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LG Berlin: Keine Störerhaftung bei gelöschtem Suchergebnis

LG Berlin, Urteil v. 20.04.2007, Az. 27 O 1131/08

1. Gegen einen Suchmaschinenbetreiber kann kein Unterlassungsanspruch durchgesetzt werden, wenn er eine rechtswidrige Internetseite indiziert hat und zu einem früheren Zeitpunkt als „Snippets“ auszugsweise zugänglich macht hat, die im Original nicht mehr exisiert. Denn in diesem Fall besteht keine Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr, da es dem Suchmaschinenbetreiber objektiv unmöglich ist, die beanstandete Internetseite wieder in den Index aufzunehmen. Die bloße Möglichkeit, dass die Original-Seite wieder ins Netz gestellt werden könnte, reicht für eine Erstbegehungsgefahr nicht aus.

2. Der Admin-C einer Domain haftet auch dann nicht für Rechtsverletzungen, die über die Domain abrufbar sind, wenn er als „Ansprechpartner des örtlichen Büros“ angegeben ist.

LANDGERICHT BERLIN

Im Namen des Volkes

Urteil

Aktenzeichen: 27 O 1131/08

Verkündet am: 07.04.2009

In dem Rechtsstreit

[…]

hat die Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin in Berlin-Charlottenburg, Tegeler Weg 17-21, 10589 Berlin auf die mündliche Verhandlung vom 24.02.2009 mit Schriftsatzfrist für die Beklagten bis zum 17.03.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht […] den Richter am Landgericht von […] und die Richterin am Amtsgericht Dr. […] für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit hat die Hauptklage zum vorangegangenen Verfügungsverfahren 27 O 475/08 gleichen Rubrums zum Gegenstand.

Die Kläger wenden sich gegen die Veröffentlichung eines Suchergebnisses auf der Internetseite www.google.de.

Der Kläger zu 1) ist Kaufmann, die Klägerin zu 2) ist dessen Ehefrau. Die Beklagte zu 1) ist Betreiberin der Suchmaschine Google, die Funktion der Beklagten zu 2) ist zwischen den Parteien streitig. Letztere wird im Internet von der Beklagten zu 1) unter dem Hinweis „So nehmen Sie Kontakt mit unserem örtlichen Büro auf:…“ unter Angabe ihrer Adresse benannt. Die Mitarbeiterin L. T. der Beklagten zu 2) ist von der Beklagten zu 1) bei der […] als administrative Ansprechpartnerin benannt.

Bei Eingabe des Namens „rolf michael […]“ am 19. Mai 2008 in die Suchmaschine Google erschienen auf der ersten Seite folgende Ergebnisse:

(Abbildung einer Google-Ergebnisseite)

Teil des unter der Überschrift […] Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft mitgeteilten Suchergebnisses war ein Hyperlink, bei dessen Anklicken man zu folgendem Beitrag über die Kläger gelangte:

(Abbildung einer Internetseite)

Der Artikel war von […] im Jahr 2004 auf eine Abmahnung des Klägers aus dem Netz genommen worden. Auch die Beklagte zu 1) hatte auf die Beanstandung der Kläger hin Seiten, auf denen der identische Artikel veröffentlicht war, aus ihren Suchergebnissen entfernt (Anlage K 4).

Nachdem die Kläger im März 2008 davon Kenntnis erlangt hatten, dass bei Angabe des Namens „Dr. […]“ in der Suchmaschine an siebter Stelle unter der Überschrift […] Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft erneut auf den Beitrag aus dem Jahre 2003 verwiesen wurde, ließen sie die Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 28. März 2008 unter Beifügung eines Screenshots mit den Suchergebnissen auffordern, sicher zu stellen, dass die betreffende Stelle nicht länger durch die Suchmaschine ausgewiesen werde. Zur Begründung wiesen die Anwälte u. a. darauf hin, dass die Kläger keine Personen der Zeitgeschichte seien, dass über den Kläger allenfalls aus aktuellem Anlass berichtet werden dürfe, die Vorgänge aber teilweise bis zu 20 Jahre zurück lägen und heute ohne Bedeutung seien und dass in dem Beitrag teilweise diffamierende, ehrenrührige und auch falsche Tatsachenbehauptungen enthalten seien. Die Mitarbeiterin T der Beklagten zu 2) lehnte – „vermittelnd für die Google Inc.“ – die Entfernung unter Hinweis auf den nicht nachprüfbaren Wahrheitsgehalt der in dem verlinkten Artikel aufgestellten Tatsachenbehauptungen ab. Mit Anwalts-E-Mail vom 29. April 2008 wiesen die Kläger nochmals darauf hin, dass es auf die Wahrheit oder Unwahrheit gar nicht ankomme, weil über die Kläger schon mangels zeitgeschichtlichem Anlass nicht berichtet werden dürfe. Ihrer nochmaligen Aufforderung zur Löschung kamen die Beklagten nicht nach. […] hat den Artikel nach einer Abmahnung der Kläger aus dem Netz genommen.

Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagten seien zur Löschung des streitgegenständlichen Suchergebnisses und des Hyperlinks verpflichtet gewesen, und machen geltend:

Die Beklagte zu 2) sei eine deutsche Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1) und verantwortlich für die deutsche Internetseite www.google.de. Letzteres ergebe sich bereits aus den Stellenausschreibungen der Beklagten zu 2) (Anlagenkonvolut K 14) und dem Umstand, dass die Mitarbeiterin T der Beklagten zu 2) die auch an die Beklagte zu 1) gerichtete Abmahnung bearbeitet habe. Dies ergebe nur dann Sinn, wenn die Beklagte zu 2) auch in der Lage sei, Einfluss auf das Internetangebot und die Suchergebnisse der Beklagten zu 1) zu nehmen. Entsprechendes ergebe sich aus dem ursprünglich eingetragenen Geschäftsgegenstand der Beklagten zu 2), „Bereitstellung von Suchfunktionen im Internet sowie die Bereitstellung anderer Internetdienste und elektronischer Dienste“. Die Beklagten hätten nach Änderung des Geschäftsgegenstands der Beklagten zu 2) im Mai 2005 lediglich ihre Außendarstellung geändert, um sich einer Haftung in Deutschland möglichst weitgehend zu entziehen. Sie bildeten weiter durch den gemeinsamen Betrieb der Suchmaschine eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und hafteten gemeinsam als Störer, und zwar gleichrangig neben dem Anbieter der Information, zumal der beanstandete Artikel im Cache-Speicher von Google abgelegt wurde.

Die Berichterstattung über sie, die Kläger, dürfe nicht veröffentlicht werden, da hierin Informationen über den Kläger zu 1) enthalten seien, die sich geschäftsschädigend auswirkten, unrichtig seien und zudem viele Jahre zurücklägen, so dass über sie nicht mehr berichtet werden dürfe. Sie seien keine Personen der Zeitgeschichte und würden durch die Anzeige des Suchergebnisses und der Verlinkung in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt, da bereits die ursprüngliche Veröffentlichung nicht rechtmäßig gewesen sei. Details über seinen, des Klägers zu 1), beruflichen Werdegang und seine Vita dürften allenfalls aus aktuellem Anlass veröffentlicht werden, der jedoch nicht vorliege. Über seine strafrechtliche Verurteilung hätte schon gar nicht mehr berichtet werden dürfen, zumal die Strafe bei Verfassen des Artikels im Jahre 1998 schon seit fünf Jahren erlassen worden war. Die Beklagten hätten jedenfalls gegen ihre Pflicht verstoßen, den Inhalt der verlinkten Seite zu prüfen und die Verlinkung zu löschen.

Die Kläger beantragen,

die Beklagten unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

auf der Internetseite www.gooqle.de folgendes Suchergebnis zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen:

„[…] Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Alle drei wurden sie von dem Kölner Unternehmer Dr. […] aufgekauft, mit ernsthaften Folgen für die Belegschaften…
x.de/[…] – 9k – Im Cache – Ähnliche Seiten“

und /oder

einen Hyperlink auf die hinter diesem Suchergebnis stehende Internetseite zu setzen,

hilfsweise,

die Beklagten unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

auf der Internetseite www.google.de folgendes Suchergebnis zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen:

„[…] Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Alle drei wurden sie von dem Kölner Unternehmer Dr. […] aufgekauft, mit ernsthaften Folgen für die Belegschaften…
y.ag/[…] – 9k – Im Cache – änliche Seiten“

und /oder

einen Hyperlink auf die hinter diesem Suchergebnis stehende Internetseite zu setzen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie halten die Klage für unzulässig, da die Kläger keine konkrete URL angegeben hätten, auf die sich das Unterlassungsgebot erstrecken solle.

Die Beklagte 2) bestreitet ihre Passivlegitimation, da sie keinen Einfluss auf den Betrieb und die Gestaltung der Dienste unter google.de habe, sondern nur mit Verkauf und Vermarktung der Onlinewerbung betraut sei. Ihr sei es weder rechtlich noch technisch möglich, auf Art und Umfang der Suchdienste Einfluss zu nehmen.

Die Beklagten behaupten, durch die Entfernung des Inhalts durch […] sei eine künftige Verlinkung auf den Artikel nicht mehr möglich, da selbst ein neu gesetzter Link mangels vorgehaltenen Inhalts ins Leere ginge. Zudem hätten sich die Kläger gegen zwei verschiedene Links gewandt, von denen lediglich einer (y.ag) ihr, der Beklagten zu 1), zur Kenntnis gelangt sei. Der andere Hyperlink (x.de) sei bereits unmittelbar nach Kenntnisnahme durch Zustellung der einstweiligen Verfügung gesperrt worden. Sie, die Beklagte zu 1), habe zudem sämtliche Suchergebnisse höchst vorsorglich gesperrt. Damit fehle es jedenfalls an der Erstbegehungsgefahr; eine Wiederholungsgefahr habe nie vorgelegen.

Sie seien nicht zur permanenten Untersuchung von Rechtsverletzungen auf ihnen nicht zur Kenntnis gebrachten Seiten verpflichtet. Zudem erfasse der Klageantrag auch rechtmäßige Handlungen, nämlich das Setzen von Hyperlinks auf bestimmte Seiten unabhängig davon, welche Inhalte sich unter den dort abrufbaren Seiten befänden. Auch hätten die Kläger ausdrücklich erklärt, den isolierten Inhalt des wiedergegebenen Snippets nicht anzugreifen, der jedoch im Klageantrag enthalten sei. Sie seien zudem nicht als Störer anzusehen, da eine offenkundige Verletzung etwaiger Rechte der Kläger nicht vorgelegen habe. Es gehe in dem Artikel um die Darstellung eines Gesamtbildes der Verhaltens- und Handlungsmuster des Klägers zu 1), das sich aus aktuellen und zurückliegenden Ereignissen zusammensetze. Über die Klägerin zu 2) werde nur im Zusammenhang mit ihrer geschäftlichen Tätigkeit berichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:
I.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Klageantrag hinreichend bestimmt i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Im Hinblick auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss ein Unterlassungsantrag – und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – so deutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umrissen sind, sich der Beklagte umfassend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was ihm verboten ist, nicht im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (BGH NJW 2005, 2550, 2551; NJW 2003, 3046, 3047; WRP 1992, 560, 561). Bei der Formulierung eines Unterlassungsantrages sind im Interesse eines hinreichenden Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen zulässig, weil eine Verletzungshandlung die Vermutung der Begehungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform begründet, sondern auch für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen (BGH NJW 2000,2195,2196), wobei auch in der verallgemeinerten Form des Antrages das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommen muss (BGH WRP 2000, 1258, 1260). Dabei kann zur Konkretisierung eines begehrten Verbotes eine Auslegung des Antragsinhalts unter Heranziehung des Sachvortrages des Antragstellers erfolgen (BGH NJW 1995, 3187, 3188). Gleichermaßen ergibt sich dies aus Tatbestand und Entscheidungsgründen des Urteils, welche bei der Auslegung des Tenors für die Prüfung der Frage, ob der Urteilsausspruch den Inhalt und Umfang eines Verbotes hinreichend bestimmt erkennen lässt, als ebenso maßgebend mit heranzuziehen sind (BGH GRUR 1987,172, 174).

