Telemedicus

LG Frankfurt: Beauftragtenhaftung eines TK-Anbieters für seine Reseller

LG Frankfurt, Urteil v. 17.08.2007, Az. 3-11 O 227/06

1. Ein Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen, wie beispielsweise Preselection-Vorprodukte, haftet für Wettbewerbsverletzungen seiner Reseller. Denn diese agieren regelmäßig als „Beauftragte“ des TK-Dienstleisters im Sinne von § 8 Abs. 2 UWG.

2. Zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit des „Ausspannens von Kunden“ durch Anbieterwechsel.

LANDGERICHT FRANKFURT AM MAIN

Im Namen des Volkes

Urteil

Aktenzeichen:

Verkündet am: 2007-08-17

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen,

im Wettbewerb handelnd

die Telefonanschlüsse von Verbrauchern auf die von C. genutzte Verbindungsnetzbetreiberkennzahl umzustellen und/oder umstellen zu lassen und/oder eine solche Umstellung zu beauftragen und/oder beauftragen zu lassen, wenn die Inhaber des von der Umstellung betroffenen Telefonanschlusses einen solchen Auftrag nicht erteilt oder ihr Einverständnis zu einer solchen Umstellung – sei es ausdrücklich oder konkludent – nicht erklärt haben;

2. an den Kläger 189,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB 25.10.2006 zu bezahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, der gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG umfassend klagebefugt ist, macht einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch sowie einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten gegen die Beklagte geltend.

Die Beklagte, eine Telekommunikationsnetzbetreiberin, stellt dritten Telekommunikationsunternehmen, den Resellern, Netzdienstleistungen als Vorprodukt zur Verfügung, damit diese Endkunden Telefondienstleistungen anbieten können. Dazu wird der Telefonanschluß der Endkunden auf die von der Beklagten genutzte Verbindungsnetzbetreiberkennzahl „01028“ im Wege der Preselection dauerhaft voreingestellt, so dass die Abwicklung des Telefonverkehrs durch den Anschluß der Endkunden an das Telekommunikationsnetz der Beklagten erfolgt. Die Endkundenbeziehung hält der Reseller, der die Telekommunikationsdienstleistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbringt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den von der Beklagten als Anlage B 1 vorgelegten Reseller-Mustervertrag Bezug genommen.

Der Kläger wirft der Beklagten vor, dass der Telefonanschluß einer Vielzahl von Endkunden auf die von der Beklagten genutzte Verbindungsnetzbetreiberkennzahl dauerhaft voreingestellt worden sei bzw. werden sollte, ohne dass die Endkunden einen entsprechenden Auftrag erteilt oder aber ihr Einverständnis hierzu erklärt oder aber auch nur zu erkennen gegeben hätten.

Er hat die Beklagte daher mit Schreiben vom 23.06.2006 und 27.06.2006 (Anlage K 8) abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.

So behauptet der Kläger, die Endkundin H, die – unstreitig – in der Zeit vom 03.01.2006 bis 13.09.2006 insgesamt 11 Mitteilungen der Deutschen Telekom AG (DTAG) erhalten hat (Anlage K 11), wonach ihr Telefonanschluß dauerhaft auf die von der Beklagten genutzte Verbindungsnetzbetreiberkennzahl voreingestellt werden soll, habe zwar – unstreitig – am 12.12.2005 einen Preselectionsauftrag (Anlage B 16) an den Reseller S unterzeichnet, diesen jedoch am 15.12.2006 per Einschreiben/Rückschein (Anlage K 26) gegenüber S widerrufen, so dass zum Zeitpunkt der Umstellungsbeauftragungen kein Vertrag (mehr) vorgelegen habe.

Hinsichtlich der weiteren von dem Kläger vorgetragenen Vorfälle (E, W, Elektro-M, W, W, E, E, L, S, G, K, B, M, R, F, L) wird auf das entsprechende Vorbringen des Klägers in der Klageschrift sowie den Schriftsätzen vom 16.02.2007, 25.05.2007, 08.06.2007, 12.07.2007 sowie 26.07.2007 Bezug genommen.

