Das Hamburger TK-Unternehmen „HanseNet” muss vorerst keine Verkehrsdaten speichern
Mit einem Beschluss vom 20. Mai 2009 (Az.: 21 L 234/09) hat das Verwaltungsgericht Köln den Hamburger Telekommunikationsanbieter HanseNet vorerst von den Verpflichtungen zur Vorratsdatenspeicherung befreit. Das Gericht hat dazu die Vollziehung einer Verfügung der Bundesnetzagentur (BNetzA) vorerst ausgesetzt. Denn nach Ansicht der Hamburger Richter ist die Verfügung nicht ermessensfehlerfrei ergangen. Über die Frage der Rechtmäßigkeit der Vorratsdatenspeicherung hat das Gericht jedoch nicht entschieden.
HanseNet hat auschiebende Wirkung erstritten
Die BNetzA hatte gegen HanseNet im Januar 2009 eine Verfügung zur Vorratsdatenspeicherung erlassen. Darin war das Unternehmen verpflichtet worden, sämtliche anfallenden Verkehrsdaten sechs Monate lang zu speichern. HanseNet hatte daraufhin Widerspruch gegen diese Verfügung bei der Behörde eingelegt. Doch aufgrund einer Besonderheit des deutschen Telekommunikationsrechts entfaltet ein Widerspruch gegen Entscheidungen der BNetzA keine aufschiebende Wirkung. Im Verwaltungsrecht ist es sonst üblich, dass durch einen Widerspruch der angegriffene Verwaltungsakt nicht vollzogen werden kann, bis über den Widerspruch entschieden ist. Gemäß § 137 Abs. 1 Var. 1 TKG gilt dieser verwaltungsrechtliche Grundsatz allerdings nicht bei Widerspruchsverfahren gegenüber der BNetzA. Daher hat das Hamburger Telekommunikationsunternehmen die aufschiebende Wirkung auf gerichtlichem Wege vor dem VG Köln beantragt.
Bundesnetzagentur hat Ermessensentscheidung nicht begründet
Diesem Antrag auf aufschiebende Wirkung hat das VG Köln nun stattgegeben. Nach Ansicht der Richter ist die Entscheidung der BNetzA über die Anordnung der Vorratsdatenspeicherung nämlich nicht ermessensfehlerfrei ergangen. Die Behörde habe es versäumt, das ihr in diesem Fall zustehende Ermessen überhaupt auszuüben. Der Ermessensspielraum der Behörde ergebe sich aus dem Umstand, dass sich die Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung nicht bereits direkt aus dem Gesetz ergebe, so die Richter weiter. Daher hätte die Behörde begründen müssen, weshalb sie eine ausdrückliche Anordnung für erforderlich hält.
Weiter führt das Gericht in einer Pressemitteilung aus:
„Zudem hätte es sich aufgedrängt, sich vor einer Anordnung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur nicht abschließend geklärten Verfassungsmäßigkeit der Vorratsdatenspeicherung auseinanderzusetzen. Schließlich enthalte der Bescheid auch keine Ermessenserwägungen zu eventuell durch die Anordnung verursachten Wettbewerbsverzerrungen. Diese könnten sich daraus ergeben, dass konkurrierende Telekommunikationsunternehmen aufgrund von Eilentscheidungen des Verwaltungsgerichts Berlin vorläufig nicht zur Vorratsdatenspeicherung gezwungen werden können.”
Keine verfassungsrechtliche Beurteilung durch das VG Köln
Das VG Köln hat die Vollziehung der Anordnung zur Vorratsdatenspeicherung aus rein formellen Gründen zunächst ausgesetzt. Dabei hat es sich ausdrücklich nicht zur Rechtmäßigkeit der Vorratsdatenspeicherung geäußert. Diese Frage liegt derzeit zur Entscheidung beim Bundesverfassungsgericht.
Insofern ist die aktuelle Entscheidung aus Köln auch anders einzuordnen als die bekannten Aussetzungsentscheidungen des VG Berlin. Die Berliner Richter hatten mehrfach Telekommunikationsanbieter von den Verpflichtungen zur Vorratsatenspeicherung befreit. Allerdings aus anderen Gründen: Sie hatten jeweils Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorratsdatenspeicherung, weil es ihrer Ansicht nach keine hinreichenden Entschädigungsregelungen für die hohen Kosten der Vorratsdatenspeicherung bei den TK-Anbietern gibt.
Neue Entscheidung der Bundesnetzagentur ist zu erwarten
Die BNetzA ist durch die vorliegende Gerichtsentscheidung aus Köln jedoch nicht dazu angehalten, in der Sache zukünftig anders zu entscheiden. Vielmehr muss sie lediglich in ihren Entscheidungen zukünftig ihre Ermessensausübung hinreichend begründen. Insofern kann es also sein, dass HanseNet in einer neuen Enstscheidung der BNetzA wieder die Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung auferlegt wird. Diesmal dann aber mit einer entsprechenden Entscheidungsbegründung.
Gegen den Beschluss des VG Köln kann Beschwerde zum OVG Münster eingelegt werden. Telemedicus liegt die Entscheidung noch nicht im Volltext vor.