LG Stuttgart, Urteil v. 14.04.2011, Az. 17 O 513/10
Der Ausschluss des Weiterverkaufes von digitalen Hörbüchern in den AGB eines Online-Händlers ist zulässig. Der Erschöpfungsgrundsatz erfasst nicht den unkörperlichen Vertrieb von Hörbüchern.
In dem Rechtsstreit
[…]
hat die 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2011 […] für Recht erkannt:
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Gebührenstreitwert wird auf EUR 5.000,00 festgesetzt.
Die Parteien streiten um die Zulässigkeit einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbestimmungen der Beklagten betreffend das Eigentum und die Weiterveräußerung von online erworbenen Hörbüchern.
Der Kläger ist der Dachverband der … und weiterer verbraucher- oder sozialorientierter Organisationen in …. Der Kläger ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen.
Die Beklagte bietet unter anderem im Internet Verbrauchern Hörbücher in Form von Audiodateien zum Download an (Anlage K 1, Bl. 10 d. A.; Anlage K 2, Bl. 12 d. A.). Auf den Internetseiten der Beklagten fand die folgende Klausel im Bedingungswerk „AGB“ der Beklagten Verwendung (Anlage K 3, Bl. 14 d. A.):
Unsere Ware sowie alle darin enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt und mit unhörbaren digitalen Wasserzeichen versehen. Jede Verwertung und Weitergabe an Dritte, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen sind, bedürfen unserer vorherigen Zustimmung (gem. §§ BGB § 182, BGB § 183 BGB). Im Falle der Zuwiderhandlung behalten wir uns rechtliche Schritte vor, es sei denn, dass bei Vertragsschluss ausdrücklich eine anderweitige Vereinbarung erfolgt ist. Der Käufer der im Portal …de angebotenen Hörbücher und sonstigen Mediendateien erwirbt lediglich ein Nutzungsrecht, kein Eigentum. Der Weiterverkauf ist untersagt.“
Mit ihrer Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG wendet sich der Kläger gegen die letzten beiden Sätze dieser Klausel.
Der Kläger ist der Auffassung, die Versagung des Eigentums oder einer eigentümerähnlichen Stellung mit dem Verbot der Weiterveräußerung verstoße als unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers gegen AGB-rechtliche Vorgaben. Da die Beklagte selbst den „Erwerb“ von Hörbüchern gegen Bezahlung eines „Kaufpreises“ anbiete, werde durch die Einschränkungen der mit dem Vertrag verfolgte Zweck gefährdet. Die Beklagte wecke durch die Verwendung kaufrechtlicher Begriffe beim Kunden den Eindruck, es handele sich um einen Kaufvertrag über ein Hörbuch. Daher könne der Kunde auch erwarten, das Eigentum an dem erworbenen Produkt zu erwerben und über die erworbenen Daten frei verfügen zu können. Angesichts des Auftritts der Beklagten könne der Verbraucher die gleichen Rechte wie beim Kauf eines Buches erwarten. Mit komplexen urheberrechtlichen Einschränkungen müsse ein verständiger Verbraucher nach dem von der Beklagten selbst erweckten Eindruck nicht rechnen, zumal das in den AGB erwähnte „Nutzungsrecht“ nach seinem Inhalt nicht erläutert werde und der Verbraucher nur Verbote vorfinde.
Demgegenüber sei es unerheblich, dass die Beklagte den Vertrag nicht durch körperliche Übergabe, sondern durch die Ermöglichung eines Downloads erfülle. Die Beklagte könne sich vor urheberrechtsverletzenden Kopien durch eine Untersagung der Vervielfältigung ausreichend schützen. Die umfassende Beschränkung des Nutzungsrechts greife in den Kern des vertraglichen Austauschverhältnisses ein. Der Verbraucher werde unangemessen benachteiligt, da ihm sogar die Weitergabe der Daten bei gleichzeitiger Vernichtung seines Datenbestands untersagt werde.
Die streitgegenständliche Klausel verletze auch die grundlegende gesetzliche Wertung zur urheberrechtlichen Erschöpfung nach § 17 Abs. 2 UrhG. Diese Regelung setze – zumindest nach ihrem entsprechend heranzuziehenden Rechtsgedanken – einen körperlichen Werkträger nicht voraus. Ausreichend sei, dass das Werk als solches als handelbare Ware in den Verkehr gebracht worden sei. Daher könne dem Verbraucher ein Hörbuch nicht als handelbare Ware angeboten und ihm gleichzeitig die Weiterveräußerung verboten werden. Die Beklagte biete nach dem Eindruck des Verbrauchers gerade nicht in transparenter Weise eine beschränkte Lizenz für die Nutzung von Daten an, sondern nach der Gestaltung ihres Internetauftritts und der Formulierung ihrer AGB verkaufe sie ein Hörbuch. Unter Berücksichtigung der berechtigten Kundenerwartungen gebiete der Erschöpfungsgrundsatz als gesetzliches Leitbild daher die Unangemessenheit der Klausel, ohne dass es darauf ankäme, ob dieser Grundsatz auch allgemein für Download-Angebote gilt oder nicht. Zur Verhinderung von Missbräuchen könne die Beklagte in zumutbarer Weise technische Schutzmaßnahme treffen.
Der Kläger hat die Beklagte wegen der streitgegenständlichen Klausel und anderen Klauseln mit Schreiben vom 11.02.2010 abgemahnt (Anlage K 4, Bl. 16 d. A.). Die Beklagte gab wegen der anderen Klausel eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, nicht jedoch in Bezug auf die streitgegenständliche Klausel (Anlage K 7, Bl. 30 d. A.).
