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USA: Wem „gehören“ Facebook Likes?

Wem gehören Likes bei Facebook? Diese Frage beschäftigte vor kurzem ein Bundesbezirksgericht in Florida (USA). Im ersten Moment hört sich die Frage skurril an. Aber zum ersten Mal ist damit über den rechtlichen Zuweisungsgehalt von Facebook „Gefällt mir“-Angaben bzw. Facebook-Fans auf Facebook-Fanpages entschieden worden. Es geht im Kern um die Frage, inwiefern Fans oder Follower auf Social Media-Plattformen Rechtssubjekten rechtlich und wirtschaftlich zuordbar sind und wie diese ggf. ökonomisch zu bemessen sind.

Hintergrund des Rechtstreits

Im Jahre 2008 hatte die Klägerin Stacey Mattocks privat eine Facebook Fanpage zur U.S. Fernsehserie „The Game“ des Senders BET erstellt. Nachdem die Sendung abgesetzt worden war, betrieb Mattocks die Seite dennoch weiter und hatte schon bald zwei Millionen Fans für ihre Seite gewonnen.

Wahrscheinlich auch deswegen bot der Sender der Klägerin im Jahre 2010 eine Zusammenarbeit an, als ein Comeback der Serie geplant war. Die Klägerin war von nun auch als Teilzeitkraft bei dem Sender beschäftigt und betrieb offiziell Promotion für die TV-Serie. Im Gegenzug erhielt der Sender administrativen Zugang zu der Fanpage und nutze fleißig die Plattform. Während dieser Zusammenarbeit wurden weitere vier Millionen Fans eingefahren.

Dann kam es zum Zerwürfnis zwischen den beiden Parteien. Mattocks verwehrte daraufhin den Zugang zu der Fanpage. BET setzte wiederum gegenüber Facebook durch, dass die über sechs Millionen Fans auf die neu erstellte – nunmehr konzerneigene – Fanpage migriert wurden. Auch der entsprechende Twitter-Account wurde gesperrt. Als Druckmittel und zur Durchsetzung machte der Sender Urheberechtsverletzungen geltend, denn die Nutzungsrechte hatte er nunmehr gegenüber Mattocks widerrufen. Die Klägerin hatte auf der Seite (immer noch) Content der TV-Serie benutzt, an denen BET die Rechte hat.

Dieses rigorose Vorgehen des Fernsehsenders wollte Mattocks nicht hinnehmen. Schließlich hatte sie ihrer Ansicht nach wesentlich zum Erfolg der Serie beigetragen und zumindest selbst zwei Millionen Facebook-Fans „generiert“. Zudem verlor die Klägerin neben den Fans auch Werbeeinnahmen, die sie aus dem Betrieb der Fanseite erlangte.

Wem „gehören” als nun die Likes?

Entscheidung

Im Urteil des abgekürzten Verfahren, sog. Summary Judgement, sah der erkennende Richter James Cohn unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch der Klägerin als gegeben an. Auch hatte der Beklagte keinerlei Rechte Mattocks verletzt. Weder wegen Vertragsbruchs hinsichtlich des ursprünglich im Rahmen der Zusammenarbeit geschlossenen Vertrags, noch aus unerlaubter Einflussnahme (von BET gegenüber Facebook und Twitter) sei BET haftbar. Ferner seien auch nach Treu und Glauben und Conversion (deliktischer Anspruch wegen Eigentumsentzug) für die Klägerin keine Ausgleichsansprüche für den Verlust der Fans und Follower zu erkennen, so der Richter.

Im Wesentlichen lehnte das Gericht die Idee ab, dass jemand die „Zustimmung“ eines Dritten besitzen oder Rechte an diesem Zuspruch geltend machen könne. Es gibt daher kein eigentumsähnliches Recht an „Likes“. Das Argument: Zu jeder Zeit kann der User der entsprechenden Plattform die Zustimmung aufgeben oder widerrufen. Eine gesicherte Rechtsposition entstehe dabei jedenfalls für den Plattformbetreiber (auch nur anteilig) nicht. Des Weiteren sei die gezielte Anhäufung von „Gefällt mir“-Klicks auf einer Facebook-Page nicht gleichzusetzen mit der Mehrung des ideellen Firmenwerts („Goodwill“).

“Given the tenuous relationship between ‚likes‘ on a Facebook page and the creator of the page, the ‚likes‘ cannot be converted in the same manner as goodwill or other intangible business interests,“

Kritik und offene Fragen

Mittlerweile hat fast jede Marke, jedes Unternehmen, jeder Interessenverband und Künstler eine eigene Facebook-Fanpage und/oder einen Twitter-Account, um mit Kunden und Fans sozial zu kommunizieren. Der Stellenwert von Fans und Followern ist daher nicht zu unterschätzen, haben doch diese Plattformen bereits vielfach die klassische Werbung als Marketinginstrument wesentlich ergänzt oder gar abgelöst.

Jedenfalls zeigt schon die Vorgehensweise des TV Senders im Fall, welchen Wert die Gefolgschaft auf sozialen Plattformen tatsächlich hat. Auch sind in letzter Zeit mehrfach Fälle bekannt geworden, in denen Prominente, Firmen oder gar politische Parteien Fans bzw. Follower gekauft haben – etwa über Angebote wie Fandealer oder www.weselllikes.com. Demnach sind Likes – also den Fans – durchaus ein merkantiler Wert zuzusprechen.

Meines Erachtens weicht das Gericht dieser Tatsache aus. Die vorgebrachten Argumente des Richters sind dabei zwar durchaus nachvollziehbar. Jedoch beschleicht einen das Gefühl, dass eher die rechtliche Klassifizierung und in der Folge die Bemessung von „Gefällt mir“-Angaben Schwierigkeiten bereiten. Dabei hat das Gericht selbst einen möglichen Lösungsansatz aufgezeigt, zumindest für Unternehmen: Der Geschäftswert eines Unternehmens, welcher eben auch immaterielle Vermögenswerte erfasst. Diesen Vermögenswert hat die Klägerin im Hinblick auf die beachtliche Anzahl der Fans sicherlich durch ihre Akquise gesteigert. Mag hierbei auch zwischen der Zeit vor und nach der Zusammenarbeit mit BET zu unterscheiden sein – dieses Detail wird in der Urteilsbegründung gar nicht angesprochen.

Würde man in der Konsequenz die Generierung von Likes als Mehrung des originäre Firmenwerts betrachten, unabhängig von der handels- und steuerrechtlichen Unterscheidung, eröffnet sich die nächste Frage: Wie ist das „menschliche Gut“ eines Followers zu bemessen oder zu beziffern?

Im Ergebnis zeigt die Entscheidung erneut die Schwierigkeit auf, traditionelle und etablierte Rechtsprinzipien auf die digitale Wirklichkeit anzuwenden.

Das Urteil im Volltext.
Bericht auf businessweek.com.
Bericht auf dailybusinessreview.com.

, Telemedicus v. 05.09.2014, https://tlmd.in/a/2832

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