Nach diesen Grundsätzen bestehen an der Bestimmtheit des Antrags keine Zweifel. Den Klägern geht es allein um die Entfernung eines bestimmten Suchergebnisses, das durch die Eingabe des Namens des Klägers zu 1) generiert wird und das auf den beanstandeten […]-Artikel verweist. Auf die Angabe einer konkreten URL, die sich später möglicherweise ändert, oder deren Löschung kommt es insoweit nicht an. Die Kläger haben weiter hinreichend klargestellt, dass der Snippet nicht in Bezug auf seinen Inhalt untersagt werden soll, sondern dass es ihnen nur um den Snippet als konkrete Art der Verlinkung ging. Der Umfang des Unterlassungsausspruchs ist daher ohne weiteres unter Einbeziehung Schriftsätze der Kläger zu ermitteln. Dies ist ausreichend. Gleiches gilt im Ergebnis für das Verbot, einen Hyperlink auf die hinter diesem Suchergebnis stehende Internetseite zu setzen. Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich hinreichend, dass nicht jeder Hyperlink untersagt werden soll, sondern nur derjenige, der zu dem beanstandeten Artikel führt.

II.

Die Klage ist aber unbegründet.

Den Klägern steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823. analog 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG gegen die Beklagte zu 1) nicht zu, da sie durch das Suchergebnis der Beklagten zu 1) und die Verlinkung zu dem Ausgangsartikel von […] zwar in ihrem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt werden, es aber an der für den materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruch erforderlichen Begehungsgefahr (Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr) fehlt. Ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu 2) scheidet schon deswegen aus, weil sie nicht Störerin ist.

1. Hinsichtlich der Beklagten zu 1) hält die Kammer zunächst an ihrer im Verfügungsverfahren vertretenen Auffassung fest, dass sie grundsätzlich als Störerin auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, weil sie das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger verletzt hat. Die Kammer hat in ihrem Urteil vom 28. August 2008 im Verfügungsverfahren hierzu ausgeführt:

Die Antragsgegnerin zu 1) ist auch als Störerin anzusehen.

Jeder Verbreiter kann im Presserecht als Störer in Anspruch genommen werden. Verbreiter ist jeder, der an der Verbreitung einer Behauptung mitwirkt (BGH NJW 1986, 2403, 2504). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Betreiberin einer Suchmaschine lediglich auffindbare Informationen einer Unzahl von Webseiten vollständig automatisch sortiert und dem Nutzer brauchbare Informationen aus einer gigantischen Informationsmenge in Kürze nur in einem automatisierten Verfahren vermittelt werden können. Angesichts dessen ist es dem Betreiber einer Suchmaschine nicht möglich und zuzumuten, jedes Rechercheergebnis vor der Anzeige des Abfrageergebnisses auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu überprüfen. Um die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte zu erstrecken, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH NJW 2004, 3102). Dies richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, wobei die Funktion und die Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch Genommenen sowie die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat oder vornimmt, zu berücksichtigen sind. Da Hyperlinks nur den Zugang zu ohnehin allgemein zugänglichen Quellen erleichtern, dürfen im Interesse der Meinungs- und Pressefreiheit an die nach den Umständen erforderliche Prüfung keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Auch dann, wenn beim Setzen des Hyperlinks keine Prüfungspflicht verletzt wird, kann eine Störerhaftung jedoch begründet sein, wenn ein Hyperlink aufrecht erhalten bleibt, obwohl eine nunmehr zumutbare Prüfung, insb. nach einer Abmahnung oder Klageerhebung ergeben hätte, dass mit dem Hyperlink ein rechtswidriges Verhalten unterstützt wird. Dem Betreiber wird lediglich zugemutet nachzuprüfen, ob der angemahnte Eintrag auf der Trefferliste aus der Perspektive eines unbefangenen Internetnutzers als rechtmäßig anzusehen ist.

