LG Köln, Urteil v. 05.09.2008, Az. 28 AR 6/08
Bereits die Veröffentlichung eines einzelnen Musik-Albums in Form einer Datei kann ein „gewerbliches Ausmaß“ im Sinne von § 101 Abs. 1 S. 1 UrhG darstellen, wenn es sich um ein im Markt besonders stark nachgefragtes Musik-Album handelt, das kurz nach der Veröffentlichung im Internet rechtswidrig angeboten wurde.
Tenor:
…
2) Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.
Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Köln gem. §§ 101 Abs. 9 S. 2 i.V.m. 105 Abs. 2 UrhG zuständig.
Der Antrag ist auch begründet. Die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG sind gem. § 15 FGG glaubhaft gemacht. Die Antragstellerseite ist aktivlegitimiert, weil sie Inhaberin des Urheberrechts bzw. eines anderen nach dem UrhG geschützten Rechts an dem Werk
„Vom selben Stern“
ist. Durch das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen des geschützten Werks über eine sog. Tauschbörse liegt zudem eine offensichtliche Rechtsverletzung i.S.v. § 19a UrhG vor. Diese Verletzung geschah des weiteren in gewerblichem Ausmaß gem. § 101 Abs. 1 S. 1, 2 UrhG (zu diesem Erfordernis im Rahmen der Drittauskunft vgl. Erwägungsgrund 14 der RiLi 2004/48 EG v. 29.04.2004, Abl. L 195/16 v. 02.06.2004; Referentenentwurf „Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums“ v. 03.01.06, S. 78, zu § 140b PatG nF; Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 16/5048, S. 49 zu der Fassung „im geschäftlichen Verkehr“). Dies ergibt sich vorliegend aus der Schwere der Rechtsverletzung. Zwar erfolgte diese Rechtsverletzung nicht in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu der Veröffentlichung des Musikalbums am 29.06.2007 (vgl. zu diesen Erwägungen auch die Beschlussempfehlung, BT-Drs. 16/8783, S. 57, 63). Die Schwere der Rechtsverletzung folgt jedoch aus dem Umstand, dass das geschützte Werk derzeit nach wie vor zu den meistverkauften Musikalben in Deutschland zu zählen ist (vgl. etwa http://www.anonym1, Stand: 05.09.2008, Platz 9; http://www.anonym2.de, Stand: 05.09.2008, B-Verkaufsrang Nr. 12,). Die Beteiligte ist für die begehrte Auskunft zudem passivlegitimiert gem. § 101 Abs. 2 UrhG. Sie erbringt als sog. Accessprovider in gewerblichem Ausmaß Dienstleistungen, welche für die rechtsverletzende Tätigkeit genutzt wurden. Eine Berechtigung zur Zeugnisverweigerung ist nicht ersichtlich. Weder die Auskunftserteilung noch die hier getroffene Anordnung erscheinen der Kammer als unverhältnismäßig, § 101 Abs. 4 UrhG.
Von der Gewährung vorigen rechtliches Gehörs konnte wegen der gerichtsbekannten Praxis, dass Verbindungsdaten bei der Beteiligten binnen 7 Tagen gelöscht werden und der damit gegebenen Eilbedürftigkeit – auch unter Berücksichtigung der von Amts wegen vorzunehmenden Zustellung – abgesehen werden. Die Zulässigkeit einstweiliger und vorläufiger Anordnungen mit Einschränkungen des Rechts auf Gehör ist im Bereich des FGG über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus anerkannt (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, § 12 Rn. 124, 171 iVm § 19 Rn. 30 m.w.N.). Zudem spricht die Regelung des § 101 Abs. 7 UrhG, welche hinsichtlich des Auskunftsanspruch für den Fall einer offensichtlichen Rechtsverletzung den Erlass einer einstweiligen Verfügung gem. §§ 935 ff. ZPO vorsieht, dafür, dass auch hinsichtlich des vorgeschalteten Rechtsbehelfs von § 101 Abs. 9 UrhG ein solches Eilverfahren zulässig ist. Im Rahmen dieses Verfahrens genügen auch die Mittel der Glaubhaftmachung (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, § 15 Rn. 68 i.V.m. § 12 Rn. 124 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 101 Abs. 9 S. 5 UrhG
Gegenstandswert: 4 x 200,00 € (vgl. § 128c Abs. 1 Nr. 4 KostO)