fortlaufend die Antworten der Parteien. Heute stellen wir die Positionen von DIE LINKE vor.
DIE LINKE: Nein, DIE LINKE ist strikt gegen Internetsperren. Insbesondere besteht die Gefahr, dass durch das aktuell verabschiedete Zugangserschwernisgesetz die Büchse der Pandora geöffnet und eine flexible Zensurinfrastruktur geschaffen wurde. DIE LINKE ist auch gegen jegliche weiteren Internetsperren wie z.B. aufgrund von Urheberrechtsverletzung oder bei der Nutzung und Verbreitung von „gewalthaltigen“ Computerspielen.
Mittlerweile wird auch in der Medienberichterstattung verstärkt wahrgenommen, dass die beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung von Kinderpornografie im Internet nichts weiter sind als symbolische Politik: Vor die Bilder misshandelter Kinder wird lediglich eine Art Vorhang gezogen, der selbst von weniger versierten Nutzern jederzeit beiseite geschoben werden kann. […]*
Wir sind der Meinung, dass die Bekämpfung von Kinderpornografie und sexueller Gewalt im Internet ein zu wichtiges Thema ist, um es populistisch und sachfremd zu betreiben. Den Opfern ist nicht geholfen, wenn die Inhalte nur verdeckt, nicht aber entfernt werden. Dazu gibt es durchaus ganz konkrete Maßnahmen, die es national und international zu entfalten gilt. Nur ein Beispiel: Sogenannte Phishing-Websites, mit denen die Kontodaten von Bankkunden ausgespäht werden, verbleiben im Schnitt ganze 4,8 Stunden im Web, Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten hingegen 30 Tage. Der Grund ist, dass die Banken ein Eigeninteresse an der Beseitigung solch illegaler Angebote haben und dementsprechend international vernetzt ermitteln und löschen lassen. Die Bundesregierung hat sich dafür bisher nicht interessiert. (Siehe unseren Entschließungsantrag)
DIE LINKE: Für DIE LINKE ist es wichtig, dass im Telemediengesetz (TMG) präventive Überprüfungs- und Überwachungspflichten der Anbieter von Telemediendiensten eindeutig ausgeschlossen sind, sowie gleichzeitig mit Klarstellungen dafür gesorgt wird, dass eine solche Regelung auch wirklich in der Praxis der Rechtsprechung Anwendung findet. Es ist Betreibern von Telemediendiensten nicht zuzumuten, ständig alle Beiträge von Dritten auf mögliche Rechtsverletzungen hin zu überprüfen. Es muss bei dem Grundsatz bleiben, dass die Anbieter erst ab Kenntnisnahme und Abwägung der widerstreitenden Interessen entsprechende Beiträge aus dem Angebot nehmen.
Da der Gesetzgeber die Haftungsregeln aus dem vormaligen Teledienstegesetz (TDG) und dem Mediendienstestaatsvertrag (MDStV) identisch übernommen hat, wurde es versäumt, eine Antwort auf die drängenden aktuellen Probleme im Rahmen der Störerhaftung im Internet zu finden. Mangels eindeutiger rechtlicher Vorschriften entscheiden höchste und gleichrangige Gerichte nach wie vor uneinheitlich. Dies hat zu einer starken Verunsicherung bei Anbietern von Telemediendiensten und bei Verbraucherinnen und Verbrauchern geführt. Hier ist dringend eine moderne und klare gesetzliche Regelung notwendig.
Auch sollen für Betreiber von Suchmaschinen proaktive Überwachungspflichten eindeutig ausgeschlossen werden. Zudem muss hinsichtlich der Haftung von Nutzern eine eindeutige Regelung verankert werden, die klarstellt, wer wann und unter welchen Voraussetzungen für was haftet.
Ferner sollte die Haftungsprivilegierung des TMG im Sinne der Internetwirtschaft eindeutig auch auf den Unterlassungsanspruch ausgeweitet werden. Des Weiteren sollte eine eindeutige Regelung zur Frage der Haftung beim Setzen von Hyperlinks verankert werden.
DIE LINKE: Nein, vielmehr muss eine eindeutige Regelung in der Frage gefunden werden, ob gemäß Impressumspflicht zu den „Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation (…) ermöglichen“ (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG) auch die Angabe einer Telefon- und/oder Faxnummer gehört oder nicht. Hier benötigen die Seitenanbieter dringend Rechtssicherheit.