Der Kläger beantragt:
(§ 8 Urheberrecht, Nutzung)
Der Käufer der im Portal …de angebotenen Hörbücher und sonstigen Mediendateien erwirbt lediglich ein Nutzungsrecht, kein Eigentum. Der Weiterverkauf ist untersagt.
Die Beklagte beantragt:
Die Beklagte sieht keine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers, da in der Klausel lediglich deklaratorisch auf bestehende urheberrechtliche Veräußerungsbeschränkungen hingewiesen werde und der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz keine Anwendung auf den Download von Hörbuchdateien finde.
Die vom Kläger unterstellten Befugnisse des Sacheigentümers seien auf urheberrechtlich geschützte Daten nicht anwendbar. Das Angebot von Hörbuchdateien zum Download könne als öffentliches Zugänglichmachen nicht mit dem Angebot in einem Buchladens verglichen werden. Vertragsgegenstand sei lediglich die Einräumung eines einfachen Nutzungsrechts. Der Kunde erwerbe – für ihn ersichtlich – kein körperliches Vervielfältigungsstück des Werks, sondern lediglich das (Nutzungs-)Recht, sich durch den Download selbst ein Vervielfältigungsstück herzustellen. Auch nach der Wortwahl entstehe nicht der Eindruck, es werde ein mit einem gedruckten Buch vergleichbarer Gegenstand erworben. Die Befugnisse des Kunden in Bezug auf die zum Download erworbenen Hörbuchdateien seien nicht durch das Kaufrecht oder den Erschöpfungsgrundsatz bestimmt, sondern allein durch die lizenzvertraglichen Vereinbarungen mit der Beklagten. Die Weitergabe der heruntergeladenen Hörbuchdateien verstoße gegen das urheberrechtliche Vervielfältigungsrecht, da sie durch Kopieren erfolge.
Die urheberrechtliche Einschränkung der freien Kopierbarkeit heruntergeladener Inhalte entspreche der Förderung neuartiger Online-Geschäftsmodelle nach der gesetzgeberischen Zielsetzung auf deutscher und europäischer Ebene, insbesondere der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.05.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (nachfolgend „Informationsgesellschafts-Richtlinie“).
Die urheberrechtlichen Befugnisse der Beklagten zur Kontrolle einer Weitergabe der Hörbuchdateien seien nach dem Download nicht erschöpft. Der Erschöpfungsgrundsatz nach § 17 Abs. 2 UrhG setze ein körperliches Werkstück voraus. Eine entsprechende Anwendung des (eng auszulegenden) Erschöpfungsgrundsatzes scheitere am Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage. Ein Bedürfnis nach der „Erhaltung“ der Verkehrsfähigkeit des Vervielfältigungsstücks scheide aus, wenn der Kunde selbst das Vervielfältigungsstück herstelle.
Das Weiterveräußerungsverbot diene dem legitimen Schutz der Beklagten vor einem missbräuchlichen Kopieren der Hörbuchdateien. Im Verkehr könne nicht kontrolliert werden, ob der übertragende Veräußerer die Hörbuchdateien bei sich tatsächlich gelöscht habe. Es drohe eine unkontrollierte Vermehrung der Vervielfältigungsstücke zum Nachteil der urheberrechtlich Berechtigten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze mit Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.01.2011 (Bl. 153 und 154 d. A.) verwiesen.
Die Klage ist nicht begründet.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UKlaG, § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB, § 17 Abs. 2 UrhG besteht nicht, da die streitgegenständlichen AGB-Bestimmungen der Beklagten keine unangemessene Benachteiligung des Erwerbers der Hörbücher entgegen den Geboten von Treu und Glauben beinhalten.
1. Eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB liegt nicht vor. Wesentliche Rechte und Pflichten aus der Natur des Vertrages werden nicht unter Gefährdung des Vertragszwecks eingeschränkt, da der Kunde die primäre Nutzungsmöglichkeit des erworbenen Hörbuchs erhält.
a) § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB erfasst Verträge, für die eine gesetzliche Regelung im dispositiven Recht fehlt, und steht insbesondere einer Aushöhlung vertraglicher Kardinalpflichten entgegen (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 307 Rn. 33). Der Klauselverwender darf sich nicht formularmäßig von Pflichten freizeichnen, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrags überhaupt erst ermöglicht, auf deren Erfüllung der Vertragspartner daher vertraut und auch vertrauen darf (BGH, NJW 1993, 335; BGH, NJW 2002, 673, 674). Jedenfalls die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptpflichten eines Vertrags sind als wesentliche Vertragspflichten in diesem Sinne anzusehen (BGH, NJW 2002, 673, 675). Allgemeine Geschäftsbedingungen dürfen dem Vertragspartner nicht solche Rechtspositionen nehmen oder einschränken, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck zu gewähren hat (BGH, NJW 1988, 1785, 1787).
b) Unabhängig von der rechtlichen Einordnung des Vertrags als (Sach- oder Rechts-)Kaufvertrag oder als Lizenzvertrag ist jedenfalls die wesentliche Vertragspflicht der Beklagten die Pflicht zur Verschaffung des dem Kunden versprochenen Rechts (Wandtke, in: Wandtke, Urheberrecht, 1. Aufl. 2009, 3. Kap. Rn. 52).
aa) Im vorliegenden Fall bietet die Beklagte nach ihrem Internetauftritt Hörbücher zum Download an. Entsprechend lautet auch ihre Domain. Dem Kunden muss daher als vertragliche Hauptpflicht die Möglichkeit eingeräumt werden, das Hörbuch als Vertragsgegenstand herunterladen und dann nach seinem Belieben anhören zu können. Der primäre Vertragszweck ist der Erwerb einer Nutzungsmöglichkeit an dem Hörbuch. Die Beklagte hat hierfür die rechtlichen Voraussetzungen insoweit zu schaffen, dass der Kunde den Download der Hörbuchdateien vornehmen kann.
