VGH Kassel, Beschluss v. 20.10.2009, Az. 10 A 2535/08.Z
1. Die Beklagte hat in ihrem Berufungsantrag keine hinreichenden Gründe für die Zulassung einer Berufung vorgebracht,.
2. Insbesondere hinsichtlich der Auffassung des Verwaltungsgerichts, zu Gunsten des Klägers müsse die Ausnahmeregelung im § 5 Abs. 3 S. 1 RGebStV Anwendung finden, weil die dort geregelten gesetzlichen Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt seien, hat der Beklagte keinen durchgreifenden Zulassungsgrund darzulegen vermocht.
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 19. November 2008 – 5 K 243/08.WI(V) – wird abgelehnt.
Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 38,23 € festgesetzt.
Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor genannte Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 19. November 2008 ist zulässig, insbesondere statthaft sowie rechtzeitig gestellt und begründet worden, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Darlegungen des Beklagten in seinem Antragsbegründungsschriftsatz vom 15. Januar 2009 führen nicht zur Zulassung der Berufung, weil sich hieraus jedenfalls gegen einen selbstständig tragenden Grund des Verwaltungsgerichts kein durchgreifender Zulassungsgrund ergibt.
Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht der Klage des Klägers zum einen deswegen entsprochen und die angefochtenen Bescheide des Beklagten aufgehoben, weil es für die Erhebung einer Rundfunkgebühr für den vom Kläger nicht ausschließlich privat genutzten Computer mit Empfangsmöglichkeit an einer hinreichenden Rechtsgrundlage fehle, und diese Auffassung auf S. 7 bis 9, erster Absatz, des Entscheidungsumdrucks des angefochtenen Urteils im einzelnen dargelegt. Zum anderen hat das Verwaltungsgericht aber zusätzlich angenommen, zu Gunsten des Klägers müsse die Ausnahmeregelung für die Gebührenbefreiung für Zweitgeräte nach § 5 Abs. 3 S. 1 RGebStV Anwendung finden, da deren gesetzliche Voraussetzungen im Falle des Klägers erfüllt seien. Diese Ansicht hat das Verwaltungsgericht auf S. 9, zweite Absatz, bis 10 des Entscheidungsumdrucks ebenfalls näher dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat dabei deutlich gemacht, dass die Regelung in § 5 Abs. 3 S. 1 RGebStV auch dann zu Gunsten des Klägers eingreifen müsse und zum Erfolg der Klage führe, wenn die von ihm – dem Verwaltungsgericht – vertretene Auffassung zum Fehlen einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage für die Entstehung einer Rundfunkgebühr nicht geteilt werde. Das Verwaltungsgericht hat somit seine Entscheidung auf zwei jeweils für sich selbstständig tragende Gründe gestützt. In einem solchen Fall kann die Berufung nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jedes der beiden Gründe ein Zulassungsgrund besteht (so auch OVG des Saarlandes, Beschluss vom 19. November 2007 – 1 A 397/07 -, Juris-Ausdruck unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 – 7 AV 4/03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 33; Bay. VGH, Beschluss vom 30. Oktober 2003 – 1 Z B 01. 1961 -, NVwZ-RR 2004, 391 und Beschluss vom 6. Februar 2002 – 5 Z. B. 99.3319 -, Juris-Ausdruck; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage, § 124, Rndnr. 5 unter Hinweis auf weitere obergerichtliche Rechtsprechung und Literatur). Diese Darlegung ist dem Beklagten jedoch nicht gelungen.
