Nicht alles, was man im Internet „findet,“ darf man auch so ohne weiteres für eigene Zwecke weiterverwenden – das ist mittlerweile sogar juristischen Laien bekannt. Nur weil jemand Inhalte online zugänglich macht, heißt das noch lange nicht, dass er auf seine Rechte an Bildern, Songs oder Texten vollständig verzichtet. Damit steigt jedoch auch die Unsicherheit, denn: Was ist denn nun erlaubt? Welche Inhalte darf ich auf meinem Blog posten? Und wann begeht man eine Urheberrechtsverletzung? Diese Fragen sollen in dem nachfolgenden Artikel beantwortet werden.
Grundsätzlich gilt: Vorsicht bei allen fremden Inhalten! Egal ob Photo, Lied oder Gedicht – alles kann urheberrechtlich geschützt sein. Damit ein urheberrechtlicher Schutz entsteht, muss zwar stets eine gewisse „Schöpfungshöhe“ vorliegen (d.h. ein bestimmtes Maß an Originalität); allerdings sind z.B. alle Arten von Photographien und Filme über die Spezialnormen §§ 72 und 95 UrhG geschützt. Auch Texte verfügen in aller Regel über die geforderte Eigenart. Einmal unter dem schützenden Schirm des Urheberrechts, darf ein Werk ausschließlich vom Schöpfer (egal in welcher Form) genutzt werden. Nur er besitzt das Recht, seine Schöpfung zu verwerten.
Wann verletzt man das Recht des Urhebers?
Weil sich das (deutsche) Urheberrecht aus einer persönlichkeitsrechtlichen und einer verwertungsrechtlichen Komponente zusammensetzt, gibt es auch zwei Arten von Verletzungshandlungen: Solche, die in das sog. Urheberpersönlichkeitsrecht (UPR) eingreifen, und solche, die die finanzielle Auswertung des Werkes beeinträchtigen. Das UPR umfasst v.a. das Recht zur Erstveröffentlichung (§ 12 UrhG), das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft (§ 13 UrhG) und das Recht gegen Entstellung (§ 14 UrhG). Das heißt, dass auch im Internet nichts ohne die Zustimmung des Urhebers zum ersten Mal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden darf. Darüber hinaus hat er gemäß § 13 UrhG das Recht
auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk. Er kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist.
Je nach Einzelfall kann das also auch bedeuten, dass der Urheber anonym bleiben möchte. In der Regel wird er aber auf eine Namensnennung bestehen – wer es unterlässt, begeht eine Urheberrechtsverletzung. Besondere Vorsicht ist hier auch bei freien Lizenzen, wie der Creative Commons geboten: Auch wenn ein Urheber sein Werk unter eine freie Lizenz stellt, muss stets der Name (oder ggf. Nickname) des Autors angegeben werden.
§ 14 UrhG schützt das Interesse das Urhebers an der Unversehrtheit seines Werkes:
Der Urheber hat das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden.
Eine Entstellung wird dann angenommen, wenn die Wesenszüge des Werkes verfälscht oder verzerrt werden. In der bloßen Digitalisierung an sich ist laut Rechtsprechung noch keine entstellende Wirkung zu sehen. Dazu kann es aber kommen, wenn beispielsweise bei Photographien die Qualität derart verschlechtert wird, dass die künstlerische Eigenart verloren geht. Auch die bloße ausschnittsweise Wiedergabe kann entstellend wirken, wenn die Grundaussage dadurch verfälscht wird. Eine weiterer Fall ist der, dass Bilder in einem neuen Zusammenhang neben einem oder mehreren anderen Werken gezeigt werden. Wirkt dieser Zusammenhang diskreditierend und beeinträchtigt er die Wirkung des geschützten Werkes, liegt eine Verletzung des UPR vor.
Eingriff in die Verwertungsrechte
Die zweite Gruppe möglicher Verletzungshandlungen betreffen die Verwertungsrechte an dem urheberrechtlich geschützten Werk. Im Gegensatz zum UPR kann ihre Nutzung Dritten gestattet werden. Damit kommt in diesen Fällen nicht nur der Urheber sondern auch der jeweilige Rechteinhaber als Opfer von Urheberrechtsverletzungen in Frage. Die einzelnen Verwertungsrechte sind exemplarisch in § 15 UrhG aufgezählt. Sie werden nach körperlichen und unkörperlichen Rechten unterschieden. Zu den ersteren zählen zum Beispiel die Vervielfältigung (§ 16 UrhG) und Verbreitung (§ 17 UrhG). Nach gefestigter Rechtsprechung ist das Setzen eines Links keine Vervielfältigung; außerdem stellen lediglich Speichervorgänge, nicht aber bloße Bildschirmanzeigen Vervielfältigungen dar. Der Verbreitung unterfallen nur körperliche Gegenstände. Deshalb sind im Internet v.a. die unkörperlichen Verwertungsrechte relevant: Insbesondere der § 19a UrhG, das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, ist hier von Bedeutung:
Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.