bb) Der Erwerb des Hörbuchs bei der Beklagten setzt ein technisches Grundverständnis voraus, da der Download nach Anlage K 1 (Bl. 10 d. A.) eine Anmeldung mit Email-Adresse erfordert, der Bezahlvorgang elektronisch erfolgt und das Hörbuch in Dateiform zur Verfügung gestellt wird. Die elektronische Abwicklung des Vertrags ist bei der Beurteilung der Pflichtenlage zu berücksichtigen.
cc) Für den Kunden ist angesichts des Online-Vertriebs ohne weiteres ersichtlich, dass er von der Beklagten kein körperliches Werkstück erhält, sondern das Hörbuch in Dateiform. In gleicher Weise kann der Kunden erkennen, dass eine Vielzahl anderer Kunden in gleicher Weise einen Download durchführen können. Schließlich ist dem Kunden bekannt, dass er durch den Download eine Audiodatei auf seiner Festplatte erhält, die nach den technischen Möglichkeiten grundsätzlich auf andere Datenträger verlustfrei übertragen werden kann.
c) Der von der Beklagten vorgegebene Ausschluss der Weiterveräußerungsmöglichkeit des Hörbuchs durch den Kunden steht mit dieser vertraglichen Pflichtenlage unter Berücksichtigung der technischen Abwicklung des Vertrags in Einklang.
aa) Die streitgegenständliche Klausel enthält in ihrem ersten Satz die Aussage, dass der Kunde kein Eigentum erwirbt, sondern lediglich ein Nutzungsrecht. Eine Einschränkung der vertraglichen Rechte des Kunden ist mit dieser Aussage für sich genommen nicht verbunden, da dem Kunden nach der geschilderten Natur des Vertrags kein körperliches Werkstück übergeben wird, sondern er eine (zunächst) unkörperliche Nutzungsmöglichkeit erwirbt. Auch wenn auf einen Vertrag zum Erwerb von Daten gegebenenfalls Kaufrecht anwendbar ist (BGH, MMR 2007, 243, 244 – ASP-Vertrag), kann aus sachenrechtlicher Sicht an unkörperlichen Gegenständen kein Eigentum im Sinne des § 903 BGB bestehen (vgl. schon BGH, NJW 1966, 542, 543). Der Hinweis auf das Nutzungsrecht hat daher in Bezug auf das nicht mögliche Sacheigentum nur klarstellende Bedeutung. Er lässt für sich genommen nicht erkennen, ob die erworbene Rechtsstellung übertragbar ist.
bb) Der Hinweis im ersten Satz auf das fehlende Eigentum ist jedoch im Zusammenhang mit dem folgenden zweiten Satz zu sehen, nach dem der Weiterverkauf unzulässig ist. Auch der – nicht streitgegenständliche – Zustimmungsvorbehalt zur Weitergabe am Anfang von § 8 der AGB darf zum Verständnis der streitgegenständlichen Bestimmungen nicht außer Betracht bleiben. Der Hinweis auf das fehlende Eigentum und das Verbot des Weiterverkaufs beinhalten nach ihrem Sinn und Zweck eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des in der Klausel angesprochenen Nutzungsrechts, die dem Kunden eine Übertragung seiner Rechtsstellung im Zuge einer entgeltlichen Veräußerung verwehrt. Diese Aussage steht in Übereinstimmung mit dem urheberrechtlichen Zustimmungsvorbehalt gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 UrhG bei einer Übertragung von Nutzungsrechten.
cc) Der Ausschluss der Weiterverkaufsmöglichkeit ist mit der geschilderten Natur des Vertrages vereinbar und gefährdet den Vertragszweck nicht. Der Kunde erhält die Möglichkeit, das Hörbuch herunterzuladen und anzuhören. Der Weiterverkauf des Hörbuchs ist nicht vom primären Vertragszweck der so verstandenen Nutzungsmöglichkeit erfasst, sondern betrifft die nachgelagerte Frage, ob der Kunde das Hörbuch nach dem Anhören weiterveräußern und so einen Teil des Kaufpreises oder sogar den vollen Kaufpreis von einem Dritten wiedererlangen kann. Dem Weiterverschenken des Hörbuchs steht die streitgegenständliche Klausel nicht entgegen. Der ebenfalls in § 8 der AGB enthaltene Zustimmungsvorbehalt für die „Weitergabe“ ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
dd) Die Weiterverkaufsmöglichkeit ist bei dem Erwerb von Dateien über das Internet nicht in gleicher Weise nach den redlichen Interessen der Vertragsparteien geschützt wie bei körperlichen Gegenständen. Bei Dateien besteht die Besonderheit, dass der Erstnutzer sie einem Zweitnutzer durch verlustfreie digitale Datenübertragung zur Verfügung stellen kann. Eine Abnutzung des weitergegebenen Gegenstandes, wie sie bei Büchern, aber auch – in schwächerem – Maße bei CDs droht, tritt nicht ein. Darüber hinaus kann der Erstnutzer die Dateien an verschiedene Personen weitergeben und selbst die Originaldatei zurückbehalten. Sämtliche Vorgänge können über das Internet abgewickelt werden. Im Ergebnis besteht das Risiko einer verlustfreien Vervielfältigung der Dateien, ohne dass der ursprüngliche Veräußerer hieran partizipiert.