Hier hat die Antragsgegnerin zu 1) gegen die ihr obliegende Prüfungspflicht verstoßen. Bereits die Angaben der Antragsteller in der Abmahnung waren geeignet, eine Prüfungspflicht der Antragsgegnerin zu 1) auszulösen. Denn die Antragsgegnerin hätte durch ihre Mitarbeiter lediglich den Namen des Antragstellers zu 1) eingeben müssen und hätte unter Zuhilfenahme des Screenshots die zutreffende URL auffinden können. Aus den eingereichten Unterlagen ergibt sich zudem, dass die Antragsgegnerin zu 2) die Frage geprüft hat, ob eine Rechtsverletzung der Antragsteller vorgelegen hat, und zwar mit negativem Ergebnis.

Durch den Artikel werden die Persönlichkeitsrechte der Antragsteller verletzt. So wird in dem Artikel aus dem Jahr 2003 identifizierbar über eine bereits erlassene Bewährungsstrafe des Antragstellers zu 1) sowie über geschäftliche Handlungen der Antragstellerin zu 2) berichtet. Diese Berichterstattung war unzulässig.

Grundsätzlich gilt Folgendes: Die Nennung und Darstellung einer Person in einer Druckschrift und die dann damit erfolgte Mitteilung von Umständen über sie an die Öffentlichkeit ist ohne ihre Einwilligung grundsätzlich eine widerrechtliche Verletzung ihres durch Art. 2 GG geschützten Persönlichkeitsrechtes. Dieses jedermann schützende Recht beinhaltet auch, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der mitzuteilende Umstand den Tatsachen entspricht, weil das Persönlichkeitsrecht auch eine solche Mitteilung der Disposition der betroffenen Person unterstellt. Deshalb liegt eine rechtswidrige Verletzung der Person durch ihre Darstellung in der Öffentlichkeit nur dann nicht vor, wenn für die Mitteilung über die Person ein berechtigtes Interesse besteht, das dem Schutz des Persönlichkeitsrechtes vorgeht (Kammergericht NJW 1989, 397, 398).

Ist jemand strafrechtlich verurteilt, hat er seine namentliche Erwähnung in weitergehendem Maße hinzunehmen denn als bloßer Angeklagter. Wer den Rechtsfrieden bricht, durch seine Tat Mitmenschen oder Rechtsgüter anderer oder der Gemeinschaft angreift oder verletzt, muss es neben den strafrechtlichen Sanktionen grundsätzlich ebenso dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse in einer nach dem Prinzip freier Kommunikation lebenden Gemeinschaft auf dem dafür üblichen Weg befriedigt wird. Das ist um so mehr der Fall, je mehr die Straftat sich durch die Besonderheit des Angriffsobjekts, die Art der Begehung oder die Schwere der Folgen aus der üblichen Kriminalität heraushebt. Gleichwohl sind Ausnahmen zu beachten, und zwar insbesondere mit Rücksicht auf das Resozialisierungserfordernis. Bei Straftätern, denen Bewährung eingeräumt ist, sollte auf eine Namensnennung in der Regel verzichtet werden (Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 4. Aufl., Rdz. 10.177 m. w. Nachw.; vgl. auch Prinz/Peters, Medienrecht, Rdz. 107, 853 m. w. Nachw.).

In Anwendung dieser Grundsätze ist nicht zu erkennen, dass das Informationsinteresse die Persönlichkeitsrechte der Antragsteller überwiegen. So gab und gibt es keinen zeitgeschichtlichen Anlass, aufgrund dessen 2003 oder jetzt über geschäftliche Belange der Antragsteller zu berichten bzw. der Bericht zu verbreiten gewesen wäre. Insbesondere gibt es keinen Anlass, über eine bereits seit einem Jahrzehnt erlassene Bewährungsstrafe des Antragstellers zu 1) berichten. Auch die namentliche Nennung der Antragstellerin zu 2) war nicht erforderlich, da über deren Verhalten in dem Artikel auch unter Anonymisierung ihrer Person hätte berichtet werden können, zumal der Artikel auch nach Ansicht der Antragsgegnerinnen sich vornehmlich mit dem Verhaltensmuster des Antragstellers zu 1) auseinandersetzt. Aus diesem Grunde war auch die bereits 2003 erfolgte Berichterstattung von […] rechtswidrig, so dass der Artikel im Jahr nach dessen Veröffentlichung von […] aus dem Netz genommen wurde. Aus diesem Grund kann sich die Antragsgegnerin zu 1) auch nicht auf die Archivrechtsprechung berufen.“

