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Schloss-Bilder: Gericht bestätigt Fotografie-Verbot

Bereits am 21. November hat das LG Potsdam über die Klage der „Stiftung Preußische Schlösser und Gärten“ gegen die Veröffentlichung diverser Fotos entschieden; sie wurden ohne Erlaubnis auf ihren Grundstücken aufgenommen. Nun sind auch die Entscheidungsgründe veröffentlicht. In den insgesamt drei Urteilen stärkt das Gericht das Eigentumsrecht der Stiftung an ihren Schloss- und Parkanlagen; dieses umfasst auch die Befugnis, Fotografien zu gewerblichen Zwecken zu untersagen. Die Stiftung kann nun von einer Fotoagentur und einem Verlag Schadensersatz sowie Unterlassung verlangen; zusätzlich haftet ein Internet-Bildportal (zumindest auch) als Störer.
Verletzung des Eigentumsrechts

Die Urteile verweisen auf eine frühere BGH-Entscheidung („Schloss Tegel“); dort haben die Richter festgestellt, dass Fotografien von einem Gebäude die Rechte des Eigentümers verletzen können. Zwar liegt in diesen Fällen keine physische Einwirkung vor – aber:

„Zu dem Recht eines Eigentümers, mit der Sache nach Belieben zu verfahren, zählt auch das Recht, sein Eigentum gewerblich zu verwerten. Können Fotografien eines im Privateigentum stehenden Gebäudes nur angefertigt werden, wenn ein dem Eigentümer des Gebäudes gehörendes Grundstück betreten wird, so steht es dem Eigentümer grundsätzlich frei, den Zutritt zu verbieten oder doch nur unter der Bedingung zu gewähren, dass dort nicht fotografiert wird. Der Eigentümer hat somit in einem solchen Fall aufgrund seiner Sachherrschaft die rechtliche und tatsächliche Macht, sich die Möglichkeit, auf seinem Gelände Aufnahme anzufertigen, ausschließlich vorzubehalten (…).“

Dies gilt allerdings nur für solche Abbildungen, die unter Betretung des fremden Grundstücks gemacht werden. Fotografien, die von allgemein zugänglichen Orten aus geschossen werden, berühren das Eigentumsrecht nicht. Das gleiche gilt für rein private Aufnahmen, die nicht gewerblich genutzt werden; es gibt eben kein „Recht am Bild der eigenen Sache“.

Kein Fall für die Panorama-Freiheit

Die Stiftung weist in ihren Anlagen auf entsprechende Verbote hin: Aufnahmen zu gewerblichen Zwecken bedürfen einer vorherigen Zustimmung und der Zahlung eines Nutzungsentgelts. Für die streitgeständlichen Ablichtungen wurde eine derartige Einwilligung nicht eingeholt. Die Beklagten halten eine solche auch nicht für erforderlich, sondern berufen sich auf die sog. Panorama-Freiheit in § 59 UrhG. Das Gericht hält diese Norm jedoch für nicht einschlägig: Sie kann nur Urheberrechte einschränken. Hier liege jedoch ein Eingriff in das Eigentumsrecht vor:

„Beide Rechtsgebiete haben eine unterschiedliche Schutzrichtung und einen verschiedenen Inhalt. Die bürgerlichrechtliche Besitz- und Eigentumsordnung dient dem Schutz der Sachherrschaft über die körperliche Sache, während Gegenstand des Urheberrechts das unkörperliche, geistige Werk ist, dessen Vervielfältigung dem urheberrechtlichen Verwertungsrecht unterfällt (…). Eine Übertragung urheberrechtlicher Schranken auf die zivilrechtliche Eigentumsordnung widerspräche auch dem Grundsatz, dass § 59 UrhG als Ausnahmeregelung eng auszulegen ist (…). Einen allgemein gültigen Rechtssatz, wonach urheberrechtliche Wertungen auf den zivilrechtlichen Eigentumsschutz übertragbar wären, gibt es nicht.“

Auch andere Rechtfertigungen wie etwa die Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 GG) bzw. die Pressefreiheit (Art. 5 GG) sind laut Urteil nicht von Bedeutung: Die Klägerin befriedige bereits selbst das Interesse der Öffentlichkeit, die künstlerisch bedeutsamen Gebäude und Gärten in den Parks näher kennenzulernen, indem sie Bildmaterial vertreibe. Auch seien weder die Bildagentur noch das Foto-Portal Träger des Presse-Grundrechts:

„Eine selbständig ausgeübte, nicht unmittelbar die Herstellung von Presseerzeugnissen betreffende Hilfstätigkeit wird vom Schutz der Pressefreiheit umfasst, wenn sie typischerweise pressebezogen ist, in enger organisatorischer Bindung an die Presse erfolgt, für das Funktionieren einer freien Presse notwendig ist und wenn sich die staatliche Regulierung dieser Tätigkeit zugleich einschränkend auf die Meinungsverbreitung auswirkt. (…) Diese Voraussetzungen liegen bei der Beklagten, die selbst nicht redaktionell tätig wird, nicht vor. Ihre Tätigkeit beschränkt sich auf das Bereitstellen von Fotografien, wobei sich ihr Angebot an jedermann richtet. Allein der Umstand, dass unter ihren Kunden auch Journalisten und Verlage sind, die Bilder von Kulturgütern im Rahmen ihrer Pressetätigkeit verwenden, bedeutet keinen organisatorischen und funktionalen Pressebezug ihrer Tätigkeit.“

Bildportal haftet als Störer

Neben den Verwertern der Fotografien hat die Stiftung auch ein Internet-Portal verklagt, dass die Fotos von Bildagenturen zugänglich macht. Die Beklagte machte zwar geltend, sie vermittle lediglich den Zugang zu den fremden Bildern; das Gericht ist jedoch der Ansicht, ihr Internetauftritt lasse „bei der gebotenen Gesamtbetrachtung aus der Sicht eines verständigen Dritten“ nur den Eindruck zu, dass sie sich fremde Inhalte zu eigen mache. Damit haftet sie für die Bilder als eigene Inhatle nach § 7 Abs. 1 TMG. Selbst wenn man aber nur eine Verantwortlichkeit für fremde Inhalte (§ 7 Abs. 2 TMG) annehme, bliebe die zivilrechtliche Störerhaftung bestehen, weil die in §§ 8 – 10 TMG geregelten Haftungsprivilegien nicht für den Unterlassungsanspruch gelten:

„Als Störer kann derjenige Dienstanbieter auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines absolut geschützten Rechtes beiträgt (…). Hiernach ist die Beklagte als Störerin anzusehen, weil ihr – schon vor Jahren – die Rechtsverletzung bekannt geworden ist und sie nach Kenntnis keine ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, die bekannt gewordenen Inhalte zu löschen oder zu sperren oder in sonstiger, technisch möglicher Weise zu beseitigen.“

Kritik am „Skandal-Urteil“

Bereits im Vorfeld machte der Deutsche Journalisten-Verband mit der Initiative „Pro Panoramafreiheit“ gegen die Praxis der Stiftung mobil. Er sieht die Pressefreiheit in Gefahr:

„Die Verwendung der Bilder in der Tagespresse ist zwar nicht unmittelbar gefährdet, da die “reine” Presseverwendung von der Schlösserstiftung derzeit nicht angegriffen wird. Da Bilder allerdings heutzutage ausschließlich über Datenbanken vertrieben werden, in denen eine Differenzierung nach Kunden aus Tagespresse oder aber Buchverlagen bzw. abhängig vom Verwendungszweck praktisch undurchführbar ist, bedeutet das Urteil auch einen mittelbaren Eingriff in die Pressefreiheit. Denn die Presse wird am schnellen Zugriff auf Bilder über Datenbanken behindert.“

Außerdem werde durch diese Rechtsprechung die Panorama-Freiheit ausgehebelt. Archivalia führt dieses Argument genauer aus:

„Gemäß Stiftungssatzung sind die Parks kostenfrei zugänglich, daher ist bei urheberrechtlich geschützten Werken (z.B. moderner Kunst) die Panoramafreiheit nach § 59 UrhG gegeben: Es handelt sich um öffentliche Parks. „Auch Privatwege gelten als öffentlich, wenn sie nur jedermann frei zugänglich sind“ (Dreier in Dreier/Schulze, UrhR, 2006, § 59 Rz 3). Selbst eine nächtliche Schließung (z.B. eines Friedhofs) ändert daran nichts. (…) Wenn also die Parkwege in Potsdam öffentlich sind, kann die Entscheidung keinen Bestand haben, da die gewerbliche Verwertung von Fotos jedenfalls in dem von § 59 UrhG freigegebenen Rahmen vom BGH ausdrücklich zugelassen wurde.“

Auch Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat die Urteile kritisiert. Von Seiten der Verlage hört man, dass die Entscheidung Konsequenzen insbesondere auch bei Reiseführeren haben werde: Hier wird man in Zukunft wohl auf Abbildung immer mehr verzichten bzw. auf Fotos aus DDR-Zeiten zurückgreifen. Doch noch ist das letzte Wort nicht gesprochen: Gegen das Urteil wurde bereits Berufung eingelegt.

Die Urteile im Volltext:
LG Potsdam, Az. 1 O 175/08, Urteil gegen das Bild-Portal.
LG Potsdam, Az. 1 O 161/08, Urteil gegen die Bildagentur.
LG Potsdam, Az. 1 O 330/08, Urteil gegen den Verlag.

Die Hintergründe des Falls bei Telemedicus.

, Telemedicus v. 08.01.2009, https://tlmd.in/a/1108

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