Der Kläger ist der Ansicht, indem die Beklagte den Telefonanschluß der Kunden dauerhaft auf die von ihr gehaltene Verbindungsnetzbetreiber-kennzahl umstelle, spiegele sie Endkunden wettbewerbswidrig vor, es bestehe eine entsprechende Rechtsgrundlage. Weiterhin erfülle das Vorgehen der Beklagten auch die Merkmale eines unlauteren Ausspannens von Kunden sowie einer gezielten Behinderung.

Die Beklagte handele bei der Weiterleitung der Preselectionsaufträge an die DTAG mit einer entsprechenden Wettbewerbsförderungsabsicht, da sie zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Resellern handele und sie den Resellern das Verbindungsaufkommen in Rechnung stelle.

Die Beklagte hafte als Täter, da sie die elektronische Schnittstelle zur Weiterleitung der Preselection-Auftragsdaten bewußt eingerichtet habe und zumindest in Kauf nehme, dass Daten ohne entsprechenden Auftrag weitergeleitet werden. Sie hafte auch für ein pflichtwidriges Unterlassen aufgrund ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der DTAG sowie aufgrund von Verkehrspflichten, da sie durch die Einrichtung der Schnittstelle die Gefahr begründet habe, dass Aufträge ohne entsprechende Willenserklärung weitergeleitet werden.

Die Beklagte habe auch keinerlei Maßnahmen gegen einen Mißbrauch der Schnittstelle getroffen und überprüfe die weitergeleiteten Daten nicht, so dass sie jedenfalls als Mitstörer hafte.

Der Beklagten sei ferner das Verhalten der Reseller nach § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnen, da ihr das Handeln der Reseller zugute komme und sie aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen mit den Resellern auch eine Einflußmöglichkeit auf diese habe.

Der Kläger beantragt mit der am 25.10.2006 zugestellten Klage,

die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen,

im Wettbewerb handelnd

die Telefonanschlüsse von Verbrauchern auf die von C genutzte Verbindungsnetzbetreiberkennzahl umzustellen und/oder umstellen zu lassen und/oder eine solche Umstellung zu beauftragen und/oder beauftragen zu lassen, wenn die Inhaber des von der Umstellung betroffenen Telefonanschlusses einen solchen Auftrag nicht erteilt oder ihr Einverständnis zu einer solchen Umstellung – sei es ausdrücklich oder konkludent – nicht erklärt haben;

2. an den Kläger 189,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die DTAG, an deren Netz ein Endkunde in der Regel angeschlossen sei, werde im Rahmen eines zwischen allen Netzbetreibern abgestimmten Verfahrens darüber informiert, wenn ein Endkunde eine andere Netzbetreiberkennzahl bei seinem Anschluß hinterlegt haben möchte. Die Reseller teilten der DTAG ausschließlich mittels eines elektronischen Verfahrens zum Austausch der Daten über eine von ihr, der Beklagten, vorgehaltene Schnittstelle die Auftragsdaten für eine neue Preselection mit. Ihre elektronische CoCom-Schnittstelle diene dazu, die Reseller technisch in die Lage zu versetzen, selbst wie ein Telekommunikationsunternehmen zu agieren, ohne über die eigene technische Infrastruktur verfügen. Die CoCom – Schnittstelle sei über eine weitere elektronische Schnittstelle (X.400 Mailbox) an die relevante Infrastruktur der DTAG angeschlossen. Die Reseller übermittelten ihre standardisierten Preselectionsaufträge in das CoCom-System. Sie leite über ihre X.400 Mailbox diese standardisierten Daten an die DTAG weiter. Diese übermittele ihre Antwort vollautomatisch an das CoCom-System, die dort von den Resellern abgefragt und auswertet werden müßten. Im regulären Betrieb sei damit für die Umstellung eines Telefonanschlusses ein Tätigwerden eines ihrer Mitarbeiter nicht erforderlich.

Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen der Beklagten und der DTAG geschlossene Vereinbarung zur elektronischen Übermittlung von Preselection-Auftragsdaten (Anlage B 4) nebst Nebenvereinbarung (Anlage B 5) sowie die Nutzungsbedingungen für die CoCom+-Schittstelle der Beklagten (Anlage B 3) Bezug genommen.

