Lesehinweis: Im CR-Blog schreibt Sascha Kremer über eine Entscheidung des KG, die Internetrechtsgeschichte schreiben könnte. In der Sache geht es um die überkomme Rechtsprechung des BGH, nach der Unterlassungansprüche von den Haftungsprivilegierungen des TMG nicht erfasst werden (vgl. z.B. das Urteil „Internetversteigerung II”). Auch dann, wenn eine Haftungsprivilegierung griff, musste ein Provider zumindest einen Unterlassungsanspruch erfüllen, wenn er „Prüfpflichten” verletzt hatte.
Es war schon seit jeher fraglich, ob diese Ansicht des BGH einer europarechtlichen Überprüfung standhalten würde: Die E-Commerce-Richtlinie, die die Haftungsprivilegierungen vorschreibt, spricht nur von einer (Nicht-) „Verantwortlichkeit” der Provider. Eine Differenzierung nach Unterlassungsansprüchen und sonstigen Ansprüchen, wie sie der BGH annimmt, ist im Wortlaut der Richtlinie nicht angelegt.
Der EuGH hat nunmehr in den letzten Jahren ein eigenes System der abgestuften Verantwortlichkeit aufgebaut (siehe die Urteile „L’Oreàl gegen Ebay”, „Netlog NV” und „Scarlet Extended”). Der EuGHsieht ebenfalls eine Haftung bestimmter Provider vor, wenn sie Sorgfaltspflichten verletzt haben; auch der Gerichtshof sanktioniert also die Verletzung von „Prüfpflichten” (siehe dazu auch Telemedicus). Anders als der BGH bleibt der EuGH aber am Wortlaut der E-Commerce-Richtlinie. Es ist m.E. deshalb durchaus wahrscheinlich, dass der BGH seine Rechtsprechung anpassen wird – freiwillig, oder nach Aufhebung eines Urteils durch den EuGH.
Das Urteil des KG, das Kremer bespricht (Urt. v. 16.4.2013 – 5 U 63/12), schließt sich nun der EuGH-Rechtsprechung an – und stellt sich gleichzeitig gegen die ältere BGH-Rechtsprechung. Dabei erklärt das KG ausdrücklich, dass es mit einem Rechtsprechungswechsel des BGH rechnet. Es sieht also nach einem Grundsatzurteil aus.
Zum Eintrag im CR-Blog.
Telemedicus-Themenseite zur Providerhaftung.
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