ee) Zwar kann dieses Risiko möglicherweise durch technische Schutzmaßnahmen begrenzt werden. Dennoch muss der Erwerber eines Hörbuchs im Wege des Downloads auch mit erhöhten rechtlichen Beschränkungen rechnen. Eine unangemessene Benachteiligung liegt nicht vor, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch zumindest gleichwertige Interessen des Verwenders der AGB gerechtfertigt ist (zuletzt BGH, NJW 2010, 3568, 3569, Tz. 12). Gerade auch eine Weiterverkaufsbeschränkung kann durch ein überwiegendes Interesse des Verkäufers gerechtfertigt sein (BGH, NJW 1982, 178, 179).
ff) Das legitime Interesse des Anbieters an der Verhinderung eines unkontrollierbaren und möglicherweise urheberrechtsverletzenden Sekundärmarktes überwiegt vorliegend das sekundäre Weiterveräußerungsinteresse des Kunden. Angesichts der technischen Besonderheiten ist dem Verbraucher ersichtlich, dass der Veräußerer ein erhöhtes Interesse am Schutz vor Missbrauch und vor der Entwertung seiner Ware durch das Schaffen eines unbeschränkten Sekundärmarktes hat. Der Download-Anbieter gewährt dem Kunden einen weitaus intensiveren Zugriff auf den Kern seines Betriebsvermögens als bei Sachkäufen. Der Kunde erhält einen unmittelbaren Zugriff auf die Quelldatei. Außerdem kann der Download zu jeder Uhrzeit und bequem von zu Hause aus erfolgen. Mit dem geschlossenen Vertrag kann der Kunde schnell, unkompliziert und bequem auf das Hörbuch zugreifen. Er spart Zeit mit dem Einkauf und kann das Hörbuch unmittelbar nutzen. Im Gegenzug kann der Anbieter dem Kunden stärkere rechtliche Bindungen auferlegen. Zwar profitiert auch der Anbieter von einem erleichterten Vertrieb über das Internet. Angesichts der besonderen Abwicklung des Geschäfts über das Internet kann aber nicht außer Acht gelassen werden, dass sich der Veräußerer vor den besonderen Risiken des virtuellen Vertriebs schützen will. Eine einseitige Interessendurchsetzung ist darin nicht zu sehen, auch wenn dem Anbieter mittelbar der Ausschluss des Sekundärmarktes in wirtschaftlicher Hinsicht zu Gute kommt. Der sekundäre Veräußerungsinteresse des Kunden bestimmt nicht den Vertragszweck, sondern ist gegenüber der Möglichkeit, das Hörbuch selbst zu nutzen zweitrangig. Außerdem hat nicht jeder Kunde ein Interesse an der Weiterveräußerung, sondern viele Kunden werden sich mit dem Erwerb für die ausschließlich eigene Nutzung begnügen. Das Verbot des Weiterverkaufs ist im Ergebnis vor dem Hintergrund des von beiden Vertragsparteien verfolgten primären Vertragszwecks und unter Bewertung der jeweiligen Interessen angemessen.
d) Angesichts dieser dem Kunden ersichtlichen vertraglichen Pflichtenlage sind die von der Beklagten verwendeten kaufrechtlichen Begriffe unschädlich.
aa) Eine Einbeziehung der den Vertragsschluss begleitenden Umstände nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB erfolgt im Verbandsklageverfahren nicht, da ein abstrakt-überindividueller Maßstab gilt (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 310 Rn. 20). Allerdings kann sich eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB auch aus der Unverständlichkeit oder Unklarheit einer Klausel ergeben. Aus dem Transparenzgebot folgt, dass eine Klausel nicht zur Irreführung oder Täuschung des Kunden geeignet sein darf (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 307 Rn. 27; Stadler, in: Jauernig, BGB, 13. Aufl. 2009, § 307 Rn. 9). Dem Kunden darf daher nicht vorgespiegelt werden, er erhalte eine Rechtsstellung, die ihm in Wahrheit vorenthalten bleibt.
bb) Die streitgegenständliche Klausel bezeichnet den Kunden als „Käufer“ und untersagt ihm den „Weiterverkauf“. Als Gegenstand des Vertrags werden die „angebotenen Hörbücher“ bezeichnet. Die Terminologie der AGB entspricht damit den bei einem Sachkauf verwendeten Begriffen. Die Formulierung ist in diesen Begriffen nicht anders, als würde der Kunde in einem Ladengeschäft oder per Versandhandel ein Hörbuch auf CD und damit einen körperlichen Gegenstand erwerben.
cc) Dennoch ist hiermit eine Irreführung des Kunden nicht verbunden. Zum einen ist dem Kunden schon nach dem Vertriebsweg des Downloads ersichtlich, dass er keinen körperlichen Gegenstand erwirbt. Er wird daher trotz der verwendeten Formulierung nicht ohne weiteres voraussetzen, dass in jedem Fall die Regeln für einen Sachkauf ohne Einschränkung gelten und er umfassende Eigentümerbefugnisse an dem Hörbuch erwirbt. Darüber hinaus scheidet eine Irreführung in der streitgegenständlichen Klausel auch wegen der eindeutig formulierten Hinweise aus, was der Kunde erwirbt (ein Nutzungsrecht) und was ihm verboten bleibt (der Weiterverkauf). Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot scheidet aus, wenn die Aussagen einer Klausel klar und verständlich zum Ausdruck gebracht werden (BGH, MMR 2010, 771, 773, Tz. 23 – Half Life 2).