Sie bestreitet, dass sie ohne vorliegende Willenserklärungen der Endkunden eine dauerhafte Voreinstellung auf ihre Netzbetreiberkennzahl vorgenommen habe.

So habe die Endkundin H keinen Widerruf erklärt. Erst mit Schreiben vom 15.10.2006 sei dem Reseller der Widerruf nachträglich übersandt worden. Die Rufnummer sei in ihrem Netz nicht mehr geschaltet.

Der Vorfall werde auch nicht von dem Unterlassungsantrag umfaßt, da ein Auftrag vorlegen habe, es nur streitig sei, ob dieser gekündigt worden sei.

Hinsichtlich der weiteren Vorfälle (E, W, Elektro-M, W, W, E, E, L, S, G, K, B, M, R, F, L) wird auf das Vorbringen der Beklagten in den Schriftsätzen vom 05.01.2007, 27.02.2007, 24.05.2007, 12.06.2007, 13.07.2007 sowie 30.07.2007 verwiesen.

Im übrigen bezögen sich sämtliche von dem Kläger vorgetragenen Vorfälle auf Reseller, die allein für die Vertragsbeziehung mit den Endkunden verantwortlich seien. Da sie lediglich die ihr von den Resellern übermittelten Daten an die DTAG weiterleite, sei sie schon aus tatsächlichen wie aus rechtlichen Gründen für diese Vorfälle nicht verantwortlich.

Ihr Verhalten stelle keine Wettbewerbshandlung dar, da sich ihre Tätigkeit darauf beschränke, eine Schnittstelle bereitzustellen, über die im Rahmen eines automatisierten Vorgangs Auftragsdaten, die sie weder aufgenommen habe noch kenne, an die DTAG weitergeleitet werden. Dabei handele es sich um einen internen Vorgang ohne Außenwirkung, dem auch der erforderliche Marktbezug fehle, da sie nur im Rahmen eines zwischen einem Reseller und einem Endkunde geschlossenen Vertragsverhältnisses tätig werden solle.

Für das Handeln der Reseller hafte sie weder als Täter noch als Störer.

Die Umstellung eines Telefonanschlusses von einem Netz auf das andere sei ein rein technischer Vorgang, der keine Wettbewerbsverletzung begründen könne. Aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Unabhängigkeit der Reseller könnten nur diese, die die Endkundenbeziehung halten, Täter sein.

Sie hafte auch nicht als Störer, da sie lediglich eine elektronische Schnittstelle zur erleichterten Abwicklung des Preselectionsverfahrens vorhalte und keine zumutbaren Prüfungspflichten verletze. Sie habe die Reseller vertraglich zu einem vertragskonformen Verhalten angewiesen; als durchleitendes Unternehmen habe sie keinen Kundenkontakt und keine Überprüfungsmöglichkeiten. Aufgrund der hohen Anzahl von Preselectionsaufträgen sei eine Prüfung auch faktisch nicht möglich.

Sie hafte für das Verhalten der Reseller auch nicht nach § 8 Abs. 2 UWG, da sie keinen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluß auf die Reseller habe, die selbständig agierende Unternehmen seien und den Verbindungsnetzbetreiber jederzeit wechseln könnten. Sie profitiere auch nicht von möglichst vielen Verträgen, sondern von einem hohen Verbindungsaufkommen.

Der geltend gemachte Zahlungsanspruch scheitere schon daran, dass sie für die angebliche Wettbewerbsverletzung nicht verantwortlich sei.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG zu, da jedenfalls der Telefonanschluß der Endkundin Hornig ohne eine entsprechende Willenserklärung dieser Endkundin auf die von der Beklagten genutzte Verbindungsnetzbetreiberkennzahl dauerhaft voreingestellt wurde bzw. werden sollte und die Beklagte sich das Handeln des dafür verantwortlichen Resellers gemäß § 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen muß.

Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG umfassend berechtigt, Unterlassungsansprüche gemäß § 8 Abs. 1 UWG geltend zu machen.

