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LG Berlin: „Hartzies“ II

LG Berlin, Beschluss v. 29.10.2009, Az. 27 O 935/09

Versichert ein Antragsteller eidesstattlich, Obdachlose (Plural!) nicht als „Hartzies“ bezeichnet zu haben, reicht dies nicht aus, um glaubhaft zu machen, dass auch der eine Obdachlose, von dem im streitgegenständlichen Nachrichtenartikel die Rede ist, nicht entsprechend bezeichnet worden ist.

LANDGERICHT BERLIN

Beschluss

Aktenzeichen: 27 O 935/09

Verkündet am: 2009-10-29

In der einstweiligen Verfügungssache

[…]

wird auf die Beschwerde der Antragstellerin im Wege der einstweiligen Verfügung – wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung – angeordnet (§§ 935, 940, 91 Abs. 1 ZPO; §§ 823, analog 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i. V. m. §§ 185 ff. StGB, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG):

1. Den Antragsgegnern wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 2) an ihren Geschäftsführern,

untersagt,

wörtlich oder sinngemäß die nachfolgenden Behauptungen aufzustellen und/oder zu verbreiten:

a) “Manchmal nerven die Hartzies. Neulich kamen sie zu … in ihr Dortmunder Wahlkreisbüro und wollten es sich bei der Abgeordneten gemütlich machen. Es gibt ein bequemes Sofa, Stühle, Kaffee war umsonst.” In meinem Büro wird nicht getrunken und geraucht”, sagte J. Es war dann doch nicht so gemütlich.” ..

b) “Frau J hält Leute wie R für angepasste Karrieristen, einen Teil der machtversessenen Parteielite.”

Der weitergehenden Beschwerde der Antragstellerin wird nicht abgeholfen und die Sache dem Kammergericht zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin und die Antragsgegner je zu 1/3.

3. Der Verfahrenswert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Das glaubhaft gemachte tatsächliche und rechtliche Vorbringen in der verbundenen Antragsschrift nebst Anlagen rechtfertigt den geltend gemachten Unterlassungsanspruch, soweit die Kammer die einstweilige Verfügung erlassen hat. Nach nochmaliger Beratung folgt die Kammer der Ansicht der Antragstellerin, dass mit der eidesstattlichen Versicherung vom 12. Oktober 2009 glaubhaft gemacht ist, dass die Antragstellerin gegenüber Beziehern von Arbeitslosengeld II auch nicht auf das generell bestehende Rauch- und Trinkverbot hingewiesen hat (Bl. 12 d.A.). Auch bezüglich der Äußerung zu Herrn R hat die Antragstellerin ausreichend glaubhaft gemacht, dass sie nicht einmal gesagt hat, dass es Leute in der Partei gebe, die die Macht um jeden Preis wollten (eidesstattliche Versicherung vom 12. Oktober 2009, Bl. 12 d.A.).

Die weitergehende Beschwerde war zurückzuweisen.

Die Kammer versteht die Äußerung “J nennt solche Leute “Hartzies”” weiter dahin, dass hiermit konkret der Mann bezeichnet ist, der sich der Antragstellerin in Hamm auf dem Bahnsteig genähert hat und ihr eine Obdachlosenzeitung verkaufen wollte. Dass sie diesen nicht als “Hartzie” bezeichnet hat, ist weiter nicht glaubhaft gemacht, § 294 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

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