Jedenfalls hinsichtlich der Auffassung des Verwaltungsgerichts, zu Gunsten des Klägers müsse die Ausnahmeregelung im § 5 Abs. 3 S. 1 RGebStV Anwendung finden, weil die dort geregelten gesetzlichen Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt seien, hat der Beklagte keinen durchgreifenden Zulassungsgrund darzulegen vermocht. Er hat auf diese Ansicht des Verwaltungsgerichts in seinem Begründungsschriftsatz vom 15. Januar 2009 allein auf S. 29 Bezug genommen und ausgeführt, entsprechendes wie für die Entscheidungserheblichkeit der dargestellten Frage – der grundsätzlichen Gebührenpflicht für beruflich genutzte Computer – gelte für die Frage „ob man im Rahmen des § 5 Absatz 3 Ziffer 1 RGebStV eine Anrechnung der auf dem Grundstück befindlichen herkömmlichen Rundfunkempfangsgeräte unabhängig von der Nutzungsart (privat oder nicht privat) vornimmt oder nicht.“ Diese Ausführungen stehen erkennbar im Zusammenhang mit dem Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, da die anderen vom Beklagten geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) erst auf Seite 30 des genannten Schriftsatzes genannt und nachfolgend dazu Ausführungen gemacht werden. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist es jedoch erforderlich, eine bestimmte bisher noch ungeklärte und für die Entscheidung des OberverwaltungsgerichtslVerwaltungsgerichtshofs erhebliche Rechtsfrage zu formulieren und anzugeben, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Rechtsfrage bestehen soll (vergleiche Hess. VGH, Beschluss vom 17. Juli 1998 – 8 UZ 2071/98 -, Juris-Ausdruck; ständige Rechtsprechung des Senats).
Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Beklagte im Sinne dieser Anforderungen eine Rechtsfrage formuliert hat. Diese Zweifel ergeben sich zunächst daraus, dass er in der genannten Formulierung allein auf die Regelung in „§ 5 Absatz 3 Ziffer 1 RGebStV“ Bezug nimmt, womit § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 RGebStV gemeint sein dürfte, während das Erfordernis des Bereithaltens anderer Rundfunkempfangsgeräte in Nr. 2 der Vorschrift enthalten ist. Vielleicht ist aber auch statt „Ziffer 1 “ Satz 1 gemeint, was unklar bleibt. Zudem wird durch die doppelte Verwendung des Wortes „oder“ einmal im Klammerzusatz und sodann am Ende des oben zitierten Satzes unklar, welche Alternativen der Beklagte gegenüber stellen möchte.
Selbst wenn jedoch in diesen kurzen Ausführungen des Beklagten die Frage erkannt werden könnte, ob im Rahmen der Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 3 S. 1 RGebStV nur das Bereithalten nicht ausschließlich privat genutzter (anderer) Rundfunkempfangsgeräte, für die eine Rundfunkgebühr entrichtet wird, zur Gebührenbefreiung für neuartige Rundfunkempfangsgeräte führen kann oder – wie vom Verwaltungsgericht angenommen – auch ausschließlich privat genutzte (andere) Rundfunkempfangsgeräte, fehlt es jedoch an der Darlegung, weshalb diese Frage im vorliegenden Fall entscheidungserheblich sein soll. Für diese Darlegung wäre es erforderlich, näher anzugeben, aus welchem Grunde bei einer Bejahung oder Verneinung dieser Frage eine andere Entscheidung zu erwarten ist als vom Verwaltungsgericht getroffen. Es müsste näher dargelegt werden, aus welchem Grunde diese Frage anders zu beantworten sein soll als vom Verwaltungsgericht geschehen und weshalb sich hieraus ein Scheitern der Klage des Klägers ergeben müsste. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Beklagte legt nicht im Einzelnen dar, wie diese Frage nach seiner Auffassung zu entscheiden sein soll und dass sich hieraus die Rechtmäßigkeit seiner angefochtenen Bescheide ergebe, mit der Folge, dass die Klage abzuweisen wäre. Damit hat er nicht dargetan, dass sich diese Frage in einem durchzuführenden Berufungsverfahren dem Berufungsgericht überhaupt stellen würde und damit entscheidungserheblich wäre.
Auch die weiteren Zulassungsgründe, die der Beklagte ab S. 30 seines Begründungsschriftsatzes vom 15. Januar 2009 geltend macht, sind im Hinblick auf diesen tragenden Grund der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend dargetan. Soweit der Beklagte geltend macht, es bestünden ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, hätte es insofern zumindest der Darlegung bedurft, aus welchem Grunde nach Auffassung des Beklagten im vorliegenden Fall die gesetzlichen Voraussetzungen für das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des § 5 Abs. 3 S. 1 RGebStV nicht gegeben sein sollen. Wie bereits gesagt, hat der Beklagte nicht dargelegt, dass eine andere als vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung der gesetzlichen Regelung in § 5 Abs. 3 S. 1 RGebStV zutreffend sein soll und aus welchem Grunde zumindest bei summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte für die der Auffassung des Verwaltungsgerichts entgegenstehende Ansicht bestehen sollen. Dieser Darlegung hätte es schon deswegen bedurft, weil die Auffassung des Verwaltungsgerichts am Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung im § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV orientiert ist, während die entgegenstehende Auffassung, im Rahmen dieser Regelung könnten nur nicht ausschließlich privat genutzte (andere) Rundfunkempfangsgeräte zur Anwendung der Gebührenfreiheit führen, im Wortlaut der Regelung in Nr. 2 jedenfalls keinen erkennbaren Niederschlag gefunden hat. Da sich also die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung geradezu aufdrängt, während die entgegenstehende Auslegung nur durch Rückgriff etwa auf die gesetzgeberische Zielsetzung und/oder den Sinn und Zweck der Regelung begründet werden kann, hätte es der ausführlichen Begründung hierzu bedurft. Allein mit seinem Hinweis auf S. 30 des Schriftsatzes vom 15. Januar 2009 auf die vorher dargelegten Gesichtspunkte kann der Beklagte diesem Erfordernis schon deswegen nicht genügen, weil sich diese nahezu ausschließlich auf die nach den obigen Ausführungen das angefochtene Urteil selbstständig tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts zur fehlenden Rundfunkgebührenpflicht beziehen.
Soweit der Beklagte abschließend geltend macht, die Rechtssache weise besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf, genügen auch insofern seine Ausführungen nicht den an die Darlegung dieses Zulassungsgrundes zu stellenden Anforderungen. Zur Darlegung der Voraussetzungen dieses Zulassungsgrundes hat der Antragsteller nämlich darzutun, hinsichtlich welcher aufgrund der erstinstanzlichen Entscheidung auftretender Fragen sich besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten ergeben sollen und worin die aus seiner Sicht vorliegende besondere tatsächliche oder rechtliche Problematik im einzelnen bestehen soll, so dass die Rechtssache in tatsächlicher oder in rechtlicher Hinsicht Probleme aufwirft, die das Verfahren in seinem Schwierigkeitsgrad deutlich von dem in der verwaltungsgerichtlichen Praxis regelmäßig zu entscheidender Streitfälle abhebt (Hess VGH, Beschluss vom 9. Juli 1998 – 13 UZ 2357/98 -, DVBI. 1991, 119 [nur Leitsatz]; ständige Rechtsprechung des Senats). Hierzu lässt sich den Darlegungen des Beklagten auf S. 30 bis S. 31 des genannten Schriftsatzes nichts entnehmen. Der schlichte Hinweis auf eine angeblich geringere Unterscheidbarkeit der Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO trifft zum einen nicht zu und ist zum anderen nicht geeignet, den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in dem soeben beschriebenen Sinne näher darzulegen.
Nach alldem ist der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung abzulehnen, ohne dass näher darauf einzugehen ist, ob der andere vom Verwaltungsgericht seinem Urteil tragend zugrunde gelegte Grund – fehlende Rundfunkgebührenpflicht – mit durchgreifenden Zulassungsgründen angegriffen worden ist.
Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen, weil er mit seinem Rechtsmittel im Sinne von § 154 Abs. 2 VwGO erfolglos geblieben ist.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 , 52 Abs. 1 GKG und folgt der Wertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren, zumal die Beteiligten hiergegen keine Einwände erhoben haben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 G KG).