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Schriften – Wie sind sie rechtlich geschützt?

Schriften – wie sind sie eigentlich rechtlich geschützt? Diese Frage spielt in der Praxis eine wichtige Rolle. Denn eine Schrift herzustellen ist zeitintensiv und teuer, der Schutzbedarf damit groß. Früher war die Herstellung einer Schrift selbstverständlich aufwändiger als heute: Die Schrift musste erst sehr detailliert vorgezeichnet werden. Dann wurden Matrizen erstellt, mithilfe derer Bleilettern gegossen wurden. Diese konnten dann zum Drucken verwendet werden. Das Verfahren hat sich auf die Schreibtische von Designern und Programmierern verlegt. Schriften werden heute am Computer erstellt.

Damals wie heute kostet die Schriftherstellung aber Zeit und Kreativität. Jedes einzelne Zeichen muss individuell gestaltet werden. Und es gibt eine Menge Zeichen: Das deutsche Alphabet zählt allein 26 Buchstaben, hinzukommen Umlaute und Sonderzeichen wie das „ß”. Auch Satzzeichen und Ziffern gehören zu einer vollständigen Schriftart dazu. Jeder Buchstabe muss in Groß- und Kleinschreibung, in verschiedenen Schriftgrößen und Formen (fett, kursiv, etc.) designt werden. Auch die Zwischenräume zwischen den einzelnen Zeichen müssen genau angepasst werden. Man kann also leicht nachvollziehen, warum Schriftenhersteller versuchen, ihre Schriften vor Zugriffen anderer zu schützen.
Von Juristen wurde der Schriftenschutz bislang jedoch kaum wahrgenommen. Gerichtsurteile und neuere wissenschaftliche Artikel sind mehr als spärlich. Grund genug, sich mit diesem Thema zu beschäftigen und eine Annäherung zu versuchen. Der folgende Beitrag untersucht, ob und nach welchen Gesetzen Schriften rechtlich geschützt werden können. Dabei soll es hier allein um Schriftarten, also um die „grafische Gestaltung eines Zeichensatzes” gehen – nicht berücksichtigt wird der Schutz des Textsatzes oder der Textgestaltung.

I. Urheberrecht

Sind Schriften vom Urheberrecht geschützt? Das Urheberrechtsgesetz gibt selbst keine eindeutige Antwort und auch Gerichte haben sich mit der Frage bislang kaum befasst. Auf jeden Fall muss man heute, da viele Schriften am Computer erstellt werden, unterscheiden: Das Urheberrecht kann grundsätzlich als Kunstschutz oder als Schutz von Computerprogrammen Anwendung finden.

1. Kunstschutz

Schriften können als Werke der angewandten Kunst (§ 2 Abs. 1 Nr.4 UrhG) urheberrechtlich geschützt sein. Werke der angewandten Kunst sind gekennzeichnet durch einen bestimmten Gebrauchszweck. Um Urheberrechtsschutz zu erlangen muss ein Werk eine persönliche geistige Schöpfung aufweisen. Das bedeutet, das Werk muss in einem hohen Maße von Individualität geprägt sein. Die Rechtsprechung stellt an Werke der angewandten Kunst höhere Anforderungen hinsichtlich des Vorliegens einer persönlichen geistigen Schöpfung, als an Werke der reinen Kunst.

Bei der Prüfung, ob bei einer Schrift eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt, unterscheidet man zwischen Gebrauchsschriften („Brotschriften”) und Zierschriften. Beide Schrifttypen können zwar grundsätzlich von urheberrechlichem Schutz erfasst sein – bei einer Zierschrift ist eine ausgeprägte Individualität allerdings wahrscheinlicher. Der Bundesgerichtshof betonte in einer Entscheidung im Jahre 1958 (BGH vom 30.05.1958, Az. I ZR 21/57 „Candida-Schrift”) bereits:

„Maßgebend ist allein, ob der ästhetische Gehalt einen Grad erreicht hat, daß nach dem im Leben herrschenden Sprachgebrauch nicht nur eine „geschmackliche“, sondern eine „künstlerische“ Leistung vorliegt. Dies wird bei einer Gebrauchsschrift, die für gewöhnliche Druckerzeugnisse Verwendung finden soll, schon deshalb selten in Betracht kommen, weil der Gebrauchszweck einfache, klare, leicht lesbare Linienführungen voraussetzt, die weitgehend durch die vorgegebenen Buchstabenformen gewissermaßen technisch bedingt sind, so daß nur ein geringer Spielraum für eine künstlerische Gestaltung verbleibt. Die Möglichkeit einer solchen künstlerischen Gestaltung muß aber grundsätzlich auch bei Gebrauchsschriften bejaht werden.”

Ob Schöpfungshöhe vorliegt oder nicht, soll nach Ansicht des BGH (und ihm folgend des OLG München am 02.10.1980, Az. 6 U 3738/79 „John Player”) nicht der „besonders geschulte Schriftenfachkenner”, sondern der „mit Kunstdingen einigermaßen vertraute Betrachter” beurteilen:

„Bedarf es aber selbst für den mit Kunstdingen einigermaßen vertrauten Betrachter erst einer fachmännischen Schulung oder Anleitung, um die ästhetisch eigentümliche Gesamtwirkung der „Candida“-Schrift gegenüber dem Vorbekannten zu erfühlen, so kann nach den im Leben herrschenden Anschauungen in diesen subtilen Nuancen, in denen sich die „Candida“-Schrift von anderen Gebrauchsschriften unterscheidet, ein Element, das diese Leistung zum Range eines Kunstwerks im Rechtssinne erhebt, nicht erblickt werden.”

Letztlich ist also immer eine Beurteilung im Einzelfall geboten. Falls eine Schrift aber urheberrechtlich geschützt ist, besteht dieser Schutz nicht nur an den Schriftzeichen selbst, sondern auch an allen Verbreitungsformen der Schrift. Geschützt wird dann auch der Text (hinsichtlich der Schrift, nicht des Inhalts!), der mit der geschützten Schrift verfasst wurde (vgl. Jaeger/Koglin, Der rechtliche Schutz von Fonts, CR 3/2002 S. 172). Teilweise wird bezweifelt, ob der Gesetzgeber einen derart weiten Urheberrechtsschutz für Schriften beabsichtigt hat.

2. Schutz als Computerprogramm

Selbstverständlich werden heute die wenigsten Schriften noch in Schriftgießereien in Metall-Lettern gegossen. Schriften werden heute am Computer designt. Solche Computerschrifttypen nennt man „Fonts”. Fonts werden als Software teils kostenlos, teils gegen ein Entgelt im Internet oder auf Datenträgern angeboten. Da das Urheberrecht auch einen Schutz von Computerprogrammen kennt (§ 69a Abs. 3 UrhG), kommt für Fonts – neben oder anstelle eines Kunstschutzes – auch ein solcher Urheberrechtsschutz in Betracht.

a) Was ist ein Computerprogramm?

Was das Urheberrecht genau unter Computerprogrammen versteht, ist nicht so ganz klar. Unstrittig ist jedenfalls, dass Computerprogramme von reinen Daten unterschieden werden müssen. Computerprogramme zeichnen sich nämlich dadurch aus, dass für sie Steuerungsbefehle notwendig sind.

Für einen Schutz eines Computerprogramms wird nur vorausgesetzt, dass das Computerprogramm Ergebnis einer persönlichen geistigen Schöpfung ist. Die Schutzschwelle ist dabei deutlich geringer, als bei Kunstwerken, weil hier ästhetische Erwägungen keine Rolle spielen. Das Computerprogramm wird geschützt, wenn aus „einer globalen, pauschalen Beschreibung des Programms hervorgeht, dass es sich nicht um eine völlig banale Gestaltung handelt und es nicht lediglich das Programm eines anderen nachahmt” (vgl. OLG München am 27.05.1999, Az. 6 U 5497/98).