Da jedoch die im Tenor der einstweiligen Verfügung genannte URL – der im vorliegenden Hauptantrag aufgeführten – nicht mit der in der Abmahnung genannten URL identisch war, hatte die Kammer angenommen, dass das Verhalten der Beklagten zu 1) jedenfalls die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr nicht begründen konnte. An der im Verfügungsverfahren vertretenen Auffassung, dass aber eine Erstbegehungsgefahr vorliege, weil die Beklagte zu 1) im Verfahren weiter auf der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Artikels beharrte, obwohl sie ausreichend Kenntnis über die Umstände hatte, die eine Rechtsverletzung der Kläger begründe, die nicht bloß irrelevante theoretische Möglichkeit, dass die Beklagte zu 1) die Verlinkung wiederherstelle, gegeben sei und sie nicht zweifelsfrei deutlich gemacht habe, dass diese Absicht nicht bestehe, hält die Kammer in Ansehung der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 31. Mai 2001 (GRUR 2001, 1483 ff. – Berühmungsaufgabe) nicht mehr fest.

Der Bundesgerichtshof hat zusammengefasst hierzu ausgeführt:

„Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht nur, soweit ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft in der näher bezeichneten Weise rechtswidrig verhalten Eine Erstbegehungsgefahr kann auch begründen, wer sich des Rechts berühmt, bestimmte Handlungen vornehmen zu dürfen .

Eine Berühmung, aus der die unmittelbar oder in naher Zukunft ernsthaft drohende Gefahr einer Begehung abzuleiten ist, kann unter Umständen auch in Erklärungen zu sehen sein, die im Rahmen der Rechtsverteidigung in einem gerichtlichen Verfahren abgegeben werden. Die Tatsache allein, dass sich ein Beklagter gegen die Klage verteidigt und dabei die Auffassung äußert, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, ist jedoch nicht als eine Berühmung zu werten, die eine Erstbegehungsgefahr begründet. Andernfalls würde der Beklagte in der wirksamen Verteidigung seiner Rechte, zu der auch das Recht gehört, in einem gerichtlichen Verfahren die Rechtmäßigkeit bestimmter Verhaltensweisen klären zu lassen, und in seinem Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs 1 GG) beschränkt. Einem Beklagten, der sich gegen einen Anspruch, den er für unbegründet hält, verteidigt, kann auch nicht ohne weiteres unterstellt werden, er werde selbst eine gerichtliche Entscheidung, mit der die Rechtslage geklärt worden ist, nicht beachten.

Eine Rechtsverteidigung kann aber dann eine Erstbegehungsgefahr begründen, wenn nicht nur der eigene Rechtsstandpunkt vertreten wird, um sich die bloße Möglichkeit eines entsprechenden Verhaltens für die Zukunft offen zu halten, sondern den Erklärungen bei Würdigung der Einzelumstände des Falles auch die Bereitschaft zu entnehmen ist, sich unmittelbar oder in naher Zukunft in dieser Weise zu verhalten. An einer Erstbegehungsgefahr fehlt es jedoch insbesondere, wenn eindeutig klargestellt wird, dass es dem Beklagten nur um die Rechtsverteidigung geht und keine Rechtsverletzungen zu besorgen sind. Wäre sein Verhalten sonst als eine die Erstbegehungsgefahr begründende Berühmung anzusehen, ist es allerdings Sache des Beklagten, zweifelsfrei deutlich zu machen, dass es ihm nur um das Obsiegen im Prozess geht.

Die Frage, ob eine Erstbegehungsgefahr besteht, ist nach dem Stand der letzten mündlichen Verhandlung zu beantworten.“

Erklärungen der Beklagten, die sie in der mündlichen Verhandlung über ihren Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung abgegeben hat, könnten eine Erstbegehungsgefahr im vorliegenden Hauptsacheverfahren daher nicht (mehr) begründen, weil diese durch das weitere Verhalten der Beklagten im vorliegenden Hauptsacheverfahren jedenfalls beseitigt worden wäre.