Es ist daher unerheblich, ob es der DTAG – wie die Beklagte meint – aufgrund der zwischen der DTAG und der Beklagten bestehenden vertraglichen Vereinbarung bezüglich der fehlerhaften Übermittlung von Preselection-Auftragsdaten verwehrt wäre, ein wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten zu rügen.

Nach dem Parteivortrag steht fest, dass die Endkundin H am 12.12.2005 einen Preselectionsauftrag an den Reseller S unterzeichnet hat, diesen jedoch bereits mit Schreiben vom 15.12.2005, zugegangen am 19.12.2005, gegenüber … widerrufen hat. Aus dem von dem Kläger als Anlage K 26 in Kopie vorgelegten Widerrufsschreiben der Endkundin H an S sowie dem ebenfalls als Anlage K 26 in Kopie vorgelegten Rückschein ergibt sich, dass das Widerrufsschreiben dem Reseller S am 19.12.2005 zugegangen ist. Damit hat ab dem 19.12.2005 keine Willenserklärung der Endkundin H mehr vorgelegen, die den Reseller S berechtigt hätte, Preselection-Auftragsdaten der Endkundin H an die Beklagte zur Weiterleitung an die DTAG zu übermitteln, um eine Umstellung des Telefonanschlusses der Endkundin H f die von der Beklagten genutzte Verbindungsnetzbetreiberkennzahl zu bewirken. Ausweislich der von dem Kläger als Anlage K 11 vorgelegten Auftragsbestätigungen der DTAG sollte jedoch auch nach diesem Zeitpunkt noch der Telefonanschluß der Endkundin Hornig auf die Beklagte als Verbindungsnetzbetreiber umgestellt werden und zwar aufgrund von 11 Aufträgen, die die Endkundin H der Zeit vom 03.01.2006 bis zum 13.09.2006 erteilt haben soll. Die Beklagte hat nicht bestritten, dass den Auftragsbestätigungen der DTAG jeweils eine Übermittlung von Preselection-Auftragsdaten zugrunde gelegen hat, die von ihr an die DTAG weitergeleitet worden waren.

Die Übermittlung von Preselection-Auftragsdaten an die DTAG zur Umstellung von Telefonanschlüssen auf die von der Beklagten genutzte Verbindungsnetzbetreiberkennzahl, ohne dass dem ein entsprechender Auftrag eines Endkunden zugrunde liegt, stellt zweifellos eine unlautere Wettbewerbshandlung gemäß § 3 UWG dar, da dadurch der Endkunde ohne eine entsprechende Willenserklärung seinem bisherigen Verbindungsnetzbetreiber ausgespannt wird.

Die Beklagte, nach deren Vortrag die von ihr über ihre X. 400 Mailbox an die DTAG weitergeleiteten Daten für die Umstellungen des Telefonanschlusses der Endkundin H von dem Reseller S in das CoCom-System eingegeben wurden, hat sich das wettbewerbswidrige Verhalten ihres Resellers nach § 8 Abs. 2 UWG zurechnen zu lassen, da dieser als Beauftragter der Beklagten im Sinne von § 8 Abs. 2 UWG anzusehen ist.

Nach dem Normzweck des § 8 Abs. 2 UWG, den Unternehmensinhaber für Wettbewerbsverstöße haften zu lassen, die ihm zugute kommen und aus seiner Risikosphäre stammen, ist der Begriff weit auszulegen. Er erfaßt alle Personen, deren Tätigkeit zumindest auch dem Unternehmen in irgendeiner Weise nutzt und auf die der Unternehmensinhaber in irgendeiner Form dahingehend einen bestimmenden Einfluß ausüben kann, dass er das Risiko weiterer Rechtsverstöße verringern kann (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 8 Rn. 2.41). Es muß daher weder eine enge Einbindung in die Unternehmensorganisation noch ein besonderer Grad an Weisungsabhängigkeit gegeben sein. Ferner kommen auch selbstständige Unternehmer als Beauftragte in Betracht.

