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LG Berlin: Veröffentlichung professioneller Portraitfotos

LG Berlin, Urteil v. 20.11.2007, Az. 27 O 811/07

1. Die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast hinsichtlich einer Einwilligung in die Veröffentlichung professioneller Portraitfotos zu Werbezwecken und deren genauen Inhalt tägt der Fotograf.

2. Der Umstand, dass Fotos mit großem Aufwand in professionellem Rahmen erstellt wurden, ohne dass der Abgebildete dafür bezahlen musste, ist nicht ausreichend, um eine konkludente Einwilligung des Abgebildeten in die Verbreitung der so entstandenen Fotos anzunehmen.

LANDGERICHT BERLIN

Im Namen des Volkes

Urteil

Aktenzeichen: 27 O 811/07

Verkündet am: 2007-11-20

In dem Rechtsstreit

[…]

hat die Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin in Berlin-Charlottenburg, Tegeler Weg 17-21, 10589 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 20.11.2007 […] für Recht erkannt:

1. Das Versäumnisurteil vom 18. Oktober 2007 wird aufrechterhalten.

2. Die weiteren Kosten des Verfahrens tragen die Antragsgegnerinnen zu je einem Drittel.

Tatbestand:

Die Antragstellerin macht einen bildrechtlichen Unterlassungsanspruch im einstweiligen Rechtsschutz gegen die Antragsgegner geltend.

Sie ließ am 22. Mai 2006 von den Antragsgegnern, die ein Fotostudio betreiben, Fotos von sich machen. Für diese Fotos hatte ihr Lebensgefährte zunächst 3.098 EUR bezahlt. Während des sechsstündigen Shootings, zu dem sie von ihrer Freundin X begleitet wurde, bot ihr die Antragsgegnerin eine „Serviceaufstockung“ an, für die sie am selben Tag 2.000 EUR bezahlte. Von dem Kauf eines auf der Rechnung außerdem vermerkten Fotoalbums für 598 EUR trat sie zurück. Der Preis wurde später mit zusätzlich bestellten Abzügen verrechnet. Insgesamt wurden am 22. Mai 2006 von ihr 470 Fotos gemacht.

Während der Auswahl der Bilder am folgenden Tag zeigte die Antragsgegnerin zu 3) der Antragstellerin zwei Bilder, die sie gern während der Fußballweltmeisterschaft ins Schaufenster hängen wollte. Dem stimmte die Antragstellerin zu. An diesem Tag suchte die Antragstellerin 12 Fotos aus, die im Preis des Shootings von 5.098 EUR enthalten waren. Für weitere 68 von ihr ausgesuchte Abzüge wurden ihr 3.015 EUR berechnet.

Als die Antragstellerin einige Tage später ihre Fotos abholte, unterzeichnete sie eine Vereinbarung, wonach sie sich mit einer Ausstellung ihrer Bilder im Schaufenster einverstanden erklärte. Ein Duplikat der Vereinbarung erhielt sie nicht.

Anfang Februar 2007 rief die Antragsgegnerin zu 2) die Antragstellerin an und fragte, ob sie Lust habe, bei erneuten Aufnahmen mitzuwirken, womit sich die Antragstellerin letztlich einverstanden erklärte, nachdem geklärt war, dass die Antragstellerin dafür nichts bezahlen musste. Streitig sind zwischen den Parteien allerdings die näheren Absprachen zu diesem zweiten Fotoshooting. Es wurde als Termin zunächst der 10. Februar 2007 vereinbart, den die Antragstellerin aber absagte, so dass man sich am 17. Februar 2007 traf. Für das Shooting wurde die Antragstellerin ab 14 Uhr von einer Visagistin geschminkt, die währen der gesamten Aufnahmezeit anwesend war und sie nach- und umschminkte und sie frisierte. Eine zweite Visagistin half beim Auftragen der Körperschminke. Es wurden dann wie schon beim ersten Shooting überwiegend erotische Bilder gefertigt.

Von den Fotos aus der zweiten Serie sind sieben auf der Internetseite der Antragsgegnerinnen zu Werbezwecken veröffentlicht, ein großer Abzug steht im Schaufenster des Fotosstudios der Antragsgegnerinnen. und eines ist im Rahmen einer Werbung für das Fotostudio im Flugmagazin von „Z“ verwendet worden.