Es stellt sich daher natürlich die Frage, ob Fonts als Computerprogramme geschützt werden können. Dies ist bislang umstritten.

b) Entscheidung des Kölner Landgerichts

Nur ein Gericht, das LG Köln, hat sich im Jahr 2000 mit dieser Frage beschäftigt. Das Gericht führte in seiner Entscheidung aus, dass die „streitgegenständlichen Computer-Schriften jedenfalls hinsichtlich der ihnen zu Grunde liegenden Computer-Programme Urheberrechtsschutz gem. §§ 69a ff. UrhG genießen”. Weil die Beklagte Fonts der Klägerin kopiert und vertrieben hat, seien Urheberrechte „an diesen Schriften bzw. den ihnen jeweils zu Grunde liegenden Computer-Programmen” verletzt.

Die Entscheidung des Kölner Landgerichts wird kritisiert, weil das eigentliche Problem gar nicht angesprochen wurde: Zu der Frage, ob und wie Fonts überhaupt Computerprogramme darstellen, äußerten sich die Richter nämlich nicht. Das Gericht blieb in seinen Ausführungen sehr allgemein und konkretisierte nicht, was mit den den Schriften „zugrunde liegenden Computerprogrammen” genau gemeint ist: das Schrifterstellungs– oder das Schriftdarstellungsprogramm? Und selbst wenn man einen Schutz des Computerprogramms nach § 69a UrhG annimmt: Er kann sich nur auf das Computerprogramm selbst, nicht aber auf die durch das Programm erstellte Schrift, also das Schriftdesign erstrecken.

c) „Hinting”

Sofern Buchstaben in einer bestimmten Schrift als Grafiken gespeichert werden, handelt es sich um Daten – nicht aber um ein Computerprogramm. Denn es fehlen bei ihnen die für Computerprogramme typischen Steuerungselemente. Ein Computerprogramm kann allenfalls in Bezug auf das sog. „Hinting” angenommen werden. Hinting ist eine Technik zur Bildschirmoptimierung von sog. „vektorbasierten Schriften”. Vektorbasierte Fonts basieren auf mathematisch beschriebenen Umrisslinien. Um sie optisch am Bildschirm oder Drucker darzustellen, muss ein sog. „Rasterizer” die Bildpunkte (Pixel) erst berechnen.

Das Hinting kommt in dem Moment ins Spiel, wenn die Umrisslinien in Pixel umgewandelt werden: Vor allem bei kleinen Schriftgrößen kann eine Optimierung erforderlich sein, damit das Erscheinungsbild der Schrift in jeder Größe einheitlich ausschaut. Pixel werden verschoben, weggelassen oder hinzugefügt. Das ganze funktioniert, indem in die Fonts Informationen, bzw. Hinweise – in englisch „Hints” – eingebaut werden. (Anders ist das beim sog. „Subpixel-Rendering” und beim sog. „Antialiasing”: Diese Optimierungstechniken werden entweder in die Hardware implementiert oder existieren als Software unabhängig von der Fontdatei. Sie sind teilweise in den Grundeinstellungen der Betriebssysteme bereits aktiviert.)

Doch als wäre nicht alles schon kompliziert genug: Nicht jedes Hinting stellt ein Computerprogramm dar, auch hier gilt es genau hinzuschauen. Wann nun das Hinting ein Computerprogramm im Sinne des § 69a UrhG darstellen kann, beschreiben Till Jaeger und Olaf Koglin in einem Aufsatz:

„Interessant wird es aber, wenn durch das Hinting besondere Steuerungselemente i.S.d. § 69a UrhG in den Font einbezogen werden. Soweit sie durch das Fonterstellungsprogramm automatisch in die Font-Datei eingefügt werden, fehlt es am Merkmal der „persönlichen Schöpfung”, da nicht ein Mensch, sondern das Programm „Urheber” des Hints ist.
Wenn die Hints hingegen individuell eingefügt werden, ist zu unterscheiden: „Klickt” der Schriftdesigner lediglich auf der Abbildung des Buchstabens bestimmte Bereiche an, die bei einer Miniaturdarstellung über- oder unterproportional abgebildet werden sollen, leistet er keine eigene Programmier-, sondern nur Designarbeit. Auch hier setzt das Fonterstellungsprogramm die Steuerungsbefehle in eine computerverständliche Sprache um.