Diese Norm wurde erst 2003 im Rahmen der großen Urheberrechtsnovelle eingeführt. Bisher ließ sich der Online-Bereich nur schwer unter ein anderes Verwertungsrecht fassen; nun ist jedes Download- oder On-Demand-Angebot ausdrücklich dem Urheber eines Werkes vorbehalten. Dabei genügt schon das bloße Bereithalten auf einer Webseite – zu einem tatsächlichen Herunterladen durch Dritte muss es gar nicht kommen. Ein wichtiger Fall des § 19a UrhG ist das sog. Framing: Werden fremde Inhalte so in eine Homepage eingebunden, dass ihre „Fremdheit“ nicht mehr erkennbar ist, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor.
Die letzten relevanten Urteile im Urheberrecht betreffen v.a. das Bearbeitungsrecht des Urhebers in den §§ 23, 24 UrhG. Danach ist auch eine Umgestaltung von der Einwilligung des Urhebers abhängig; Ausnahmen bilden die Fälle, in denen eine sog. freie Benutzung vorliegt: Entsteht durch die Bearbeitung ein neues Werk mit ganz eigenen Wesenzügen, hinter denen die Charakteristika des alten Werkes zurücktreten, darf dieses auch ohne die Einwilligung des Originalurhebers verwertet werden.
In der Rechtsprechung wurde zum Beispiel den Zusammenfassungen von Buchrezensionen bei Perlentaucher eine solche Eigenständigkeit zugesprochen: Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die äußerst knappen Abstracts eine eigene schöpferische Leistung darstellen, weil hier eine Auswahl der wichtigen Passagen, eine starke Raffung des Inhaltes und häufig eine Umstellung des Gedankenganges vorgenommen werde. Hingegen wurde die Freiheit der Benutzung von der Rechtsprechung verneint, als es um Thumbnails bei der Darstellung von Suchmaschinen-Trefferlisten ging. Hier reichten die bloße verkleinerte Darstellung und die Reduzierung der Pixelanzahl nicht für das Vorliegen einer unabhängigen Neuschöpfung aus.
Ausnahmen: Lizenzen und Schranken
Eine Verletzungshandlung ist nicht zwangsläufig rechtswidrig: Wenn zum Beispiel eine Lizenz, also ein Nutzungsrecht, eingeräumt wurde, liegt eine Erlaubnis für den Eingriff in die Urheberrechte vor. Das gilt jedoch nur für den Fall der Verwertungsrechte – über das UPR kann der Urheber nicht verfügen. Daraus ergibt sich zum Beispiel, dass das Namensnennungsrecht auch bei der lizenzierten Werknutzung in der Regel erhalten bleibt. Eine zweite Möglichkeit, Werke legal zu nutzen, sind gesetzliche Schrankenbestimmungen. Zu den wichtigsten Schranken für Online-Tätigkeiten zählt die Erlaubnis in § 44a UrhG, rein technisch bedingte und bloß vorübergehende Vervielfältigungshandlungen vorzunehmen (wie zum Beispiel das „Caching“):
Zulässig sind vorübergehende Vervielfältigungshandlungen, die flüchtig oder begleitend sind und einen integralen und wesentlichen Teil eines technischen Verfahrens darstellen und deren alleiniger Zweck es ist,
1. eine Übertragung in einem Netz zwischen Dritten durch einen Vermittler oder
2. eine rechtmäßige Nutzung
eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands zu ermöglichen, und die keine
eigenständige wirtschaftliche Bedeutung haben.
Im Rahmen von Berichterstattungen sind außerdem das Recht bezüglich öffentlicher Reden (§ 48 UrhG), die Regelung für Tagesereignisse (§ 50 UrhG) und das Zitatrecht (§ 51 UrhG) von Bedeutung. Letzteres erlaubt die Wiedergabe von Werkteilen innerhalb eines selbständigen neuen Sprachwerkes in einem dem Zitatzweck gebotenen Umfang. In Abs. 3 werden auch Musikzitate erlaubt. Bei der Veröffentlichung von Photos im Internet, auf denen Kunstwerke zu sehen sind, hilft die Panoramafreiheit in § 59 UrhG weiter: Bleibende Werke an öffentlichen Plätzen dürfen abgebildet und verbreitet werden.
Doch selbst wenn eine solche Schranke einschlägig ist, gelten noch gewisse Bestimmungen: § 62 UrhG normiert auch in diesen Fällen ein Änderungsverbot – das bedeutet, dass ein Werk stets nur in der Original-Fassung im Rahmen einer Schrankenbestimmung verwendet werden darf. Abwandlungen, Retuschierungen oder Bearbeitungen sind dann nicht zulässig. Außerdem besteht weiterhin eine Pflicht zur Quellenangabe (§ 63 UrhG); der Urheber muss auch in diesen Fällen genannt werden. Nur wenn keine Lizenz vorliegt und keine Schranke einschlägig ist, entstehen dem Verletzten die zivilrechtlichen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche (§ 97 UrhG). Manche Urheberrechtsverletzungen ziehen sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich (§§ 106 ff.), wie etwa das unzulässige Anbringen einer Urheberbezeichnung.