dd) Selbst wenn man die Gestaltung der Internetseite in der Bewertung berücksichtigen würde, scheidet eine Irreführung des Kunden aus, da die verwendete Terminologie ersichtlich der Vereinfachung dient. Die Einräumung eines einfachen urheberrechtlichen Nutzungsrechts wird vereinfachend als „Kauf des Hörbuchs“ bezeichnet. Die Sprache der Klausel vermeidet einem Durchschnittsverbraucher wenig geläufige urheberrechtliche Fachtermini und verwendet stattdessen Begriffe, unter denen sich der Verbraucher etwas vorstellen kann. Der Kunde wird dennoch infolge des Downloads nicht von einem echten Sachkauf ausgehen und ebenso wenig denken, dass der Veräußerer seine Rechtsstellung aufgibt und ihm im Zuge des „Kaufvertrags“ überträgt. Vielmehr kommt es dem Verbraucher nach dem Vertragszweck in erster Linie auf den Erwerb einer Nutzungsmöglichkeit an. Außerdem ist ein verständiger Verbraucher angesichts der Besonderheiten des Online-Vertriebs für besondere Rechtebeschränkungen sensibilisiert und wird angesichts der Möglichkeit von Raubkopien mit solchen Beschränkungen sogar rechnen. Indem die Beklagte die kaufrechtliche Sprache verwendet, aber gleichzeitig inhaltlich die dem Kunden eingeräumte begrenzte Rechtsposition darstellt und ihm in aller Deutlichkeit das Verbot des Weiterverkaufs mitteilt, verhindert sie, dass der Verbraucher falsche Vorstellungen oder ein schutzwürdiges Vertrauen in Bezug auf eine freie Verfügungsbefugnis über das erworbene Hörbuch entwickelt. Es wird in Übereinstimmung mit dem Vertragszweck klargestellt, dass der Kunde nur eine Nutzungsmöglichkeit erhält. Eine Irreführung nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB scheidet damit aus.
2. Eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB i. V. m. § 17 Abs. 2 UrhG ist ebenfalls nicht gegeben. Der Ausschluss der Weiterveräußerungsmöglichkeit stellt keine Abweichung vom urheberrechtlichen Erschöpfungsgrundsatz dar.
a) Das Verbot des Abweichens von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB knüpft daran an, dass den Vorschriften des dispositiven Rechts bei der Inhaltskontrolle von AGB eine Leitbildfunktion zukommt (Grüneberg, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, § 307 Rn. 28). Dispositives Recht in diesem Sinne sind nicht nur gesetzliche Einzelregelungen, sondern auch die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, wie etwa der Grundsatz der Vertragsfreiheit hinsichtlich der Verfügung über die in das Eigentum des Käufers übergegangene und voll bezahlte Ware (BGH, NJW 1984, 1182 f.; BGH, NJW 1982, 178, 179).
b) Die Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB erstreckt sich im Bereich des Urhebervertragsrechts auch auf die wesentlichen Grundgedanken des UrhG (Schricker/Loewenheim, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Aufl. 2010, Vor § 28 Rn. 40).
aa) Zu diesen Grundgedanken gehört auch der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz nach § 17 Abs. 2 UrhG, der im Interesse des freien Warenverkehrs die ungehinderte Weiterverbreitung rechtmäßig in den Verkehr gebrachter Vervielfältigungsstücke erlaubt (offen gelassen in BGH, MMR 2010, 771, 772, Tz. 16 – Half Life 2). § 17 Abs. 2 UrhG ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass das Urheberrecht ebenso wie andere Schutzrechte gegenüber dem Interesse an der Verkehrsfähigkeit der mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gesetzten Waren zurücktreten muss (BGH, GRUR 2001, 51, 53 – Parfumflakon). Dieser Grundsatz ist bei der Vertragsgestaltung als zwingendes Recht auch bei der inhaltlichen Gestaltung von Nutzungsrechtseinräumungen zu beachten (J.B. Nordemann, in: Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. 2010, § 60 Rn. 31). Der rechtlich zwingende Erschöpfungsgrundsatz nach § 17 Abs. 2 UrhG ist eine Grenze des Verbreitungsrechts, durch die der freie Warenverkehr rechtmäßig veräußerter Werkstücke gewährleistet werden soll (Loewenheim, in: Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. 2010, § 20 Rn. 33).
bb) Die Erschöpfung setzt nach traditioneller Auffassung ein körperliches Werkstück voraus, da der Grundsatz nur die Verkehrsfähigkeit von Waren, in denen das Werk verkörpert ist, schützt und nicht die von einem Werkexemplar ungebundene Übermittlung erlaubt (Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl. 2008, § 17 Rn. 30). Insbesondere zu der parallelen Erschöpfungsregelung des § 69 c Nr. 3 Satz 2 UrhG für die Verbreitung von gebrauchter Software, aber auch zu § 17 Abs. 2 UrhG wird diskutiert, ob die Erschöpfungswirkung bei Online-Übermittlung entweder mit dem Herunterladen auf einen Datenträger eintritt oder aber mangels Übermittlung eines körperlichen Vervielfältigungsstücks überhaupt nicht (vgl. zum Meinungsstand BGH, Beschluss vom 03.02.2011, Az. I ZR 129/08, juris, Tz. 23 bis Tz. 29 – UsedSoft; der BGH hat diese Frage für Gebrauchtsoftware dem EuGH vorgelegt). Die Obergerichte lehnen für § 69 c Nr. 3 Satz 2 UrhG die Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes auf das Vervielfältigungsrecht und auf unkörperliche Verbreitungsformen ab (OLG München, MMR 2008, 601 ff.; OLG Frankfurt, MMR 2009, 544 ff.; OLG Düsseldorf, MMR 2009, 629 ff.).