Übernimmt der Schriftdesigner hingegen die Umsetzung der Steuerungsbefehle, programmiert er selbst. Nur in diesem Fall, der in der Praxis die Ausnahme bildet, liegt die persönliche Schöpfung eines Computerprogramms vor, die urheberrechtlichen Schutz nach §§ 69a ff. UrhG genießt.

Folgt man Jaeger und Koglin, so liegt ein Computerprogramm nur dann vor, wenn der Schriftendesigner selbst das Hinting durch eigene Programmierungsarbeit vornimmt. Der diesbezügliche Urheberrechtsschutz betrifft allerdings nur das Computerprogramm, also die Hint-Programmierung – und das auch nur im Ausnahmefall. Nicht geschützt ist hingegen die visualisierte Schrift.

II. Geschmacksmuster

Nach dem oben Gesagten bleibt festzustellen, dass ein Urheberrechtsschutz von analogen oder digitalisierten Schriften in vielen, wenn nicht gar den meisten Fällen ausscheidet. Neben einem Urheberrechtsschutz kommt aber vor allem ein Schutz der Schrift als sog. Geschmacksmuster in Betracht.

1. Was ist ein Geschmacksmuster?

Ein Geschmacksmuster ist nach der Definition in § 1 Nr. 1 des Geschmacksmustergesetzes „die zweidimensionale oder dreidimensionale Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst oder seiner Verzierung ergibt”. Anders ausgedrückt: Es handelt sich um ein gewerbliches Schutzrecht, dessen Rechtsinhaber allein befugt ist eine ästhetische Gestaltungsform zu nutzen. Oft wird mit einem Geschmacksmuster ein bestimmtes Design geschützt. Man kann das Geschmacksmusterrecht daher auch als „Designrecht” bezeichnen.

Im Gegensatz zum Patent schützt es nur das Erscheinungsbild und nicht die Funktion. Es unterscheidet sich vom Urheberrecht hinsichtlich der Schöpfungshöhe; d.h. ein Geschmacksmuster kommt vor allem in Frage, wenn mangels überdurchschnittlicher Individualität ein Urheberrechtsschutz ausscheidet.

2. Schutz von Schriften als Geschmacksmuster

Bis ins Jahr 2004 war das Geschmacksmusterrecht auf Schriften nur über das sog. Schriftzeichengesetz anwendbar. Dieses Gesetz basiert auf einer internationalen Vereinbarung zwischen diversen europäischen Staaten, dem Wiener Abkommen. Mit dem Wiener Abkommen wurde 1973 der Versuch unternommen, typographische Schriftzeichen besser – auch international – zu schützen. Der Erfolg des Abkommens war allerdings gering: Nur Deutschland und Frankreich ratifizierten das Abkommen, sodass es nie in Kraft treten konnte. 2004 wurde das Geschmacksmustergesetz reformiert, um eine europäische Richtlinie umzusetzen. Schriften werden nun direkt (vgl. § 1 Nr. 2 GeschmMG), ohne Umweg über das Schriftengesetz, vom Geschmacksmustergesetz geschützt.

3. Was bringt der Geschmacksmuster-Schutz?

Ein eingetragenes Geschmacksmuster schützt vor unberechtigten Verwendungen. Denn außer dem Inhaber des Geschmacksmusters ist die Nutzung des Musters (hier der Schriftzeichen) durch andere verboten – es sei denn, der Inhaber hat der Nutzung zugestimmt (§ 38 GeschmMG).

Wird das Recht des Schriften-Designers verletzt, so stehen ihm zahlreiche Ansprüche zur Seite: zum Beispiel Unterlassungs-, Beseitigungs-, Schadensersatz, Vernichtungs- oder Auskunftsansprüche (siehe §§ 42 ff GeschmMG).

