Ich bin leider erst jetzt auf einen Aufsatz von Jochen Schneider aufmerksam geworden, der im Anwaltsblatt 4/2011 erschienen ist. Der renommierte IT- und Datenschutzrechtler schlägt einen Paradigmenwechsel im Datenschutzrecht vor:
Im Bereich der Privaten ist das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt als oberstes Prinzip dogmatisch nicht haltbar, weil die Berücksichtigung der Grundrechte der Beteiligten verlagert wird und das Verbot insoweit ohne unmittelbares Ausgleichsgewicht greift. […] Es fehlt die systematische, dem Rang dieser Rechte entsprechende Abwägung der verschiedenen Grundrechtspositionen mit dem Schutzgut und den Schutzzielen des Datenschutzes als Gegengewichte zum Verbot.
Und weiter:
Die Staffelung vom Verbot über Vermeidung zur Sparsamkeit ist in der Praxis nicht realisierbar und auch nicht vermittelbar. Durch die Herausstellung eines dynamisch interpretierbaren materiellen Schutzgutzes könnte eine „Umpolung“ von negativ (Verbot) auf positiv (Informationsfreiheit mit Schranken) erfolgen.
Das echte Verbot der Verarbeitung personenbezogener Daten soll nach Schneider aber als ultima ratio verbleiben, wenn die Verarbeitung der Daten besonders privatsphären-intensiv wird.
Die Darstellung von Schneider entspricht grundsätzlich der psychologischen Sicht auf Privacy und Self Disclosure. Schneider kritisiert auch zurecht, dass ein Ausschließlichkeitsrecht an personenbezogenen Daten viel zu weit geht.
Zum Anwaltsblatt 4/2011, dort S. 233 (man muss etwas herunterscrollen).