An die Beseitigung der Erstbegehungsgefahr sind grundsätzlich weniger strenge Anforderungen zu stellen als an den Fortfall der durch eine Verletzungshandlung begründeten Gefahr der Wiederholung des Verhaltens in der Zukunft. Anders als für die durch einen begangenen Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr besteht für den Fortbestand der Erstbegehungsgefahr keine Vermutung. Eine durch Berühmung geschaffene Erstbegehungsgefahr und mit ihr der Unterlassungsanspruch entfallen grundsätzlich mit der Aufgabe der Berühmung. Eine solche liegt jedenfalls in der uneingeschränkten und eindeutigen Erklärung, dass die beanstandete Handlung in der Zukunft nicht vorgenommen werde (BGH a. a. O.).

Die Beklagte hat jedenfalls im vorliegenden Rechtsstreit klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass ihre Ausführungen nur der Rechtsverteidigung dienen und sie keinesfalls die Absicht habe, die Sperrung der Verlinkung wieder herzustellen. Da […] den Ausgangsartikel aufgrund der Abmahnung der Kläger längst aus dem Netzt genommen hat, kann er bei einem Suchmaschinendurchgang ohnehin nicht mehr aufgefunden werden, die Beklagte zu 1) kann deshalb auch keinen Link auf den streitgegenständlichen Beitrag setzen. Die bloße Möglichkeit, […] könnte den Artikel erneut ins Internet stellen, dieser werde dann von der Suchmaschine der Beklagte gefunden und verlinkt, kann für die Frage der Erstbegehungsgefahr außer Acht bleiben, da hierfür ernsthafte und greifbare Anhaltspunkte nicht ersichtlich sind. Wenn […] gegenüber den Klägern wegen des Ausgangsartikels eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben haben sollte, wäre mit einer erneuten Veröffentlichung ohnehin nicht zu rechnen. Sollten die Kläger die Abgabe einer derartigen Erklärung nicht verlangt haben, kann das nicht zum Nachteil der Beklagten gereichen, unabhängig davon, dass auch für diesen Fall eine erneute Veröffentlichung unwahrscheinlich erscheint.

Hinsichtlich der abgemahnten URL, die Gegenstand des Hilfsantrages ist, fehlt es ebenfalls an der Begehungsgefahr.

An die Widerlegung der Vermutung der Wiederholungsgefahr sind zwar hohe Anforderungen zu stellen. Für den Bereich des Wettbewerbsrechts hat die Rechtsprechung den Grundsatz entwickelt, dass die Wiederholungsgefahr nur dann entfällt, wenn der Verletzer dem Verletzten oder einem zur Rechtsverfolgung Befugten eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgibt; ohne eine solche Erklärung ist die Verneinung der Wiederholungsgefahr allenfalls in ganz ungewöhnlichen Ausnahmefällen denkbar. Dieser Grundsatz gilt auch für den deliktischen Unterlassungsanspruch, jedoch nicht mit gleicher Strenge. Während im Bereich des Wettbewerbs rechts die Verletzungshandlungen in der Regel dadurch geprägt sind, dass der Verletzer starke wirtschaftliche Interessen verfolgt, ist die Motivation des Verletzers im deliktischen Bereich vielfältiger Art. Dem ist bei der Bemessung der Anforderungen an die Entkräftung der Vermutung der Wiederholungsgefahr Rechnung zu tragen. Im Deliktsrecht kann der Schwere des Eingriffs, den Umständen der Verletzungshandlung, dem fallbezogenen Grad der Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung und vor allem der Motivation des Verletzers für die Entkräftung der Vermutung der Wiederholungsgefahr ein erhebliches Gewicht zukommen (BGH NJW 1994, 1281).

Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend davon auszugehen, dass eine Wiederholungsgefahr nicht besteht, und zwar allein schon deshalb, weil der Artikel unter dieser URL nicht mehr auffindbar war. Zur Erstbegehungsgefahr gilt das oben Ausgeführte entsprechend.

