Der Streit um die Online-Durchsuchungen von Festplatten geht weiter:
Zwar hatte der Bundesgerichtshof (BGH) jüngst das heimliche Ausspähen von Festplatten über das Internet wegen fehlender Rechtsgrundlage untersagt. In Nordrhein-Westfalen hatte der Landtag aber bereits im vergangenen Dezember dem Verfassungsschutz per Gesetzesänderung das heimliche Online-Durchsuchen von Computern ermöglicht. Zulässig ist nach dem geänderten Gesetz gem. § 2 Nr. 11 insbesondere:
Heimliches Beobachten und sonstiges Aufklären des Internets, wie insbesondere die verdeckte Teilnahme an seinen Kommunikationseinrichtungen bzw. die Suche nach ihnen, sowie der heimliche Zugriff auf informationstechnische Systeme auch mit Einsatz technischer Mittel.
Nur einen Tag nach der Verabschiedung des Gesetzes wurde von der Telepolis-Autorin Bettina Winsemann alias Twister eine Verfassungsbeschwerde angekündigt. Der Inhalt dieser (mittlerweile bereits eingereichten) Verfassungsbeschwerde ist nun im Volltext auf Telepolis zu finden:
Das Gesetz verstoße u.a. gegen den Grundsatz der Normenklarheit, beachte nicht den verfassungsmäßig unverzichtbaren Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung und gehe über die gesetzlichen Aufgaben des Verfassungsschutzes hinaus. Außerdem genüge die Regelung nicht den Schranken des Wohnungsgrundrechts, Art. 13 GG.
Schwieriges Terrain
Die Abwägung ist in der Tat schwierig: Einerseits hat jeder Bürger das Recht auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung, auf der anderen Seite liegt es im Interesse der Strafverfolgungsbehörden (und natürlich auch der Bürger) den allgegenwärtigen Gefahren des internationalen Terrorismus wirksam entgegenzutreten. Die Fronten sind dementsprechend verhärtet.
Im Gespräch mit Heise Online erklärte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar:
Ich zweifle generell an der Möglichkeit, dass die Online-Durchsuchungen verfassungsgerecht durchzuführen sind!
Niemand habe ihm bisher plausibel machen können, wie dabei Eingriffe in den absolut geschützten Kernbereich der privaten Lebensgestaltung ausgeschlossen werden können.
EU-Justizkommissar Franco Frattini sicherte derweil, so Heise-Online im selben Artikel, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), einem Verfechter der Online-Durchsuchungen, via Schweriner Volkszeitung seine vollste Unterstützung für dessen Pläne zu. Zwar müssten dabei die Belange des Datenschutzes berücksichtigt werden:
Aber wir dürfen auch nicht vergessen: Es geht um die Sicherheit der Menschen in Europa. Deshalb müssen wir verhindern, dass Terroristen das Internet für ihre Zwecke missbrauchen.
Es bleibt abzuwarten, ob die Quadratur des Kreises gelingen kann.