cc) Bei körperlichen Werkstücken, die Musik oder Bilder/Filme enthalten, ist die Besonderheit zu beachten, dass die Wahrnehmung der Inhalte regelmäßig urheberrechtsneutral möglich ist. Zumindest im privaten Bereich kann nämlich jedermann den Datenträger anhören oder anschauen, ohne Urheberrechte zu verletzen (OLG München, MMR 2008, 601). Zu § 17 Abs. 2 UrhG wird daher diskutiert, ob bei einer Online-Übermittlung der Empfänger der Medien (Bücher, Musik, Filme) selbst ein körperliches Werkstück anfertigen könne und dann jedenfalls in Bezug auf dieses Werkstück die Erschöpfungswirkung eintrete, da eine unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu im Laden erworbenen Medien nicht gerechtfertigt sei (dafür: Dreier, in: Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl. 2008, § 19 a Rn. 11; Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhG, 10. Aufl. 2008, § 17 Rn. 26 und § 19 a Rn. 29; Heerma, in: Wandtke/Bullinger, UrhG, 3. Aufl. 2009, § 17 Rn. 16; dagegen: Schulze, in: Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl. 2008, § 17 Rn. 30; Loewenheim, in: Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. 2010, § 20 Rn. 34).
dd) Das Landgericht Berlin hat eine unangemessene Benachteiligung durch eine Weitergabebeschränkung für in einem Online-Musikshop erworbene Lieder verneint (LG Berlin, Urteil vom 14.07.2009, Az. 16 O 67/08, juris, Tz. 27.). Durch den Download der Musikdatei und die Festlegung auf einem Datenträger trete keine Erschöpfung im Sinne des § 17 Abs. 2 UrhG ein. Der Anbieter verbreite kein Werkstück, sondern mache nur eine unkörperliche Datei öffentlich zugänglich. Das erst vom Kunden hergestellte Werkstück sei nicht vom Anbieter im Wege der Veräußerung in den Verkehr gebracht worden.
c) Nach Auffassung des Gerichts tritt die Erschöpfungswirkung nach § 17 Abs. 2 UrhG bei der Online-Übermittlung von Medien wie insbesondere Hörbüchern weder im Falle des reinen Herunterladens, noch bei einer vom Nutzer anschließend hergestellten Verkörperung in einem gesonderten Werkstück ein.
aa) Die Online-Übermittlung ist mangels Inverkehrbringens eines körperlichen Vervielfältigungsstücks keine Verbreitungshandlung nach § 17 Abs. 1 UrhG, sondern ein Akt der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 19 a UrhG (Loewenheim, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Aufl. 2010, § 17 Rn. 45). Erst der Nutzer erstellt auf seinem Computer durch den Vorgang des Herunterladens ein lokales Vervielfältigungsstück des ihm vom Anbieter online zugänglich gemachten Werks. Die Berechtigung hierzu folgt aus dem einfachen Nutzungsrecht, das die Beklagte ihren Kunden gewährt und dessen Unveräußerlichkeit sie in der streitgegenständlichen Klausel anordnet. Der Kunde kann das Hörbuch entweder direkt von seinem Computer aus anhören oder es zum privaten Gebrauch gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG auf einen Audioplayer übertragen oder auf eine CD/DVD brennen. § 53 Abs. 6 Satz 1 UrhG schließt ein weiteres Verbreiten der Vervielfältigungsstücke außerhalb des privaten Bereichs aus. Insbesondere dürfen zum privaten Gebrauch nach § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG legal hergestellte Kopien nicht an Dritte, mit denen keine persönliche Beziehung besteht, weitergegeben oder ihnen auch nur angeboten werden (Loewenheim, in: Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. 2010, § 31 Rn. 61).
bb) Der Erschöpfungswirkung erfasst nach dem Wortlaut und der systematischen Stellung von § 17 Abs. 2 UrhG lediglich die Weiterverbreitung des konkreten körperlichen Werkexemplars und damit das Verbreitungsrecht nach § 17 Abs. 1 UrhG, nicht aber das Vervielfältigungsrecht nach § 16 Abs. 1 UrhG (BGH, GRUR 1993, 34, 36 – Bedienungsanweisung; BGH, GRUR 2001, 51, 53 – Parfumflakon) oder gar das Recht der öffentlichen Wiedergabe nach § 19 a UrhG (Loewenheim, in: Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. 2010, § 20 Rn. 34). Auch Art. 4 Abs. 2 der Informationsgesellschafts-Richtlinie knüpft für die Erschöpfungswirkung vor allem an den Erstverkauf eines als Gegenstand bezeichneten Vervielfältigungsstücks eines Werks an. Nach Erwägungsgrund 28, Satz 1 zur Richtlinie muss es sich um das in einem Gegenstand verkörperte Werk handeln. Umgekehrt bestätigt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie die Nicht-Erschöpfung für das Recht der drahtgebundenen oder drahtlosen öffentlichen Wiedergabe von Werken einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke. Hierzu erläutert Erwägungsgrund 29, Satz 2 der Informationsgesellschafts-Richtlinie, dass sich die Frage der Erschöpfung für materielle Vervielfältigungsstücke eines Werks, die durch den Nutzer eines Online-Dienstes mit Zustimmung des Rechtsinhabers hergestellt worden sind, nicht stellt.
cc) Nach diesen Grundsätzen kann sich der Erwerber des Hörbuchs nicht auf Erschöpfung berufen, wenn er die heruntergeladene Datei (direkt oder nach ihrer Übertragung auf einen externen Datenträger) an einen Dritten veräußern möchte, da ein von dem Inhaber des Vervielfältigungsrechts für den Verkehr autorisiertes, gegenständliches Werkstück nicht vorhanden ist, sondern der Nutzer das Vervielfältigungsstück erst selbst erstellt.