2. Hinsichtlich der Beklagten zu 2) hat die Kammer in ihrem Urteil vom 28. August 2008 Folgendes ausgeführt:

„Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht den Antragstellern gegen die Antragsgegnerin zu 2) bereits deshalb nicht zu, weil sie mit Blick auf das beanstandete Suchergebnis nicht als Störer im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB anzusehen ist.

Dabei kann zugunsten der Antragsteller unterstellt werden, dass sich auf der verlinkten Internetseite Äußerungen befinden, die Rechte der Antragsteller verletzen und trotz Abmahnung die Veriinkung aus dem Suchergebnis nicht gelöscht wurde. Denn als Störer kann grundsätzlich jeder auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, der – auch ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsguts beiträgt (BGH NJW 2004, 3102, 3105; GRUR 2002, 618. 619; KG MMR 2006, 393). Diese Grundsätze sind im Fall der Verletzung nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB geschützter absoluter Rechte uneingeschränkt anzuwenden (KG aaO).

Ein in diesem Sinne adäquat-kausaler Ursachenbeitrag der Antragsgegnerin zu 2) für das beanstandete Suchergebnis ist jedoch nicht gegeben. Denn die Antragsgegnerin zu 2) ist, wie sich aus ihrer eidesstattlichen Versicherung (Anlage AG 5) ergibt, weder Inhaberin der Domain www.gooqle.de noch ist sie Betreiberin des dort vorgehaltenen Suchdienstes. Die geschäftliche Tätigkeit der Antragsgegnerin zu 2) beschränkt sich vielmehr allein auf die Vermittlung von Online-Werbung und den damit zusammenhängenden Geschäften, wie durch Vorlage eines Handelsregisterauszuges (Anlage AG 4) glaubhaft gemacht wurde. Zudem hat die Antragsgegnerin zu 2) glaubhaft gemacht (Anlage AG 5), dass sie auch nicht berechtigt oder technisch in der Lage ist, auf Art und Umfang der unter www.gooqle.de angebotenen Dienste Einfluss zu nehmen.

Soweit die Antragsteller demgegenüber darauf verweisen, dass die Antragsgegnerin zu 1) im Internet auf die Antragsgegnerin zu 2) als ihr örtliches Büro verweist (Anlage Ast 1), ist dies zur Glaubhaftmachung eines Verursachungsbeitrages der Antragsgegnerin zu 2) nicht ausreichend Denn hieraus wird nicht deutlich, dass gerade letztere für die Internetseite rechtlich und technisch verantwortlich ist, sondern allein, dass die Antragsgegnerin auch in Deutschland ein Büro unterhält, dessen Tätigkeitsfeld aber nicht charakterisiert wird.

Eine Störerhaftung der Antragsgegnerin zu 2) ergibt sich auch nicht daraus, dass ihre Mitarbeiter auch für die Antragsgegnerin zu 1) tätig werden und z.B. Abmahnungen bearbeiten. Es ist nicht selten, dass sich mehrere Unternehmen derselben Rechtsabteilung bedienen; das allein macht noch nicht jedes Unternehmen für Handlungen eines anderen verantwortlich. Für den gemeinsamen Betrieb der Suchmaschine auf www.google.de durch die Antragsgegnerinnen ist nichts ersichtlich. Auch die von den Antragstellern vorgelegten Stellenanzeigen der Antragsgegnerin zu 2) reichen hierfür nicht aus. Daher scheidet auch das Betreiben einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts insoweit aus.

An dieser Bewertung ändert auch der Umstand nichts, dass die Antragsgegnerin zu 2) von der Antragsgegnerin zu 1) bei der […] als administrative Ansprechpartnerin angegeben wurde (Anlage AG2). Denn es ist nicht zu erkennen, auf welcher Grundlage ein administrativer Ansprechpartner allein wegen seiner Funktion unmittelbar Einfluss auf die Inhalte der Domain nehmen kann (KG MMR 2006, 392).“

An diesen Ausführungen hält die Kammer fest. Die Kläger haben nicht unter Beweis gestellt, dass die Beklagte zu 2) rechtlich oder tatsächlich in der Lage wäre, Suchergebnisse auf der von der Beklagten zu 1) betriebenen Website zu löschen oder sonst wie zu beeinflussen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1,2 ZPO.

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