LG Köln, Urteil v. 20.12.2006, Az. 28 O 468/06
1. Die Veröffentlichung eines Bewerbungsfotos ohne ausdrückliche Einwilligung des Rechteinhabers verstößt gegen § 19a UrhG.
2. Die Vereinbarung über eine „Online“-Nutzung des Fotos umfasst nicht die öffentliche Zugänglichmachung, sondern lediglich das Versenden des Fotos an einzelne Personen.
Zum Sachverhalt:
Die Verfügungsklägerin betreibt das Fotostudio A, der Verfügungsbeklagte ist Rechtsanwalt und IT-Berater. Am 25.8.2006 ließ der Verfügungsbeklagte von der Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin, der Zeugin B., Fotos von sich in dem Fotostudio anfertigen. Was genau zwischen den Parteien vereinbart wurde ist streitig.
Der Verfügungsbeklagte zahlte 44,50 Euro sowie zusätzlich 30,- Euro für eine CD-ROM mit den Fotos. Am 18.9.2006 bemerkte die Zeugin B., dass der Verfügungsbeklagte eines der von ihr gefertigten Fotos auf der lnternetseite … öffentlich zugänglich machte. Nach einer Abmahnung durch das Fotostudio entfernte der Verfügungsbeklagte die Bilder, gab jedoch keine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.
Das Fotostudio ist der Ansicht, einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Nutzung des streitgegenständlichen Fotos gegen den Verfügungsbeklagten zu haben. Der Verfügungsbeklagte habe gegenüber der Zeugin B. die Erstellung eines Bewerbungsfotos in Auftrag gegeben. Von einer anderweitigen Nutzung sei nicht gesprochen worden.
Aus den Gründen:
Die einstweilige Verfügung der Kammer … wird bestätigt. Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund sind nach wie vor glaubhaft gemacht. Die Verfügungskl. hat … glaubhaft gemacht, dass ihr gegen den Verfügungsbekl. ein Verfügungsanspruch in Form eines Unterlassungsanspruchs gem. § 97 UrhG zusteht. Im Einzelnen: Bei dem streitgegenständlichen Foto handelt es sich zumindest um ein urheberrechtlich geschütztes Lichtbild i.S.d. § 72 UrhG. Die Verfügungskl. hat auch glaubhaft gemacht, dass ihr die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Lichtbild zustehen. Das Lichtbild wurde unstreitig von der Zeugin B. hergestellt. Diese ist ausweislich ihrer eidesstattlichen Versicherung im Fotostudio A. als Auszubildende angestellt. …
Als Inhaberin des Fotostudios A. hat die Verfügungskl. die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem von ihrer Auszubildenden i.R.v. deren Ausbildung und Tätigkeit für das Fotostudio A. angefertigten Lichtbild erworben. Gem. § 43 UrhG wird vermutet, dass das Nutzungsrecht an Werken, die in Erfüllung des Arbeitsvertrags geschaffen wurden, dem Arbeitgeber zustehen. Soweit der Verfügungsbekl. Zweifel an der Übertragung der Nutzungsrechte geäußert hat, gehen seine Einwände fehl. Denn eine wirksame Nutzungsrechtsvereinbarung setzt i.R.e. Arbeitsverhältnisses regelmäßig nicht voraus, dass die Nutzungsrechtsübertragung schriftlich vereinbart wird. Abweichend von § 40 UrhG ist i.R.e. bestehenden Arbeitsvertrags im Regelfall eine schriftliche Übertragung der Nutzungsrechte nach vorzugswürdiger h.M. entbehrlich, da der Arbeitnehmer insoweit nicht in dem von § 40 UrhG vorausgesetzten Maße schutzbedürftig ist. Denn er weiß aus dem – seinerseits schriftlich fixierten – Arbeitsvertrag, wozu er aus diesem verpflichtet ist (vgl. Schricker, UrhR, § 43 Rdnr. 44; Dreier/Schulze, UrhG, § 43 Rdnr. 19 m.w.Nw. auch zur Gegenauffassung; Möhring/Nicolini, UrhG, § 43 Rdnr. 8).
Der Verfügungsbekl. hat das streitgegenständliche Lichtbild unstreitig auf seiner Website öffentlich zugänglich gemacht, § 19a UrhG. Dass dem Verfügungsbekl. insoweit ein entsprechendes Nutzungsrecht zur öffentlichen Zugänglichmachung zustand, hat der darlegungs- und beweisbelastete Verfügungsbekl. nicht glaubhaft machen können. Ein solches Nutzungsrecht ergibt sich insb. nicht aus § 60 UrhG. Denn diese Vorschrift berechtigt nicht zur öffentlichen Zugänglichmachung des Lichtbilds (vgl. OLG Köln ZUM 2004, 227 [= MMR 2004, 253]). Sie dient vielmehr dem aus der persönlichen Verbundenheit herrührenden Interesse des Bestellers, die bildliche Darstellung, die auf seine Bestellung entstanden ist, auch selbst vervielfältigen und unentgeltlich an einzelne Dritte weitergeben zu können. Demgegenüber erfasst sie die öffentliche Wiedergabe des Bilds, an der ein derartiges schätzenswertes und ggü. den Nutzungsrechten des Urhebers vorrangiges Erinnerungsinteresse nicht besteht, nicht (OLG Köln ZUM 2004, 227 [= MMR 2004, 253] m.w.Nw.).