Die Schutzdauer eines Geschmacksmusters kann max. 25 Jahre betragen (§ 27 GeschmMG). Erst einmal gilt der Schutz allerdings nur für 5 Jahre. Er muss danach durch Entrichtung einer „Aufrechterhaltungsgebühr” verlängert werden (§ 28 GeschmMG). Ansonsten erlischt der Schutz nach dem fünften Jahr.

4. Wie erlangt man Schutz?

Ein Geschmacksmusterschutz entsteht – anders als der Urheberrechtsschutz – nicht von selbst. Um eine Schrift unter Schutz zu stellen bedarf es einer Anmeldung. In Deutschland ist für die Anmeldung von Geschmacksmustern das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA), Dienststelle Jena, zuständig.

a) Schutzfähigkeit der Schrift

Eine Anmeldung setzt zunächst voraus, dass die Schrift als Geschmacksmuster schutzfähig ist. Als Geschmacksmuster wird eine Schrift nur dann geschützt, wenn sie neu ist und eine Eigenart aufweist (§ 2 Abs. 1 GeschmMG).

Ein Muster, bzw. eine Schrift gilt als neu, „wenn vor dem Anmeldetag kein identisches Muster offenbart worden ist” (§ 2 Abs. 2 GeschmMG). Die Schrift darf also nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sein, bevor sie angemeldet wurde (§ 5 GeschmMG). Bevor eine Schrift als Geschmacksmuster angemeldet wird, sollte man daher eigenständig überprüfen, ob die Schrift tatsächlich neu ist. Hierfür stellt das DPMA eine Rechercheplattform zur Verfügung. Die eigene Recherche ist deshalb so wichtig, weil das DPMA eine solche Prüfung nicht vornimmt. Das DPMA prüft nämlich nur die formellen Voraussetzungen einer Eintragung, also ob der Anmeldungsantrag ordnungemäß gestellt wurde und alle Formalia beachtet wurden. Eine Schrift kann als Geschmacksmuster daher eingetragen werden, obwohl nicht unbedingt sichergestellt ist, dass die Schrift tatsächlich neu ist. Die Neuheit wird (ebenso wie die Eigenart) im Zweifels- und Streitfall erst durch die Zivilgerichte geklärt. Zuständig sind hierfür die Landgerichte (§ 52 I GeschmMG). Eine gute Recherche kann späteren Überraschungen also vorbeugen!

Eigenart besteht, vereinfacht ausgedrückt, wenn sich die Schrift für einen „Durchschnittsfachmann” von einer anderen Schrift unterscheiden lässt. Maßgeblich ist dabei der Gesamteindruck der Schrift, nicht ein einzelnes Schriftzeichen. Anders als im Urheberrecht kommt es nicht auf die persönliche Leistung des Gestalters an. Die Eigenart bemisst sich vielmehr objektiv durch einen Vergleich mit früheren Geschmacksmustern. Die Anforderungen an die Eigenart sind also wesentlich geringer als im Urheberrecht. Es ist daher relativ einfach, eine Schrift als Geschmacksmuster schützen zu lassen.

b) „Wiedergabe des Geschmacksmusters”

Eines der auszufüllenden Anmeldungsformulare betrifft die „Wiedergabe des Geschmacksmusters”. Dem DPMA muss also das Geschmacksmuster auf irgendeine Weise grafisch dargestellt werden. Für Schriften sind die Anforderungen etwas spezieller: Es müssen alle Buchstaben des Alphabets in Groß- und Kleinschreibung, alle arabischen Ziffern und 5 Zeilen Text, jeweils in Schriftgröße 16 eingereicht werden (§ 6 Abs. 6 der VO zur Ausführung des GeschmMG). Um die Schrift umfassend zu präsentieren, werden für den Textsatz meist Sätze verwendet, in denen alle Buchstaben vorkommen. Ein Beispiel: „Franz jagt im komplett verwahrlosten Taxi quer durch Bayern.”