Vorliegend kommt die Tätigkeit der Reseller der Beklagten unmittelbar zugute, da die Akquise von Preselectionskunden durch die Reseller es der Beklagten ermöglicht, ihre Telekommunikationsdienstleistungen gegenüber den Kunden der Reseller zu erbringen und für die von den Endkunden in Anspruch genommenen Leistungen von den Resellern gemäß Ziff. 6.1 des Reseller-Mustervertrages die im einzelnen festgelegten Preise zu fordern.

Die Reseller sind gemäß den Regelungen in dem Reseller-Mustervertrag und den Nutzungsbedingungen für die CoCom+-Schnittstelle auch in die geschäftliche Organisationen der Beklagten – bezogen auf den Vertrieb ihrer Telekommunikationsdienstleistungen – eingegliedert. Die Beklagte kann über diese Regelungen ferner den erforderlichen bestimmenden Einfluß auf die Nutzung der Schnittstelle durch die Reseller und deren Datenübermittlung ausüben und damit das Risiko der Übermittlung von Auftragsdaten ohne Vorliegen eines entsprechenden Auftrags verringern. So macht die Beklagte unter Ziff. 2.3 und 2.4 der Nutzungsbedingungen für die CoCom+-Schnittstelle den Resellern Vorgaben hinsichtlich des Vorliegen eine Auftrags und behält sich unter Ziff. 3.4 das Recht vor, das Vorliegen eines Auftrags stichprobenweise zu kontrollieren. Dass der Reseller gegenüber dem Endkunden als selbständiger Unternehmer auftritt und die Möglichkeit hat, den Verbindungsnetzbetreiber zu wählen ist unerheblich. Solange der Reseller seine Preselectionskunden auf die Beklagte als Verbindungsnetzbetreiber umstellen läßt, kommt dies der Beklagten zugute und unterliegt der Reseller auch dem bestimmenden Einfluß der Beklagten.

Damit hat die Beklagte für das Handeln ihrer Reseller gemäß § 8 Abs. 2 UWG einzustehen. Es ist daher unerheblich, ob auch eine Haftung der Beklagten als Mitstörer oder wegen Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht in Betracht kommt.

Sofern die Übermittlung der Preselection-Auftragsdaten an die DTAG im Fall der Endkundin H – entgegen dem Vortrag der Beklagten – unmittelbar durch sie veranlaßt worden sein sollte, würde die Beklagte für die wettbewerbswidrige Übermittlung unmittelbar als Verletzer haften.

Die Übermittlung der Preselection-Auftragsdaten der Endkundin H an die DTAG zur Umstellung ihres Telefonanschlusses auf die von der Beklagten genutzte Verbindungsnetzbetreiberkennzahl wird von dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch erfaßt, da zum Zeitpunkt der beauftragten Umstellungen von der Endkundin H kein derartiger Auftrag erteilt worden war und damit den beauftragten Umstellungen keine entsprechende Willenserklärung zugrunde gelegen hat.

Die vorliegende Verletzungshandlung rechtfertigt den von dem Kläger gestellten Unterlassungsantrag. Da sich der Unterlassungsantrag nicht auf die konkrete Verletzungshandlung beschränken muß, sondern auch eine Verallgemeinerung enthalten darf, sofern in dieser der Kern der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt, sind die in dem Antrag enthaltenen Handlungsalternativen nicht zu beanstanden. Sämtliche Handlungsalternativen erfordern, dass die Umstellung eines Telefonanschlusses veranlaßt wird, ohne dass dieser Umstellung eine entsprechende Willenserklärung des betroffenen Verbrauchers zugrunde liegt.

Damit ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch begründet.

Dem Kläger steht auch der geltend gemachte Zahlungsanspruch zu, da die Abmahnungen vom 23.06.2006 und 27.06.2007 berechtigt waren und er daher gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG von der Beklagten den Ersatz der für die Abmahnung erforderlichen Aufwendungen verlangen kann.

Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB.

Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Via http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/jportal/portal/t/s15/page/bslaredaprod.psml?&doc.id=KORE731492007%3Ajuris-r01&showdoccase=1&doc.part=L

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