d) Selbst wenn man den Aussagegehalt der Informationsgesellschafts-Richtlinie in diesem Punkt als nicht eindeutig beurteilen mag und von einer planwidrigen Regelungslücke ausgeht (vgl. Hoeren, MMR 2010, 447 ff.), scheidet auch eine entsprechende Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes aus, da es an einer vergleichbaren Interessenlage fehlt. Unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessen ist das vom Inhaber des Vervielfältigungsrechts hergestellte körperliche Werkstück als Anknüpfungspunkt für die Erschöpfung unverzichtbar.
aa) Eine Analogie wird oftmals befürwortet, da im wirtschaftlichen Ergebnis ein Warenkauf vorliege und im Vergleich zur Übergabe einer körperlichen Kopie kein wirtschaftlicher oder technischer Unterschied und auch keine erhöhte Missbrauchsgefahr bestehe (Hoeren, MMR 2010, 447, 448). Dies soll insbesondere gelten, wenn der Empfänger des Datensatzes mit Zustimmung des Rechtsinhabers ein konkretes Werkexemplar erstellt, also die Online-Übermittlung bei wirtschaftlicher Betrachtung ein Äquivalent zum Offline-Verkauf darstellt (Dreier, in: Dreier/Schulze, 3. Aufl. 2008, § 19 a Rn. 11; Dustmann, in: Fromm/Nordemann, UrhG, 10. Aufl. 2008, § 19 a Rn. 29).
bb) Wie der BGH vor kurzem zum Vertrieb von Computerprogrammen auf DVD festgestellt hat, können Werkstücke so gestaltet werden, dass nur eine bestimme Nutzung möglich ist und die Weiterveräußerung wegen der eingeschränkt ausgestalteten Nutzungsmöglichkeit ausscheidet, „weil wegen der beschränkten Nutzungsmöglichkeiten ein nennenswertes Interesse nachfolgender Erwerber nicht besteht“ (BGH, MMR 2010, 771, 773, Tz. 21 – Half Life 2). Der Zweiterwerb eines Datenträgers mit einem urheberrechtlich geschützten Computerprogramm begründet auch unter dem Gesichtspunkt der Erschöpfung keinen Anspruch auf die Einräumung einer Nutzungsmöglichkeit für das Programm, wenn der Rechteinhaber die Weitergabe eines zur Softwarenutzung erforderlichen Benutzerkontos verboten hat (vgl. BGH, MMR 2010, 771, 773, Tz. 22 – Half Life 2).
cc) Der Erschöpfungsgrundsatz geht davon aus, dass dem Verwertungsinteresse des Urhebers oder Nutzungsberechtigten bei der ersten, in der Regel entgeltlichen Verbreitungshandlung Genüge getan wird und dass im Interesse des freien Warenverkehrs und der Rechtssicherheit klare und übersichtliche Verhältnisse bestehen (Loewenheim, in: Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl. 2010, § 20 Rn. 33). Dieses Interesse des freien Warenverkehrs an Rechtssicherheit ist jedoch bei der Weiterveräußerung unkörperlicher Daten nicht in gleicher Weise berührt wie bei der Veräußerung in den Verkehr gebrachter Werkstücke. Angesichts der einfachen und schnellen technischen Möglichkeit zur Weiterübertragung der Daten – einschließlich der Möglichkeit zur rechtswidrigen Mehrfachübertragung oder zur Übertragung ohne Löschung beim Ersterwerber – entsteht ein schützenswertes Vertrauen der beteiligten Verkehrskreise im Hinblick auf die Authentizität und die Legalität der unkörperlichen Vervielfältigungsstücke nicht in dem Maße, dass eine entsprechende Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes geboten wäre. Wie die zitierte Rechtsprechung des BGH zur Einschränkbarkeit der Nutzungsmöglichkeiten sogar bei verkörperten Vervielfältigungsstücken zeigt (BGH, MMR 2010, 771, 773, Tz. 21 – Half Life 2), fällt das Interesse an einem Sekundärmarkt nicht oder allenfalls mittelbar in den Schutzbereich der urheberrechtlichen Erschöpfung. Die Erschöpfung dient daher nicht dazu, die Verkehrsfähigkeit des Vervielfältigungsrechts herzustellen, indem der Erwerber zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken ermächtigt wird. Die Erschöpfungswirkung soll lediglich die Verkehrsfähigkeit bereits rechtmäßig in den Verkehr gebrachter Vervielfältigungsstücke gewährleisten. In Übereinstimmung hiermit hat der BGH in dem zitierten Vorlagebeschluss zu gebrauchter Software zu erkennen gegeben, dass die Wirkung der Erschöpfung nicht auf den online übermittelten unkörperlichen Datenbestand ausgedehnt werden sollte (BGH, Beschluss vom 03.02.2011, Az. I ZR 129/08, juris, Tz. 32 – UsedSoft).
dd) Gegen die Vergleichbarkeit von Hörbuchdateien im Online-Vertrieb mit Büchern oder verkörperten Hörbüchern im herkömmlichen Einzelhandel spricht, dass bei der Weiterveräußerung von Daten wegen der verlustfreien Übertragungsmöglichkeit kein echter Sekundärmarkt mit einem sich bei jedem Nutzer abnutzenden Vervielfältigungsstück entstünde, sondern ein zusätzlicher Primärmarkt. Hierdurch käme es zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Neben potentiellen Dritterwerbern könnte auch der Rechteinhaber nicht nachvollziehen, welches Vervielfältigungsstück legal im Verkehr ist und ob der Ersterwerber seine Daten gelöscht hat (ebenso Schack, GRUR 2007, 639, 644). Technische Schutzmöglichkeiten wie das von der Beklagten verwendete digitale Wasserzeichen sind angesichts der geltenden Datenschutzbestimmungen nur sehr eingeschränkt tauglich. Der Rechteinhaber kann daher nicht darauf verwiesen werden, nur oder vorrangig technische Schutzmaßnahmen ergreifen zu müssen, sondern er kann privatautonom auch vertragliche Sicherungen vereinbaren.
