Eine neue Ausgabe der IRIS plus beschäftigt sich mit der Finanzierung und der Kontrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in ausgewählten Mitgliedstaaten des Europarats. Telemedicus hat sich die Ausgabe näher angeschaut.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Fragen nach der Finanzierung und der Kontrolle. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in vielen Bereichen mit dem privaten Rundfunk konkurriert, dabei jedoch regelmäßig zumindest teilweise staatlich finanziert wird.
Während es vor allem aus dem Bereich der privaten Rundfunkanbieter Stimmen gibt, die darin eine Wettbewerbsverzerrung und unzulässige staatliche Beihilfen sehen, heben die Befürworter vor allem die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Bereich der Grundversorgung hervor. Solche Diskussionen werden nicht nur in Deutschland geführt. Vielmehr ist die Problematik in vielen anderen Staaten ähnlich. Nicht nur der deutsche Gesetzgeber, sondern ebenso die Gesetzgeber anderer Staaten müssen also einen schwierigen Spagat meistern: Es gilt abzuwägen zwischen einer angemessenen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, den Interessen der privaten Rundfunkanbieter und den (auch europäischen) gesetzlichen Vorgaben.
Zur Publikation: IRIS plus
Die IRIS plus-Reihe wird von der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle herausgegeben. Diese Informationsstelle ist eine Einrichtung des öffentlichen Rechts und Teil des Europarats. Als solche hat sie laut Satzung die Aufgabe, „den Informationsfluß innerhalb der audiovisuellen Industrie zu verbessern und den Überblick über den Markt sowie dessen Transparenz zu fördern. Dabei soll die Informationsstelle besonderen Wert darauf legen, Verläßlichkeit, Kompatibilität und Vergleichbarkeit der Informationen zu gewährleisten“.
Zur Erfüllung dieser Aufgabe veröffentlicht sie neben der Schriftenreihe IRIS plus auch auf ihrer Internetseite vielfältige Informationen rund um das Thema Medien. Die Publikation IRIS plus soll dabei den rechtlichen Hintergrund für aktuelle Themenkomplexe bereitstellen. Die einzelnen Ausgaben sind daher weniger als Einführung in ein konkretes Rechtsgebiet zu verstehen, sondern sie thematisieren vielmehr aktuelle Diskussionen und liefern Informationen über den jeweiligen Stand der Dinge.
Inhalt der aktuellen Ausgabe
Die aktuelle Ausgabe der IRIS plus ist in drei Teile gegliedert.
Der Leitbeitrag setzt sich dabei mit dem status quo Finanzierung und Überwachung öffentlich-rechtlicher Angebote in ausgewählten Mitgliedstaaten auseinander. Nachdem dort zunächst die rechtlichen Rahmenvorgaben von europäischer Ebene (der EU sowie des Europarats) kurz angeschnitten werden, werden anschließend die aktuellen Finanzierungsmodelle einiger Mitgliedstaaten näher erläutert. Schließlich beschäftigt sich der Leitbeitrag mit der inhaltlichen und finanziellen Kontrolle der öffentlich-rechtlichen Medienangeboten.
Hierzu wird wiederum die Situation in einzelnen Mitgliedstaaten des Europarats exemplarisch dargestellt. Der besondere Fokus liegt dabei auf der Darstellung der Kontrolle neu geschaffener Dienste. Hiermit sind vor allem die Internetaktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gemeint. Deutschland überprüft die Zulässigkeit derartiger Dienste mit dem sogenannten „Drei-Stufen-Test“, andere Staaten haben „Public-Value“-Tests mit ähnlichen Kriterien eingeführt. Auf diese geht der Leitbeitrag näher ein und erläutert dabei die genauen Kriterien und Funktionen der einzelnen Tests.
Der zweite Teil – die Berichterstattung – setzt sich mit der aktuellen Entwicklung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in ausgewählten Staaten auseinander. Hier werden nicht nur die rechtlichen Änderungen in jüngster Vergangenheit kurz skizziert, vielmehr werden auch die aktuellen Überlegungen und geplanten Reformen dargelegt. So wird beispielsweise im Länderbericht Deutschland das Kirchhof-Gutachten angesprochen; zudem wird dort der Stand der Planungen bezüglich der Abkehr von der Geräteabgabe hin zur Haushaltsabgabe geschildert.
Im dritten Teil („ZOOM“) wird schließlich dargestellt, welche Angebote öffentlich-rechtlicher Sender sich bisher den oben erwähnten „Public Value“-Tests unterziehen mussten. Hierzu werden die entsprechenden Angebote in einer Tabelle nach Ländern sortiert aufgelistet. Jedes Angebot wird dabei kurz beschrieben und die Entscheidung nach Anwendung des Testverfahrens genannt.
Weiterhin enthält dieser Teil eine tabellarische Auflistung der Einnahmen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmen in den 27 EU-Staaten von 2004 bis 2008.
Fazit
Wer erwartet, nach der Lektüre der aktuellen IRIS plus-Ausgabe zum Experten in Sachen Rundfunkrecht zu werden, wird enttäuscht werden; diesen Anspruch kann die Publikation nicht erfüllen. Mit 57 Seiten ist die Publikation schlichtweg zu kurz, um wirklich tief in das Rundfunkrecht in unterschiedlichen Ländern Europas einzudringen.
Allerdings stellt die IRIS plus auch nicht den Anspruch, dieses Ziel mit einer einzelnen Ausgabe zu erreichen. Vielmehr liegt die Konzentration klar auf der Kontrolle und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Europa, also einem Teilbereich des Rundfunkrechts.
Wer hierüber einen Überblick haben möchte, liegt mit der IRIS plus richtig. Zwar geraten einzelne Teilaspekte etwas kurz. So wird die – zugegeben recht vage und wenig umfangreiche – Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in den Abschnitten über Deutschland nicht thematisiert. Allerdings sind diese Aspekte für das Verständnis des Systems in den jeweils vorgestellten Ländern auch nicht zwingend erforderlich.
Insgesamt erhält man mit dieser Ausgabe eine gute Übersicht über den aktuellen Stand der Diskussion. Interessant dürfte dabei für viele Leser sein, wie unsere Nachbarn mit der Problematik umgehen und welche Lösungsansätze sie in Bezug auf die Finanzierung und Kontrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entwickelt haben.
Weitere Informationen auf der Seite der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle