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Strafverfahren gegen Verlagsjustitiar wegen Titelschutzstreits

Ein möglicher Fall von widerrechtlicher Kennzeichenverletzung sorgt dieser Tage in der Verlagsbranche für Aufregung: Der Autor des Buches „Elfenmond” hatte den Justitiar der Verlagsgruppe Random House wegen der Verletzung eines Titelschutzrechts angezeigt. Die Staatsanwaltschaft hat daraufhin vor dem Amtsgericht München Anklage erhoben. Streitgegenstand ist ein vom Verlag auf den Markt gebrachtes Buch mit dem Titel „Im Schatten des Elfenmonds”, das die Gefahr einer Verwechslung birgen soll.

Ob tatsächlich eine Verwechslungsgefahr zwischen diesen beiden Buchtiteln besteht, ist eine zivilrechtliche Frage. Diese wird – nachdem das Strafverfahren vorerst ausgesetzt wurde – in einer Vorentscheidung auf dem Zivilrechtsweg zu klären sein.
Strafbarkeit widerrechtlicher Kennzeichenbenutzung

Sollte das Gericht eine solche Verwechslungsgefahr bejahen, könnte der Fall pikant werden: Nach §§ 143 Abs. 1 Nr. 4, 15 Abs. 2 MarkenG wird die unbefugte Benutzung einer Bezeichnung oder eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe sanktioniert – sofern sie vorsätzlich erfolgte.

Strafbar gemacht haben könnte sich danach der Verlagsjustitiar, der für die Veröffentlichung des Buches unter dem Titel „Im Schatten des Elfenmonds” verantwortlich war und dabei von der Existenz eines Werks mit dem Titel „Elfenmond” wusste. Das Handeln im geschäftlichen Verkehr wäre in diesem Fall zweifelsohne gegeben; auch die Annahme der Gewerbsmäßigkeit, die den Strafrahmen nach § 143 Abs. 2 MarkenG auf 5 Jahre oder Geldstrafe erhöht, wäre vertretbar. Offen bliebe die Frage, ob der Justitiar auch vorsätzlich – also zumindest unter billigender Inkaufnahme einer Schutzrechtsverletzung – handelte.

Tatbestandsirrtum oder Verbotsirrtum?

RA Dr. Patrick Baronikians vertritt in einem aktuellen Beitrag in der K&R die Ansicht, der Justitiar könne sich jedenfalls auf einen Tatbestandsirrtum nach § 16 StGB berufen, da er die Verwechslungsgefahr (und somit ein Tatbestandsmerkmal des § 15 Abs. 2 MarkenG) nicht kannte. Auf die Frage der Vermeidbarkeit kommt es bei einem solchen Tatumstandsirrtum nicht an. Die Strafbarkeit würde somit mangels Vorsatz entfallen.

Allerdings hatte der Justitiar zumindest die Möglichkeit einer Verwechslungsgefahr der Buchtitel erkannt, das Tatbestandsmerkmal jedoch als nicht erfüllt betrachtet. Damit würde es sich um einen strafrechtlich unbeachtlichen Subsumtionsirrtum handeln. Eine daraus resultierende fehlende Einsicht, Unrecht zu tun, begründet einen Verbotsirrtum nach § 17 StGB. Ein solcher betrifft aber nicht mehr den Vorsatz, sondern die Frage der Schuld. Und hier würden gewichtige Gründe für die – im Gegensatz zum Tatumstandsirrtum relevante – Vermeidbarkeit des Irrtums sprechen: Handelt es sich doch um einen erfahrenen Juristen einer großen und renommierten Verlagsgruppe. Eine Strafmilderung nach § 17 S. 2 StGB bliebe die einzige Möglichkeit.

§ 143 MarkenG als „Büchse der Pandora“

Am Wortlaut des MarkenG und der Systematik der strafrechtlichen Irrtümer lässt sich nicht rütteln. Dass dennoch kaum Strafanzeigen nach § 143 Abs. 4 Alt. 1 MarkenG erhoben werden, lässt sich mit der mangelnden Motivation der Betroffenen begründen: Deren Interesse liegt vornehmlich in der Geltendmachung von zivilrechtlichen Schadensersatz- und Unterlassungsansprüchen. Auch besteht eine Art ungeschriebenes Gesetz im Gewerblichen Rechtsschutz und unter Medienleuten, von den strafrechtlichen Vorschriften untereinander keinen Gebrauch zu machen – zumal die meisten Unternehmen selbst schon einmal mehr oder weniger bedeutsame Schutzrechtsverletzungen begangen haben.

So kommt § 143 MarkenG in der Praxis hauptsächlich bei der Verfolgung von Produktpiraterie zur Anwendung. Eine Verurteilung in diesem Fall könnte zum Präzedenzfall werden und Nachahmer finden. Baronikians spricht aus, was viele befürchten:

„[Eine] Verurteilung könnte zu einer „Kriminalisierung des Kennzeichenrechts“ führen und wäre für alle Juristen, die sich in Unternehmen mit Fragen des Kennzeichenrechts, also Marken, geschäftlichen Bezeichnungen und Werktiteln befassen ebenso wie für beratende Rechtsanwälte bedrohlich.”

Fazit

Ein weitgehend unbekannter Autor tritt auf als David im juristischen Kampf gegen Goliath, den Verlagsriesen. Man könnte sagen: Öffentlichkeitswirksam. Man könnte ihm vorwerfen, er kenne die Spielregeln der Branche nicht. Man könnte aber auch sagen: Sein gutes Recht. Jedenfalls nach § 143 MarkenG.

„Mondfinsternis im Elfenland – Wider die Kriminalisierung des Kennzeichenrechts“ von RA Dr. Patrick Baronikians, in: K&R 06/2009 (pdf).

„Streit um Buchtitel wird zum Kriminalstück“ in der SZ.

, Telemedicus v. 08.06.2009, https://tlmd.in/a/1349

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