5. Schutz über Ländergrenzen hinaus?

Je einfacher es wird Schriften zu kopieren, je mehr Schriften digitalisiert werden und je vernetzter die Welt mittels des Internets wird, desto wichtiger werden Schutzrechte, die international Wirkung entfalten. Wird ein Geschmacksmuster beim DPMA angemeldet, so gilt das Schutzrecht nur in Deutschland. Man kann aber auch einen europäischen oder internationalen Schutz anmelden.

a) Europäische Ebene

Auf europäischer Ebene gibt es das sog. Gemeinschaftsgeschmacksmuster, also ein Geschmacksmuster, das in der gesamten Europäischen Union Wirksamkeit entfaltet. Unter den Gemeinschaftsgeschmacksmustern gibt es eine Besonderheit: Es gibt zwei verschiedene, nämlich eingetragene und nicht eingetragene.

Wie das deutsche Geschmacksmuster gewährt das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster seinem Inhaber das ausschließliche Recht, es in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu benutzen. Auch das Gemeinschaftsgeschmacksmuster verbietet Dritten, es ohne die Zustimmung des Inhabers zu verwenden. Das Anmeldeverfahren verläuft dabei im Wesentlichen wie in Deutschland (ein gutes Schaubild über das Verfahren gibt es hier) und auch die Anmeldevoraussetzungen sind gleich. Zuständige Behörde ist das Harmonisierungsamt HABM in Alicante. Auch das HABM prüft nur die formellen Voraussetzungen, weshalb eine selbständige Recherche vorgenommen werden sollte. Hierfür gibt es eine europäische Recherchedatenbank.

Ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster muss im Gegensatz zum eingetragenen nicht angemeldet werden. Der Schutz gegen Nachahmungen entsteht automatisch, sobald das Muster gegenüber der Öffentlichkeit offenbart wurde – vorausgesetzt, es handelt sich um ein neues und eigenartiges Geschmacksmuster. Der Schutz erstreckt sich aber ebenfalls auf das Gebiet der Europäischen Union. Vorteil des nicht eingetragenen Musters ist natürlich das vereinfachte „Verfahren”, um Schutz zu erlangen. Doch es gibt auch einige Nachteile: Hier trägt der Inhaber die Beweislast, dass das Muster tatsächlich dem Schutz unterfällt. Außerdem besteht der Schutz nur gegen vorsätzliche Nachbildungen und die Schutzdauer ist auf 3 Jahre begrenzt.

b) „Internationaler” Schutz

Man kann ein Geschmacksmuster auch „international” anmelden. Das Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle ermöglicht einen Schutz von Geschmacksmustern in den Ländern, die dem Abkommen beigetreten sind. Auch die Europäische Gemeinschaft hat das Abkommen unterzeichnet. Maximal kann ein Schutz also nur in den Staaten erreicht werden, die am Abkommen beteiligt sind. Man kann allerdings auch einen Schutz in nur einigen der Vertragsstaaten verlangen. Die Anmeldung eines Geschmacksmusters mit internationalem Schutz muss bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) eingereicht werden. Auf der Homepage der WIPO sind weitere Informationen in englischer, französischer, spanischer und russischer Sprache erhältlich.

6. Kosten

Es ist nicht ganz unwichtig zu wissen, wie teuer eine solche Anmeldung und Eintragung eines Geschmacksmusters ist. Die Höhe der Kosten hängt ganz wesentlich von dem örtlichen Schutzumfang ab, also für wie viele Länder Schutz beantragt wird, und von der Anzahl der angemeldeten Geschmacksmuster.

In Deutschland kostet die Eintragung eines einzelnen Geschmacksmusters 70 €. Bei einer Sammelanmeldung können bis zu 100 Geschmacksmuster zu einem Preis von je 7 € (insgesamt aber mindestens 70 €) eingereicht werden.