ee) Angesichts der erheblichen Missbrauchsgefahren und wegen der drohenden Rechtsunsicherheit kann daher die Erschöpfungswirkung im Bereich der Online-Übermittlung nicht von einem körperlichen Vervielfältigungsstück entkoppelt werden. Eine Ausnahme mag allenfalls dann in Betracht kommen, wenn für die bestimmungsgemäße Nutzung des erworbenen Werks von vorneherein und aus zwingenden technischen Gründen eine Verkörperung auf einem externen Datenträger wie einer CD erforderlich ist. Der Nutzer würde dann das Werkstück nach dem Vertragszweck auch zu Gunsten des Vertriebs des Anbieters erstellen. Dies ist bei einem Hörbuch-Download jedoch nicht der Fall, da nach Wahl des Kunden das Anhören auch direkt vom Computer aus oder über externe Audioplayer erfolgen kann.
ff) Im Ergebnis scheidet auch eine analoge Anwendung von § 17 Abs. 2 UrhG aus. Die Weiterveräußerung der herunter geladenen Daten würde demzufolge – je nach der technischen Abwicklung durch Herstellung eines externen Datenträgers oder per Emailversand – eine Verletzung des Vervielfältigungsrechts nach § 16 Abs. 1 UrhG oder des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19 a UrhG darstellen.
e) Da keine Erschöpfung eintritt, ist das streitgegenständliche Weiterveräußerungsverbot als Wiedergabe von § 34 Abs. 1 Satz 1 UrhG ein legitimer Hinweis auf die Gesetzeslage, nach der ein Nutzungsrecht nur mit Zustimmung des Urhebers übertragen werden kann. Aus dem Erschöpfungsgrundsatz kann keine allgemeine Verkehrsfähigkeit von Nutzungsrechten ohne die Zustimmung des Urhebers hergeleitet werden (LG München, Urteil vom 15.03.2007, Az. 7 O 7061/06, juris, Tz. 75). Das Vervielfältigungsrecht nach § 16 Abs. 1 UrhG unterliegt nicht der Erschöpfung (BGH, GRUR 1993, 34, 36 – Bedienungsanweisung; BGH, GRUR 2001, 51, 53 – Parfumflakon). Auch eine Verschärfung des Zustimmungserfordernisses durch die Vereinbarung der Unveräußerlichkeit des Nutzungsrechts ist zulässig (Schricker/Loewenheim, in: Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Aufl. 2010, § 34 Rn. 24). Die Beklagte konnte die Zustimmung für die Fälle der Weiterveräußerung in der streitgegenständlichen Klausel pauschal untersagen.
f) Dem Weiterveräußerungsverbot steht nicht die Schutzrechtsschranke nach § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG entgegen. Diese Bestimmung erlaubt nur die Herstellung einzelner Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch und nicht zu Erwerbszwecken. Das Privileg gilt lediglich für die Befriedigung rein persönlicher Bedürfnisse außerberuflicher und außerwirtschaftlicher Art (W. Nordemann, in: Fromm/Nordemann, UrhG, 10. Aufl. 2008, § 53 Rn. 8). Der Weiterverkauf des heruntergeladenen Hörbuchs überschreitet den privaten Gebrauch nach § 53 Abs. URHG 1 Satz 1 UrhG, da es dem Verkäufer um die Erzielung eines finanziellen Vorteils und nicht um Bedürfnisse in seinem persönlichen Bereich geht. Außerdem stellt § 53 Abs. 6 Satz 1 UrhG klar, dass die zum Privatgebrauch hergestellten Vervielfältigungsstücke (etwa auf einer selbst gebrannten CD) nicht verbreitet, d.h. in den Verkehr gebracht werden dürfen (Schack, GRUR 2007, 639, 643).
3. Auch eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB aus sonstigen Gründen liegt nicht vor. Ein einseitiger Eingriff in den Kernbereich des Austauschverhältnisses zu Lasten des Verbrauchers erfolgt nicht. Die etwaige Qualifizierung des Vertrags als Kaufvertrag kann nicht zu einer weitergehenden Übertragung von Rechten führen als ein nach dem Urheberrecht zulässiger Lizenzvertrag (LG Berlin, Urteil vom 14.07.2009, Az. 16 O 67/08, juris, Tz. 32). Daher ist unter Berücksichtigung des legitimen Interesses der Beklagten an der Verhinderung einer unkontrollierten und potentiell missbräuchlichen Vervielfältigung und Verbreitung der von ihr in Dateiform angebotenen Hörbücher eine einseitige Benachteiligung des Kunden nicht zu erkennen. Die Klage war abzuweisen.
1. Die Kostenentscheidung erging nach § 5 UKlaG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
2. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 5 UKlaG i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.
3. Der Gebührenstreitwert wurde nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO festgesetzt. Maßgebend ist das Allgemeininteresse an der Unterlassung der AGB-Bestimmung bei unterstellter Gesetzwidrigkeit (Bassenge, in: Palandt, 70. Aufl. 2011, § 5 UKlaG Rn. 14; Micklitz, in: MüKo ZPO, 3. Aufl. 2008, UKlaG § 5 Rn. 39 f.). Angesichts der zentralen Bedeutung der Klausel für den Online-Vertrieb von Hörbüchern war eine ausnahmsweise Erhöhung des Regelstreitwerts von EUR 2.500,00 (BGH, NJW-RR 2007, 497) auf EUR 5.000,00 geboten.