DIE LINKE: Die Möglichkeit, einseitige Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ohne ausdrückliche schriftliche Bestätigung des Vertragnehmers oder der Vertragsnehmerin vorzunehmen, lehnen wir ab. Insbesondere muss vor dem Hintergrund eines massenhaften Missbrauchs und dem Einsatz von Abo-Fallen gewährleistet werden, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher eine wirksame Rechtsschutzmöglichkeit gegen solche Machenschaften haben. DIE LINKE setzt sich sowohl für bessere rechtliche Regelungen als auch für mehr Aufklärung in dieser Frage ein.
DIE LINKE: DIE LINKE prüft zurzeit die verschiedenen, diskutierten Modelle einer Kulturflatrate. Auf den ersten Blick hat das Konzept Kulturflatrate große Vorteile hinsichtlich einer angemessenen Vergütung der Kreativschaffenden und einer Entkriminalisierung der Nutzerinnen und Nutzer insbesondere von Tauschbörsen. Allerdings muss hier sehr genau geprüft werden, wie eine Umsetzung aussehen kann. Eine deutsche Regelung alleine genügt nicht. Zudem ist zu klären, wer die bürokratische Verwaltung und die analytische Begleitung und Abrechnung der verschiedenen Bezahlmodelle in der Praxis durchführen kann. Bislang ungeklärt sind auch die Fragen nach der Höhe einer Kulturflatrate sowie die Vergütungsquoten-Problematik.
DIE LINKE: Bei der Anpassung des Urheberrechts steht die Frage, wie einerseits der Schutz des sogenannten „geistigen Eigentums“ und andererseits der freie Zugang zu Bildung, Wissen und Kultur besser gewährleistet werden kann. Das Urheberrecht darf nicht zum „Industrierecht“ verkommen, sondern muss die Interessen der Kreativen in den Mittelpunkt stellen.
In Deutschland ist die private Vervielfältigung zwar erlaubt, kann aber derzeit nicht umfassend gegen technische Schutzmaßnahmen durchgesetzt werden. Im digitalen Umfeld begehen private Endnutzerinnen und -nutzer oft unbewusst Urheberrechtsverletzungen. Diese Grenzüberschreitungen auch dann zu kriminalisieren, wenn sie sich im Bagatellbereich bewegen, ist der Akzeptanz des Urheberrechts abträglich.
Auch in der Frage des Schutzes von Urheber- und Leistungsschutzrechten aus geistiger Produktion steht für uns die soziale Absicherung der kreativ Tätigen im Mittelpunkt unserer Politik. Diese geht einer individuellen kreativen Leistung voraus und muss mit den außerordentlichen Möglichkeiten und Chancen digitaler Wissens- und Kulturverbreitung in Einklang gebracht werden. Das Internet bietet Chancen, neue Geschäftsmodelle im Sinne der Nutzer wie auch der Kreativen zu entwickeln. Sie gilt es zu fördern.
Zugleich halten wir es für dringend notwendig, über neue Lösungsansätze zu diskutieren, die einen transparenten und freien Zugang zu Informationen und allen Kulturgütern ermöglichen und den Urheberinnen und Urhebern eine angemessene Vergütung gewährleisten. Das gesellschaftlich bereits diskutierte Konzept der Kulturflatrate ist eine der Möglichkeiten.
DIE LINKE: In der digitalen Welt werden sensible Informationen über Nutzungsgewohnheiten und Konsumpräferenzen erhoben und ökonomisch verwertet. Damit ist die Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer verletzt. Das lehnt DIE LINKE ab. Wir begrüßen das vom Bundesverfassungsgericht konstatierte „Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“, halten zugleich dessen Ausweitung auf den Zugriff von Informationen für erforderlich.
Zur Sicherstellung der Presse- und Rundfunkfreiheit ist die redaktionelle Tätigkeit von Presse und Rundfunk zu Recht weitgehend von den Bestimmungen des allgemeinen Datenschutzrechts ausgenommen. Dieses Medienprivileg gilt allerdings nur für die redaktionelle Arbeit. Es gilt nicht für die Erhebung von Daten zu Verwaltungszwecken und unternehmerischer Tätigkeit.
DIE LINKE setzt sich für die Streichung des sogenannten Listenprivilegs ein, nach dem personenbezogene Daten ohne Einwilligung der Betroffenen für Werbezwecke oder Marktforschung genutzt werden können. Modernisierung des Datenschutzes heißt für uns vor allem Datensparsamkeit und Verwendung von Daten nur zu dem Zweck, der den Verbraucherinnen und Verbrauchern bekannt gemacht wird, dem sie zustimmen, den sie aber auch ohne Sanktionen ablehnen können.
*) Dieser Absatz wurde gekürzt, darüber hinaus hat keine redaktionelle Bearbeitung stattgefunden.