KG Berlin, Beschluss v. 10.09.2009, Az. 9 W 158/09
Die bloße referierende Wiedergabe eines Unterlassungstenors stellt für sich genommen noch keine Verletzung des gerichtlichen Verbots dar. Denn in einer zutreffenden Wiedergabe des titulierten Unterlassungsgebots liegt im Allgemeinen noch kein erneutes Aufstellen oder Verbreiten der untersagten Äußerung, sondern lediglich die Mitteilung einer wahren Tatsache.
In dem Ordnungsgeldverfahren
[…]
hat der 9. Zivilsenat des Kammergerichts […] beschlossen:
Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat den Ordnungsmittelantrag zu Recht zurückgewiesen.
Der Senat hat bereits im Beschluss vom 24. Juli 2009 in dem ebenfalls die hiesigen Parteien betreffenden Ordnungsgeldverfahren – 9 U W 133/09 – ausgeführt:
Wird der Schuldner zur Unterlassung einer bestimmten Aussage verurteilt, bedeutet die bloße referierende Wiedergabe des Unterlassungstenors für sich genommen noch keine Verletzung des gerichtlichen Verbots (OLG München, AfP 2001, 322; Juris Tz. 6; Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Bild- und Wortberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 12 Rn. 158). Denn in einer zutreffenden Wiedergabe des titulierten Unterlassungsgebots liegt im Allgemeinen noch kein erneutes Aufstellen oder Verbreiten der untersagten Äußerung, sondern lediglich die Mitteilung einer wahren Tatsache (KG, ZUM-RR 2008, 119, Juris Tz. 12; OLG Frankfurt. NJW-RR 2001, 187, 188), etwas anderes gilt nur dann, wenn der referierende Charakter der Aussage aus Sicht des durchschnittlichen Lesers in den Hintergrund tritt und die Wiedergabe des gerichtlichen Verbots lediglich als Vorwand dient, um die untersagte Äußerung nochmals zu wiederholen oder gar zu bekräftigen (vgl, BVerfG, Beschl, v. 9. 7.1997-1 BvR 730/97, bezüglich der Äußerung: „Wie ihr Euch erinnern werdet, habe ich Jan Philipp Reemtsma als ‚eines der größten Schweine‘ bezeichnet und seinen ‚Entführern viel Glück‘ gewünscht“).
Nach diesen Grundsätzen ist in der jetzt angegriffenen Veröffentlichung des Schuldners kein Verstoß gegen das ausgesprochene gerichtliche Unterlassungsgebot zu sehen. Wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt hat, folgt dies bereits aus dem Umstand, dass in der jetzt vorliegenden Veröffentlichung die beanstandeten Äußerungen nicht in aus sich heraus verständlicher Form wiedergegeben, sondern lediglich in einer umfangreichen Aufzählung stichwortartig als „Gegenstand des beantragten Verbots“ erwähnt werden. Schon im Hinblick darauf ist für einen durchschnittlichen Leser nicht erkennbar, ob und gegebenenfalls welche konkreten Äußerungen der Schuldner insoweit aufstellen oder verbreiten will. Hinzu kommt, dass die Stichworte lediglich in einer umfangreichen Liste weiterer Verfahren genannt werden. Auch dies spricht für die rechtliche Bewertung des Landgerichts, wonach es sich um eine zulässige dokumentierende Berichterstattung handelt.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen lässt sich aus dem Gesamtzusammenhang der jetzt beanstandeten Veröffentlichung nichts anderes herleiten. Zwar macht der Schuldner dort unter dem Titel „Dreijahresbilanz Buskeismus-Berichterstättung“ unmissverständlich deutlich, dass er die zu seinen Lasten ergangenen Entscheidungen nicht für zutreffend hält. Darüber hinaus übt er grundsätzliche Kritik an der nach seiner Auffassung die Meinungsfreiheit in unzulässiger Weise beschneidenden Rechtsprechung der von ihm so bezeichneten „Zensurkammern“ der Landgerichte Hamburg und Berlin. Entgegen der Auffassung der Gläubigerin lassen diese Ausführungen jedoch nicht den Schluss zu, dass der Schuldner die ihm untersagte Äußerung erneut aufstellen oder verbreiten wollte, zumal deren Inhalt – wie bereits ausgeführt – für eine durchschnittlichen Leser nicht einmal eindeutig zu identifizieren wäre.“
Diese Ausführungen gelten auch im vorliegenden Fall.
Gerade im Kontext der „Dreijahresbilanz: Buskeismus-Gerichtsberichterstattung“ kann in der im Rahmen der Auflistung von „Zensurverfahren gegen den Gerichtsberichterstatter* verwendeten, vom Gläubiger beanstandeten Bezeichnung des „Gegenstandes des beantragten Verbots“
keine Wiederholung der untersagten Äußerung erblickt werden. Erklärtermaßen will der Schuldner an dieser Stelle seiner Bilanz deutlich machen, mit welchen Kosten seine „justizkritische Gerichtsberichterstattung“ verbunden ist. Insoweit stellt die sehr verkürzte (aber nicht unzutreffende) Zusammenfassung des Gegenstandes des in dem benannten Verfahren begehrten Verbotes lediglich die Mitteilung einer wahren Tatsache dar.
Der Schuldner beschäftigt sich dagegen nicht erneut mit Einzelheiten aus dem vor dem Landgericht Berlin geführten Verfahren 27.0.130/09, insbesondere nicht mit den dort angegriffenen, einzelnen Äußerungen des Schuldners. Der Schuldner kritisiert hier die – wie der Senat in der oben zitierten Entscheidung bereits ausgeführt hat – nach seiner Auffassung die Meinungsfreiheit in unzulässiger Weise beschneidende (von ihm so bezeichnete) „Zensurrechtsprechung“. Hierzu war der Schuldner in Ausübung seines Grundrechts auf Meinungsfreiheit berechtigt. Das Recht zur Kritik war durch die einstweilige Verfügung insoweit nicht abgeschnitten, solange er davon absah, die durch die einstweilige Verfügung untersagten Äußerungen inhaltlich erneut aufzugreifen (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR2001, 187),
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige zur Wertfestsetzung auf § 47 GKG i. V. m. § 3 ZPO. Der Wert des Ordnungsmittelverfahrens und damit der Gegenstandswert der vorliegenden Beschwerde entspricht nach der Rechtsprechung des Senats dem Wert der Hauptsache.