Die Antragstellerin sieht sich durch die Werbung in der „Z“-Zeitschrift und die Ausstellung der antragsgegenständlichen Fotos aus der zweiten Serie in ihren
Persönlichkeitsrechten verletzt. Sie behauptet unter Berufung auf ihre eidesstattliche Versicherung sowie die von Frau Y (Anlagen Ast 2, 5 und 3), bei dem Anruf von Anfang Februar 2007 habe die Antragsgegnerin zu 2) ihr gesagt, Zweck der neuen Aufnahmen sei, eine neue Beleuchtungstechnik auszuprobieren. Zu keinem Zeitpunkt vor, während oder nach den Aufnahmen sei davon die Rede gewesen, dass die Fotos werblich genutzt werden sollten. Die Antragsgegnerin habe ihr vielmehr versichert, dass die Fotos lediglich dazu genutzt werden sollten, um vor anderen Fachkollegen anzugeben. Sie habe für die Aufnahmen auch nichts, weder Geld noch Bilder, erhalten. Eine Einwilligung in die Verbreitung der Bilder habe sie nicht erteilt.

Die Antragstellerin hat am 30. August 2007 eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der den Antragsgegnerinnen unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt worden ist, die nachfolgend wiedergegebenen Bilder der Antragstellerin zu verbreiten:

(Abbildungen)

Gegen diese den Antragsgegnerinnen zwecks Vollziehung zugestellte einstweilige Verfügung richtet sich ihr Widerspruch.

Sie machen unter Berufung auf die eidesstattliche Versicherung der Antragsgegnerin zu 2) (BI. 35 d. A) geltend:

Bereits beim ersten Gespräch über das zweite Shooting habe die Antragsgegnerin zu 2) wörtlich gesagt: „Sie werden unsere neue Werbebotschafterin.“ Damit sei, was die Antragstellerin aufgrund häufiger zwischenzeitlicher Besuche im Fotostudio auch gewusst habe, gemeint gewesen, dass die in den vergangenen 10 Jahren für die Werbung des Studios verwendeten Fotos eines bestimmten Models durch Fotos von der Antragstellerin ausgetauscht werden sollten. Die Antragstellerin sei hiervon begeistert gewesen und habe begonnen, darüber zu diskutieren, was sie für einen Erfolg dieses Vorhabens selbst beisteuern könne. Sie, die Antragsgegnerin zu 2), habe der Antragstellerin die sogenannte „große Fotoserie“ ihres Studios im Wert von 15.000 EUR sowie darüber hinaus weitere Bilder im Wert von 498 EUR als Gegenleistung angeboten. Diese Gegenleistung habe die Antragstellerin akzeptiert und entgegengenommen. Es sei angesichts des Aufwands für die Bilder völlig klar gewesen, dass diese nicht gefertigt worden s,eien, um sie unter Kollegen zu zeigen. Die anwesende Visagistin und ihre, der Antragsgegnerin zu 2), Assistentin hätten mit angehört, dass sie, die Antragsgegnerin zu 2), und die Antragstellerin sich über die Veröffentlichung der Bilder unterhalten hätten. Da sich die eidesstattlichen Versicherungen der Parteien widersprächen, sei für eine Entscheidung im Eilverfahren kein Raum. Den durch eidesstattliche Versicherungen von den Parteien glaubhaft gemachten Tatsachen sei vom Gericht das gleiche Gewicht beizumessen.

Das Gericht hat am 18. Oktober 2007 ein Versäumnisurteil erlassen, mit dem die einstweilige Verfügung vom 30. August 2007 bestätigt worden is!. Das Urteil ist den Antragsgegnerinnen am 26. Oktober 2007 zugestellt worden. Ihr Einspruch ist am selben Tag bei Gericht eingegangen.

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

das Versäumnisurteil vom 18. Oktober 2007 sowie die einstweilige Vertugung vom 30. August 2007 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zuruckzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

das Versäumnisurteil vom 18. Oktober 2007 aufrechtzuerhalten.

Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 18. Oktober 2007 war gemäß § 341 ZPO statthaft und ist form- und fristgerecht gemäß § 339 Abs. 1 ZPO eingelegt worden. In der Sache hat er jedoch keinen Erfolg.

Die einstweilige Verfügung war nämlich zu bestätigen. weil sie zu Recht ergangen ist (§§ 935, 936 ZPO).

Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1 und 2 i. V. m. 1004 Abs, 1 S. 2 analog BGB, 22 f. KUG, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu. Voraussetzung einer zulässigen Veröffentlichung und Verbreitung der verfahrengsgegenständlichen Bildnisse von der Antragstellerin ist, dass diese in deren Verbreitung eingewilligt hat (§ 22 S, 1 KUG). Dies ist zwischen den Parteien streitig, da die Antragstellerin geltend macht. Ihr sei stets gesagt worden, die Fotos sollten nur intern gegenüber anderen Kollegen präsentiert werden, während die Antragsgegnerinnen behaupten, der Antragstellerin sei unmissverständlich mitgeteilt worden, dass die Fotos zu Werbezwecken angefertigt worden.