Ein einziges europäisches Gemeinschaftsgeschmacksmuster kostet 350 €. Auch hier gibt es einen „Mengenrabatt”, wenn mehrere Geschmacksmuster angemeldet werden. Weitere Informationen gibt es hier, auf der Homepage des HABM.

Begehrt man einen weitergehenden Schutz über das Haager Abkommen, so kommt es darauf an, in wie vielen Ländern das Geschmacksmuster geschützt werden soll. Für jeden Vertragsstaat, der in der internationalen Eintragung benannt ist, muss eine Gebühr entrichtet werden. Je weitreichender der Schutz, desto teurer wird es also. Die jeweiligen Gebühren hängen von den Vertragsstaaten ab. Bei der Europäischen Gemeinschaft beträgt die Gebühr beispielsweise 62 € pro Geschmacksmuster. Um sich einen Überblick zu verschaffen, mit welchen Kosten gerechnet werden muss, stellt die WIPO einen Gebührenrechner zur Verfügung.

(Weitere nützliche Informationen über die Geschmacksmuster-Anmeldung finden sich in einer kurzen und einer umfassenderen Broschüre (letztere mit weiterführenden Links zu den entsprechenden Formularen etc.) des DPMA bzw. auf dessen Webseite.)

III. Markenschutz

Schriftarten können in gewisser Weise auch als Marken geschützt werden. Eine Marke ist ein Zeichen, das dazu geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Solche Zeichen, bzw. Marken können aus Wörtern, Buchstaben, Zahlen, Abbildungen, dreidimensionalen Gegenständen und akustischen Signalen bestehen. Für Schriften kommen sog. Wort-/Bildmarken in Betracht, das ist eine Kombination von Wort- und Bildmarken. Damit können Wörter geschützt werden, die grafisch besonders gestaltet sind.

Hierbei ist aber Folgendes zu beachten: Die Marke ist der Name des Produkts, nicht das Produkt selbst. Markenschutz behindert nicht den Produktwettbewerb, sondern setzt diesen gleichsam voraus (vgl. Fezer, Markenrecht, 4. Auflage 2009, Rn. 701). Der Markenschutz bringt somit nur einen Schutz des Zeichens – sofern eine Wort-/Bildmarke eingetragen wird, ist die Marke also beispielsweise der Name der Schrift (z.B. „Arial”), grafisch dargestellt in der zugehörigen Schriftart. Die Schriftart selbst, also das Design, wird damit nicht geschützt. Nur dieses eingetragene Zeichen, also die Marke, darf von der Konkurrenz nicht verwendet werden.

Ein Beispiel: „Helvetica” ist eine berühmte serifenlose Schriftart, die Ende der fünfziger Jahre entwickelt wurde. Sie ist als Marke der Firma Linotype eingetragen. Kopiert wurde die Schrift u.a. von CorelDRAW – hier heißt die Schrift aber „Swiss”, bzw. „Switzerland”.

Der Geschmacksmusterschutz kann also durch den Markenschutz nicht ersetzt werden.

IV. Gar kein Schutz – Freie Schriften

Es gibt aber auch sog. „freie Schriften”. Das sind Schriften, die trotz einer Schutzmöglichkeit nicht geschützt sind und – jedenfalls teilweise – frei verwendet werden dürfen. Freie Schriften sind dadurch gekennzeichnet, dass sie kostenlos zur Nutzung angeboten werden.

1. Creative Commons

Ist eine Schrift urheberrechtlich geschützt, so kann der Urheber die Schrift zum einen einer Creative Commons Lizenz unterwerfen. Dabei handelt es sich um Standard-Lizenzverträge, mittels derer der Urheber an seinem (digitalen) Werk der Öffentlichkeit Nutzungsrechte einräumen kann. Diese Nutzungsrechte sind jedoch nicht unbeschränkt: Je nach dem welche der sechs Creative Commons Lizenzen vom Urheber ausgewählt wurde, muss derjenige, der das Werk nutzen will, bestimmte Voraussetzungen erfüllen. So hat er beispielsweise immer den Namen des Urhebers zu nennen und darf das Werk unter Umständen nicht für kommerzielle Zwecke verwenden.

