Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat gestern zwei Anträgen der europäischen Niederlassung von Facebook auf vorläufigen Rechtsschutz gegen Anordnungen des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) Schleswig-Holstein stattgegeben. Damit stellte das Gericht die aufschiebende Wirkung der Widersprüche gegen die Verfügungen wieder her. Facebook kommt mit der Pflicht zum Klarnamen also fürs Erste scheinbar durch.
Anlass für die Entscheidung des Gerichts ist die von Facebook angestrebte Klarnamenpflicht: Nutzer des Netzwerks sollen bei der Registrierung auch tatsächlich ihren echten Namen angeben und nicht irgendeinen erfundenen. Wer dies nicht so tat, musste damit rechnen, dass sein Konto gesperrt wurde. Eine Freigabe sollte dann nur erfolgen, wenn sich der Nutzer mit einem amtlichen Lichtbildausweis identifiziert.
Das ULD ging hiergegen vor und erließ zwei Verfügungen: Erstens sollte Facebook seinen Nutzern die grundsätzliche Wahlmöglichkeit darüber überlassen, bei der Registrierung auch Pseudonyme nutzen zu können. Zweitens sollte das Unternehmen alle bereits gesperrten Nutzerkonten wieder freigeben. Gleichzeitig ordnete die Behörde die sofortige Vollziehung an und drohte ein Zwangsgeld an.
Facebook legte gegen diese Bescheide Widerspruch ein und begehrte gleichzeitig vor dem VG die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Das VG entsprach diesem Antrag. Nach Ansicht des VG Schleswig lassen sich die Verfügungen des ULD nicht auf deutsches Datenschutzrecht stützen, da Facebook keine Niederlassung in Deutschland habe sondern in Irland. Damit sei aber irisches Datenschutzrecht anwendbar.
Die Beschlüsse ergingen zwar nur im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes. Dieser ist wie der Name schon sagt nur vorläufig und nicht endgültig – die beiden Bescheide sind damit noch nicht direkt angegriffen. Das ULD kann aber wegen der jetzt bestehenden aufschiebenden Wirkung zunächst keine Zwangsmaßnahmen ergreifen, um die Verfügungen durchzusetzen. Allerdings prüft das Gericht in diesem Verfahren auch grob, ob der zugrunde liegende Verwaltungsakt rechtmäßig ist. Die Erfolgsaussichten des Verfahrens richten sich also danach, ob das mögliche Hauptsacheverfahren erfolgreich sein wird. Nach Ansicht des VG Schleswig ist deutsches Datenschutzrecht nicht anwendbar – damit seien die Bescheide rechtswidrig. Wenn Facebook die Bescheide mittels Anfechtungsklage also direkt angreift, stehen die Chancen nicht schlecht.
Dementsprechend kommentiert auch der Leiter des ULD, Thilo Weichert, die Beschlüsse:
„Die Beschlüsse des VG Schleswig hätten zur Folge, dass eine One-Stop-Shop-Regelung, wie sie in einer europäischen Datenschutz-Grundverordnung – kombiniert mit einem ausgeklügelten Kooperationssystem der Aufsichtsbehörden – geplant ist, für die IT-Unternehmen gar nicht nötig wäre. Es käme nur darauf an, die Konzernstruktur so zu gestalten, wie es Facebook tut, also eine Niederlassung in einem EU-Staat mit niedrigem Datenschutzniveau für zuständig zu erklären. Dies war nicht die Regelungsabsicht der Europäischen Union.”
Telemedicus im Dezember zu den Anordnungen des ULD.
Zur Pressemitteilung des ULD.
Zur Pressemeldung des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts.