Das Bundesverfassungsgericht hat am Freitag eine Beschwerde des Heise-Verlages wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen. In seinem Beschluss äußerte sich das Gericht auch zur Streitfrage.
Der Heise-Verlag hat daraufhin bereits einen Antrag beim Landgericht München eingereicht, um nach dem bisher geführten Eilverfahren nun ein Hauptsacheverfahren zu eröffnen. Der Streit dauert also an.
In dem Rechtsstreit geht es um einen Artikel von Heise Online, in dem über die Kopiersoftware des Softwareherstellers „Slysoft“ berichtet wurde. Der Artikel äußerte Zweifel bezüglich der Rechtmäßigkeit der Kopiersoftware, setzte jedoch trotzdem einen Link auf die Seite von Slysoft und seine Software „AnyDVD“: Ein Programm, dass der Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen auf DVDs dient.
Programme, die DRM umgehen können, sind gem. § 95a Absatz 3 UrhG ausdrücklich verboten. Sich darauf stützend, hatten acht Hersteller von kopiergeschützten Datenträgern auf Unterlassung geklagt. Vorwurf: das versteckte Werben für eine Umgehung technischer Schutzmaßnahmen. Demgegenüber beruft sich der Heise-Verlag auf seine Pressefreiheit.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen, weil der „Grundsatz der materiellen Subsidiarität“ nicht beachtet worden sei. Dieser Grundsatz verlangt, dass alle rechtlichen Schutzmittel ausgereizt werden, bevor Verfassungsbeschwerde erhoben wird. Weil das bisherige Verfahren jedoch nur als Eilverfahren geführt wurde, war die Verfassungsbeschwerde nicht zulässig: Der Heise-Verlag muss zuerst das Hauptsacheverfahren durchführen.
Obwohl es die Verfassungsbeschwerde aus formellen Gründen zurückwies, äußert sich das Bundesverfassungsgericht auch zur Sache:
Möglicher Gegenstand weiterer fachgerichtlicher Prüfung kann auch die Fragestellung sein, in welchem Umfang die Verantwortlichkeit der Presse für in eine redaktionelle Berichterstattung eingebundene Hyperlinks nach den Grundsätzen der presserechtlichen Verbreiterverantwortlichkeit beurteilt werden muss. Verfassungsrechtlich lässt es sich nicht beanstanden, wenn nach diesen Grundsätzen bei überwiegendem Informationsinteresse auch über eine unzweifelhaft rechtswidrige Äußerung eines Dritten berichtet werden darf, sofern sich der Verbreiter die berichtete Äußerung nicht zu eigen gemacht hat. Nach diesen Grundsätzen kann auch die Verantwortlichkeit des Betreibers für den Inhalt meinungsbildender Internetforen zu beurteilen sein.
(Hervorhebung nicht im Original)
Außerdem wies das Gericht darauf hin, dass die Reichweite der urheberrechtlichen Störereigenschaft noch nicht eindeutig geklärt sei und forderte eine Betrachtung des § 95 a UrhG nach gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen – schließlich ist die Norm Umsetzung einer EU-Richtlinie.
Die bisher mit dem Fall befassten Gerichte hatten die Linksetzung noch als nicht von der Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt angesehen: Ein Link sei lediglich eine Serviceleistung am Nutzer. Heise sei daher, gleich einem Störer, für die rechtswidrigen Inhalte der verlinkten Seite mitverantwortlich.
Der Heise-Verlag hat angekündigt, nun eine Klärung im Hauptsacheverfahren zu suchen. Der Streit wird somit neu aufgerollt und landet wieder beim Landgericht München. Auch im Namen seiner journalistischen Kollegen äußerte sich Christian Persson, der Chefredakteur von „Heise Online“:
Die mit der Münchener Entscheidung festgeschriebene Haftung für Hyperlinks behindert die Berichterstattung Tag für Tag. Wir hatten deshalb auf eine schnelle verfassungsrechtliche Klärung gehofft. Nun müssen wir leider den längeren Weg gehen, denn diese Einschränkung der Pressefreiheit kann nicht hingenommen werden.
Man darf gespannt sein, wie das Landgericht nun – als gleiches Gericht, in der gleichen Angelegenheit, mit den gleichen Beteiligten – entscheiden wird.
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
"Heise versus Musikindustrie" wird neu aufgerollt (Heise).