2. Individuelle Lizenz

Der Urheber kann die Schrift bzw. die Schriftsoftware aber auch mit einer individuellen Lizenz der Allgemeinheit freigeben. Er kann einfache Nutzungsrechte an jedermann einräumen (§ 31 Abs. 1 S. 2 UrhG). Diese Konstruktion ist vor allem aus dem Bereich der Open Source Software bekannt. Die Einräumung von Nutzungsrechten erfolgt nach überwiegender Ansicht in der Rechtswissenschaft durch einen Vertragsschluss zwischen Urheber und Nutzer. Bei freien Schriften treten Urheber und Werknutzer jedoch meistens nicht persönlich miteinander in Kontakt. Der Urheber müsste mit einer Vielzahl von Menschen individuell kontrahieren. Es wird daher davon ausgegangen, dass der Vertrag durch konkludentes, also schlüssiges Verhalten geschlossen wird: Der Vertrag über die Nutzungsrechte wird oft dadurch geschlossen, dass der Nutzer Verwertungshandlungen vornimmt. Indem er dies tut, akzeptiert er – konkludent – die Lizenzbedingungen und schließt den Nutzungsvertrag. Diese Annahmeerklärung muss dem Urheber gem. § 151 S. 1 BGB nicht zugehen. (vgl. Metzger/Jaeger, Open Source und deutsches Urheberrecht, GRUR Int 1999, Heft 10, 842f; Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Auflage 2009, Rn. 75).

3. Verzicht

Da der Urheber einer Schrift die Einräumung von Nutzungsrechten individuell und vielseitig gestalten kann, ist grundsätzlich auch ein Verzicht auf einzelne Verwertungsrechte gegenüber der Allgemeinheit denkbar. Manche Juristen betrachten einen Verzicht auf Urheberrechte jedoch als unwirksam: Das Band zwischen Urheber und Werk dürfe auch nicht hinsichtlich einzelner Befugnisse zerschnitten werden (sog. Monismus des Urheberrechts, d.h. die Untrennbarkeit der persönlichkeitsrechtlichen und verwertungsrechtlichen Befugnisse des Urhebers). Die Unwirksamkeit folge also aus dem Grundsatz der Unübertragbarkeit des Urheberrechts (§ 29 UrhG) (vgl. Metzger/Jaeger, Open Source und deutsches Urheberrecht, GRUR Int 1999, Heft 10, 842).

4. Geschmacksmuster-Lizenz

Kommt ein Urheberrechtsschutz ohnehin nicht in Frage und die Schrift kann allein durch ein Geschmacksmuster geschützt werden, so ist die Sache einfacher: Der Designer meldet sein Geschmacksmuster, also seine Schrift, gar nicht erst zur Eintragung an.
Allerdings ist zu beachten, dass das nicht-eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster (siehe oben) automatisch, also auch ohne Anmeldung entsteht. Außerdem könnte es sein, dass der Designer seine Schrift nur teilweise schützen lassen und nicht vollständig freigeben will, sondern nur unter bestimmten Bedingungen. Dann muss er ebenfalls eine (individuelle) Lizenz (siehe oben) an Einzelne oder Jedermann ausstellen (§ 31 GeschmMG). Man kann auch darüber nachdenken, die geschmacksmusterrechtlich geschützte Schrift unter eine Creative Commons Lizenz zu stellen.

Auch zum Thema: „Der rechtliche Schutz von Fonts” – Till Jaeger/Olaf Koglin in der CR 3/2002.

Kürzer gefasst ist der Wikipedia-Eintrag zum Thema „Rechtsschutz von Schriftzeichen”.

Zum Schriftenschutz aus Schweizer Sicht eine ausführliche wissenschaftliche Abhandlung: „Schutz typograohischer Schriftzeichen und Schriften im schweizerischen Immaterialgüter und Lauterkeitsrecht”.

, Telemedicus v. 07.09.2009, https://tlmd.in/a/1474

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