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Rundfunkgebührenempfehlung 2009 – Reaktionen und Hintergründe

Zum 1. Januar 2009 empfiehlt die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) eine Anhebung der Rundfunkgebühr um 0,95 Euro. Ab diesem Zeitpunkt soll die monatliche Rundfunkgebühr 17,98 Euro betragen. Die Reaktionen auf die Empfehlung sind durchweg gemischt: Während sich die ARD benachteiligt fühlt, steht auf der anderen Seite insbesondere die Werbefinanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender in der Kritik. Streit hat sich zudem insbesondere um die Finanzierung des digitalen Radios sowie der Online-Angebote der Öffentlich-Rechtlichen entzündet. Telemedicus beschäftigt sich in den nächsten Tagen mit den Hintergründen der Auseinandersetzungen.

Erhebliche Abweichungen von den Bedarfsanmeldungen der öffentlich-rechtlichen Sender

Von der Gebührenerhöhung entfallen 0,565 Euro auf die ARD, 0,345 Euro auf das ZDF, 0,02 Euro auf das Deutschlandradio und 0,02 Euro auf den Gebührenanteil der Landesmedienanstalten. Zwar hatten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten weitaus mehr beantragt, die KEF nahm jedoch deutliche Korrekturen an den Bedarfsanmeldungen vor. Diese betreffen die Bestandsfortschreibungen, die Erträge sowie die anrechenbaren Eigenmittel. Obwohl bei den Öffentlich-Rechtlichen für die nächste Gebührenperiode im größeren Umfang Wirtschaftlichkeits- und Sparmaßnahmen geplant sind, sah die Kommission zudem nicht ausgeschöpftes Sparvolumen im Personalbereich. Auch hinsichtlich des Entwicklungsbedarfs wurden deutliche Kürzungen vorgenommen, insbesondere im Bereich des digitalen Radiohörfunks (DAB). Hinzu käme die Überschreitung der von den Anstalten durch Selbstverpflichtung festgelegten Obergrenze für die Online-Angebote von 0,75 % des Gesamtaufwands. Diese wurde in die Berechnung miteinbezogen.
Auf der anderen Seite nehmen die Landesmedienanstalten wieder an der Erhöhung der Rundfunkgebühr teil. Wie die öffentlich-rechtlichen Anstalten werden sie aus den Rundfunkgebühren finanziert (vgl. § 40 Rundfunkstaatsvertrag). Ihr Anteil an dem Gebührenaufkommen ist in § 10 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag prozentual festgelegt. Zudem habe sich trotz gravierender Einsparmaßnahmen die Finanznot bei Radio Bremen (RB) und dem Saarländischen Rundfunk (SR) verschärft. Der derzeitige Finanzausgleich durch die anderen ARD-Anstalten könne „die Lebens- und Funktionsfähigkeit der kleinen Anstalten allein nicht sicherstellen“.

Gemischte Reaktionen bei ARD und ZDF

Der ARD-Vorsitzende Fritz Raff zeigt sich über die Vorschläge der KEF wenig begeistert:

Ich bedaure (…), dass die Empfehlung weit unter einer für uns maßvollen Anhebung liegt. Obwohl die ARD die niedrigste Gebührenanmeldung seit mehr als 20 Jahren vorgelegt hat, hat die KEF deutliche Kürzungen vorgenommen. Dies zwingt alle Landesrundfunkanstalten zu großen Sparanstrengungen und gefährdet die kleineren Sender gar in ihrer Substanz.

Die für die ARD vorgeschlagene Gebührenanpassung von 1,2 % bleibe deutlich unter der derzeitigen Inflationsrate, so Raff. Seit acht Jahren müsse die ARD mit real immer weniger Geld auskommen. Wer da noch vom „ungezügelten Expansionsdrang“ rede, habe „den Bezug zur Realität verloren“. Gleichzeitig aber billige die KEF dem ZDF gegenüber eine jährliche Anhebung von immerhin 1,9 Prozent zu. Bereits zum dritten Mal in Folge werde damit die föderal aufgebaute ARD gegenüber dem ZDF benachteiligt. Der ARD-Vorsitzende:

Da wird offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Es geht nicht darum, dem ZDF etwas wegzunehmen, aber die ARD möchte genauso behandelt werden.