Die Darlegungs- und Glaubhaftmachunglast hinsichtlich der Erteilung der Einwilligung tragen die Antragsgegnerinnen. Beide Parteien haben, um ihre Behauptungen zu stützen, sich widersprechende eidesstattliche Versicherungen eingereicht. Dafür, dass eine der eingereichten eidesstattlichen Versicherungen von vornherein unglaubhaft wäre, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Allerdings fällt bei der von der Antragsgegnerin zu 2) abgegebenen Versicherung auf, dass diese kaum eigene Angaben zum Ablauf des Fotoshootings enthält, sondern lediglich auf die Ausführungen ihres Verfahrensbevollmächtigten Bezug nimmt, was den Glaubhaftmachungswert der eidesstattlichen Versicherung bereits deutlich einschränkt (BGH NJW 1988, 2045). Auch hinsichtlich der behaupteten Absprachen zum Zweck der Bilder heißt es lediglich, dass sie der Antragstellerin gesagt habe, sie solle die neue Werbebotschafterin oder das Maskottchen des Fotostudios werden. Dazu, wann und bei welcher Gelegenheit dies stattgefunden haben soll, sind in der eidesstattlichen Versicherung keine eigenen Angaben enthalten, so dass der Glaubhaftmachungswert dieser Versicherung noch weiter eingeschränkt ist.

Schon aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass keine Einwilligung der Antragstellerin in die werbliche Verwendung ihrer beim zweiten Shooting angefertigten Fotos vorliegt.

Soweit Sich die Antragsgegnerinnen darauf berufen, dass der erhebliche Aufwand für die Fertigung sicherlich nicht betrieben worden wäre, wenn es lediglich darum gegangen wäre, die Fotos im Kollegenkreis zu zeigen, erscheint dies zwar plausibel, ersetzt aber nicht den konkreten Vortrag zu einer Einwilligung. Insbesondere lässt sich daraus keine konkludente, aus den Umständen ergebende Einwilligung ableiten.

Von einer Einwilligung ist auch nicht etwa nach Zweifelsregelung des § 22 S. 2 KUG auszugehen. Danach gilt eine Einwilligung zwar im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete für die Abbildung eine Entlohnung erhielt. Es ist aber gerade streitig, ob die Antragstellerin tatsächlich eine Vergütung oder geldwerte Leistung erhielt. Die Antragsgegnerinnen behaupten dies zwar und berufen sich auch insoweit auf die eidesstattliche Versicherung der Antragsgegnerin zu 2). Diese Frage ist allerdings streitig, und die Antragsgegnerinnen sind auch insofern darlegungs- und glaubhaftmachungsbelastet. Auffällig ist, dass weder der eidesstattlichen Versicherung noch dem sonstigen Vorbringen der Antragsgegnerinnen zu entnehmen ist, wann die Gegenleistung in Form der Fotoabzüge übergeben worden sein soll. Auch eine Quittung können die Antragsgegnerinnen nicht vorlegen.

Schließlich spricht für das Ergebnis, davon auszugehen, dass keine Einwilligung erteilt worden ist, ohne dass es darauf nach Vorgesagtem noch entscheidend ankäme, auch der Umstand,dass es keinerlei schriftliche Vereinbarung über die Nutzung der Fotos aus der zweiten Serie gibt. Unstreitig ist, dass hinsichtlich der ersten Serie eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Parteien darüber geschlossen wurde, dass Fotos zur Ausstellung im Fotostudio während der Fußballweltmeisterschaft gezeigt werden dürften, wenn die Einzelheiten dieser Vereinbarung auch weder vorgetragen sind noch eine Ablichtung dieser Vereinbarung zu den Akten gereicht wurde. Dann hätte es aber sehr nahe gelegen, auch hinsichtlich der wirtschaftlich für das Studio nicht, unbedeutenden geplanten Werbung über mehrere Jahre mit den Fotos der Antragstellerin auch insofern eine Vereinbarung zu schließen. Zu der Frage, weshalb dies nicht geschehen ist, bringen die Antragsgegnerinnen nichts vor.

Das Gericht ist auch nicht etwa gehindert, die eidesstattlichen Versicherungen, die von den Parteien vorgelegt werden, zu würdigen, wie die Antragsgegnerinnen meinen (vgl. den insoweit hinsichtlich von Glaubhaftmachungen analog geltenden § 286 ZPO).

Die Wiederholungsgefahr ist aufgrund der bereits erfolgten Rechtsverletzung zu vermuten und hätte nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden können (BGH NJW 1994,1281), an der es fehlt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

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