In den letzten Tagen erlebte die Blogosphäre den Versuch einer versteckten Werbekampagne: Mitarbeiter einer Werbeagentur hinterließen unter Pseudonymen Kommentare in verschiedenen bekannten deutschen Blogs. Diese Kommentare enthielten, mal mehr, mal weniger versteckt, Hinweise auf ein Parfüm namens „ck-IN2U“. Bezahlt wurde für die Werbung allerdings nicht.
Seit die Kommentare als Marketing-Kampagne enttarnt wurden, regt sich Widerstand: Mehrere der Blogger verschickten „Rechnungen“ an die Werbeagenturen – und betraten damit rechtliches Neuland. Denn versteckte Werbung in Blog-Kommentaren ist ein Phänomen, mit dem sich noch kein deutsches Gericht auseinandersetzen musste. Nichtsdestotrotz ist die Rechtsfrage interessant:
Kann das „Unterschieben“ von ungewollter Werbung einen Leistungsanspruch begründen?
Vertragliche Ansprüche
Denkbar wäre, einen Anspruch aus Vertrag herzuleiten. Einige Blogger ergänzen ihre Webseiten um Hinweise wie diesen:
Werbe-Kommentare kosten 1000 Euro pro angefangenen Monat und Kommentar.
(Beispiel fiktiv)
Ein solcher Hinweis ist wohl als Angebot zum Vertragsschluss zu verstehen – fraglich wäre aber, ob auch der Werbende dieses Angebot auch angenommen hat, so dass ein Vertrag zustande gekommen wäre, aus dem sich ein entsprechender Anspruch ableiten könnte. Über dieses Problem könnte man sicher lange diskutieren – wie ein Gericht entscheiden würde, ist aber eine andere Frage.
Der Fall liegt sehr ähnlich zur Situation des Schwarzfahrens in öffentlichen Verkehrsmitteln: Auch hier wird ein angeblich konkludent geschlossener Vertrag zur Durchsetzung einer Geld-„Strafe“ verwendet. Die Gerichte bejahen diesen Anspruch üblicherweise – allerdings steht dort im Hintergrund, dass diese Praxis schon sehr lange durchgeführt wird, also Verkehrsgeltung hat. Außerdem verlangen öffentliche Verkehrsbetriebe nicht 1000 Euro „Strafe“, sondern nur etwa 50. Fazit: Wacklig.
Quasivertragliche Ansprüche
Interessanter ist schon die Frage, ob solche Ansprüche sich nicht aus Geschäftsführung ohne Auftrag ableiten könnten. Eine echte GoA wird in solchen Fällen wohl eher nicht vorliegen. Offensichtlich wollten die Werber die Kommentare in eigenem Interesse abgeben, nicht an Stelle des Blog-Inhabers. Trotzdem maßten sie sich dazu Rechte an, die der Blogger ihnen nicht zugestanden hatte: Kommentare mit werbendem Inhalt gelten als „Kommentarspam“ und sind – wie die Kommentierenden vermutlich auch wussten – unerwünscht und qua „digitalem Hausrecht“ verboten. In Frage kommt also nur ein Fall der angemaßten Fremdgeschäftsführung, bzw. der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag. In diesem Fall entsteht ein Anspruch aus § 687 Abs. 2; § 681 S. 2 und § 676 BGB und richtet sich auf Herausgabe dessen, was der Fremdgeschäftsführer durch die Geschäftsführung erlangt. Im vorliegenden Fall könnten die Blogger, deren Blogs unfreiwillig zu Werbezwecken verwendet wurden also auf die Bezahlung Zugriff nehmen, die die Werbeagentur als Gegenleistung von ihrem Auftraggeber bekommen hat.
Gesetzliche Ansprüche – Schadensersatz
Ob neben dem Herausgabeanspruch auch ein Anspruch auf Schadensersatz entsteht, ist fraglich – ein Vertragsverhältnis besteht (wie oben schon genauer erörtert) wahrscheinlich nicht, und auch ein Verstoß gegen Deliktsrecht kommt wohl nicht in Frage. Vor allem aber mangelt es an einem Schaden: Dies ist nicht automatisch der entgangene Gewinn.
Fazit
Ob Werbung in Blog-Kommentaren vertragliche Zahlungsansprüche auslöst, kann nicht abschließend geklärt werden. Blogger können jedoch versuchen, ihr Recht auf Herausgabe des Erlangten aus angemaßter Geschäftsführung geltend zu machen – und sich dabei möglicherweise eine goldene Nase verdienen.