Beim ZDF zeigt man sich, so DWDL, erwartungsgemäß gelassen. Das Ergebnis der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten sei eine „Bestätigung für eine Unternehmenspolitik mit Augenmaß“. Die Kommission habe sich als unabhängiges und sachkundiges Expertengremium bewiesen, teilt das ZDF mit. Das ZDF wolle auch künftig „am rigiden Sparkurs festhalten“, kündigte Schächter an.

Der Deutsche Journalisten-Verband forderte die Ministerpräsidenten der Länder auf, der Erhöhung der Rundfunkgebühren um 95 Cent zuzustimmen. Eine angemessene Erhöhung der Rundfunkgebühren sei für die Zukunft des öffentlichrechtlichen Rundfunks unerlässlich. Nur auf einer soliden finanziellen Grundlage seien qualitativ hochwertiger Journalismus und ein Qualitätsprogramm in einer sich verändernden Medienlandschaft zu gewährleisten.

Werbefinanzierung in der Kritik

Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) ist ebenfalls, wenngleich aus gänzlich anderen Gründen, nicht glücklich mit der KEF-Entscheidung:

Wir können zwar nicht nachvollziehen, dass eine neuerliche Erhöhung der Rundfunkgebühren notwendig ist, müssen uns aber der medienpolitischen und medienrechtlichen Gemengelage, die den fragwürdigen Automatismus der Gebührenerhöhung verursacht, wohl oder übel beugen

sagte VPRT-Präsident Jürgen Doetz. Durch die Gebührenerhöhung stehe zu befürchten, dass sich eventuelle Reformen nun nach hinten verschieben könnten. Um ein klares Signal des Reformwillens zu setzen, seien die Länder jetzt gefordert, die anstehende Gebührenerhöhung zumindest mit einem Einstieg in den Ausstieg der Anstalten aus der kommerziellen Refinanzierung zu verbinden.

So sollte ARD und ZDF ab sofort das Sponsoring verboten werden und spätestens ab der nächsten Gebührenperiode die Werbung insgesamt. Folgten die Länder dem KEF-Vorschlag, wären den Anstalten für die Jahre 2009 bis 2012 Gebühren in einer Größenordnung von rund 7,5 Milliarden Euro jährlich sicher, ohne dass auch nur im Ansatz geklärt sei, welche Art von Programmen und Angeboten nach Umsetzung der Vorgaben der EU-Kommission im Beihilfeverfahren zum öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrag gehörten. ARD und ZDF hätten bereits jetzt mehr Geld zur Verfügung als alle privaten Hörfunk- und Fernsehsender gemeinsam.

Peter Christmann, Vorstandsmitglied von Pro Sieben Sat.1, schließt sich dem in der FAZ (29.01.08) an: Für die Unterscheidbarkeit von privatem und öffentlich-rechtlichem Fernsehen sei eine klare Trennung bei der Finanzierung des dualen Rundfunksystems die beste Lösung. Unterstützung erhält der VPRT aber auch vom medienpolitischen Sprecher der SPD. Marc Jan Eumann im Spiegel-Online-Interview:

Ich halte die Werbefreiheit für ein zentrales Alleinstellungsmerkmal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ich bin daher für einen vollständigen Werbeverzicht. Wir müssen zu einer klar identifizierbaren Trennung im dualen Rundfunksystem kommen: Die Öffentlich-Rechtlichen stehen auf der einen Seite für eine reine Gebührenfinanzierung – ohne Werbung und ohne Sponsoring. Beim Sponsoring soll es allerdings eine Ausnahme für Sport- und kulturelle Großereignisse geben.

Selbst Monika Piel, immerhin Intendantin des WDR, kann sich einen schrittweisen Sponsoring-Verzicht vorstellen, findet aber in den Reihen der ARD für diesen Vorschlag nur geringe Rückendeckung: Die meisten Anstalten seien auf die hohen Einnahmen aus dem Sponsoring angewiesen.

Zum Bericht der KEF (PDF).

Zum 2. Teil der Serie: Rundfunkgebührenempfehlung 2009 – Der Streit um das digitale Radio der Zukunft

, Telemedicus v. 05.02.2008, https://tlmd.in/a/638

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