Auch eine Einigung mit der Zeugin B. über die Einräumung (auch) des Rechts zur öffentlichen Zugänglichmachung des Lichtbilds hat der Verfügungsbekl. nicht glaubhaft gemacht. Zwar hat er an Eides statt versichert, er habe der Zeugin den Auftrag erteilt, ein digitales Porträtfoto von ihm anzufertigen, um damit online für seine berufliche Tätigkeit zu werben. Auch habe er der Zeugin mitgeteilt, welcher Art seine berufliche Tätigkeit sei. Dies kann jedoch aus Sicht der Kammer nach dem insoweit maßgeblichen Empfängerhorizont bereits nicht mit der für eine Einigung über die Übertragung von Nutzungsrechten erforderlichen Eindeutigkeit dahingehend verstanden werden, der Verfügungsbekl. wolle das Lichtbild nicht nur für Onlinebewerbungen, sondern darüber hinaus für die Präsentation auf seiner Website nutzen, auch wenn der Verfügungsbekl. dies gemeint haben sollte. Es mag insoweit durchaus sein, dass der Verfügungsbekl. davon ausging, die von ihm ggü. der Zeugin B. getätigten Angaben reichten aus, um für die Zeugin erkennbar zu machen, dass er mit dem Lichtbild auf seiner geschäftlichen Website werben wollte. Eine Willenserklärung ist hingegen nicht nach dem subjektiven Willen und dem Horizont des Erklärenden, sondern danach auszulegen, wie sie nach dem objektiven Empfängerhorizont zu verstehen ist, §§ 133, 157 BGB. Nach diesem liegt indes die Auslegung näher, dass der Verfügungsbekl. das Lichtbild für Bewerbungen, auch Onlinebewerbungen, an einzelne Arbeitgeber verwenden wollte, um mittels dieser Bewerbungen seine Beraterdienste anzubieten und sich für Projekte zu bewerben. Letzteres ist von gänzlich anderer Qualität als das öffentliche Zugänglichmachen des Lichtbilds auf der eigenen Website des Verfügungsbekl., mag dieses … in der Branche, in der der Verfügungsbekl. tätig ist, auch üblich sein. Das Wissen hierum ist jedenfalls in der Bevölkerung nicht derart verbreitet, dass ein objektiver Dritter an der Stelle der Zeugin B. die Angaben des Verfügungsbekl. dahingehend verstehen musste, dass eben diese Art der Nutzung geplant war. Die Zeugin B. hat ausweislich ihrer eidesstattlichen Versicherung die Angaben des Verfügungsbekl. auch nicht in dieser Weise verstanden. Insoweit hätte es seitens des Verfügungsbekl. eines expliziten Hinweises auf die geplante Nutzung auf der Website des Verfügungsbekl. bedurft. Dass das öffentliche Zugänglichmachen auf der Website des Verfügungsbekl. explizit thematisiert wurde, lässt sich der eidesstattlichen Versicherung des Verfügungsbekl. bereits nicht entnehmen. Damit ist aber eine Übertragung der Nutzungsrechte für diesen konkreten Zweck nicht glaubhaft gemacht. Gem. der Zweckübertragungslehre ist somit davon auszugehen, dass das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung im Zweifel bei der Verfügungskl. verblieben ist, vgl. auch § 31 Abs. 5 UrhG. […]
Die Zeugin B. hat in ihrer eidesstattlichen Versicherung keineswegs behauptet, dem Verfügungsbekl. seien nur die Rechte für die Nutzung der Bewerbungsfotos für Print-Bewerbungen übertragen worden. Diese Behauptung findet sich in der eidesstaftlichen Versicherung der Zeugin nicht. Aus diesem Grund steht die eidesstattliche Versicherung auch nicht im Widerspruch zu der Bezeichnung der Bilder auf der dem Verfügungsbekl. übersandten CD-ROM. Dort sind zwar Lichtbilder mit einer weniger hohen Auflösung im Namen mit dem Begriff „online“ bezeichnet. Aus dieser Bezeichnung ergibt sich jedoch nicht zwingend die Befugnis zur Nutzung dieser Bilder auf der Website des Verfügungsbekl. Vielmehr können diese auch die für die Onlinebewerbungen bestimmten Bilder bezeichnen. Auch die von dem Verfügungsbekl. hilfsweise herangezogene Konstruktion einer konkludenten Einräumung der Nutzungsrechte durch das Übersenden der CD-ROM überzeugt daher nicht. Ein eindeutiger, auf die Einräumung von Nutzungsrechten für die öffentliche Zugänglichmachung gerichteter Wille der Zeugin B. bzw. der Verfügungskl. lässt sich der Übersendung der CD-ROM nicht entnehmen. Das wäre aber Voraussetzung für eine konkludente Rechtseinräumung (vgl. Wandtke/Bullinger, UrhR, vor §§ 31 ff. Rdnr. 45). …