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Rezension: Hamburger Kommentar – Gesamtes Medienrecht

Cover: Hamburger Kommentar - gesamtes Medienrecht

„Der große Blaue mit der seltsamen Gliederung“

Seit einigen Wochen liegt die zweite Auflage des Hamburger Kommentars – Gesamtes Medienrecht vor. Damit scheint sich dieser Gesamtkommentar im Markt durchgesetzt zu haben. Und das obwohl oder vielleicht auch gerade weil er mit einer außergewöhnlichen Gliederung der kommentierten Normen daherkommt.

Kommentar oder Handbuch?

Schon die erste Auflage des Hamburger Kommentars stieß nicht selten auf irritierte Blicke: Stand auf dem Einband noch das Wort „Kommentar“, so konnte man bei erster in Augenscheinnahme des Buchinhalts zunächst meinen, man lese in einem Handbuch.

Dem Werk dient als strukturgebendes Element nämlich nicht die Normenreihenfolge eines Gesetzes. Sondern es gliedert sich thematisch und damit norm- und rechtgebietsübergreifend. Diese außergewöhnliche Ordnungsidee bringt den Leser aber schon nach kurzer Eingewöhnung nicht selten schneller an sein Rechercheziel als das Arrangement in klassischen Kommentaren.

Der gewählte Aufbau ist in Anbetracht des breit gestreuten medienrechtlichen Normendschungels sinnvoll: Bei der Lösung vieler medienrechtlicher Probleme kommen eine Mehrzahl an gesetzlichen Grundlagen zur Anwendung. Diese stammen nicht selten sogar von unterschiedlichen Gesetzgebern. Beispielsweise können im Zusammenhang mit Impressumspflichten regelmäßig sowohl die Landespressegesetze als auch der Rundfunkstaatsvertrag und das Telemediengesetz einschlägig sein. Daher ist es erfreulich, dass die zweite Auflage des Hamburger Kommentars die themenbasierte Giederung beibehält. So werden unnötige inhaltiche Wiederholungen genauso vermieden wie allzu störendes Blättern über Dutzende von Seiten.

Inhalt

Strukturell gab es keine großen Veränderungen zur Vorauflage. Die Kommentierung wurde lediglich aktualisiert und an einigen Stellen vertieft. Somit gliedert sich das Werk noch immer in elf große Teile:

  • Medienverfassungs- und Europarecht
  • Medienkartell- und Regulierungsrecht
  • Medienwettbewerbsrecht
  • Medienzivilrecht
  • Medienhandelsrecht
  • Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht
  • Medienarbeitsrecht
  • Medienordnungs- und Aufsichtsrecht
  • Datenschutzrecht
  • Jugendmedienschutz
  • Medienstraf- und Medienstrafverfahrensrecht

Damit füllt der Kommentar mehr als 1.700 stolze Seiten. Bei einem solchen Umfang ist es dann aber umso betrüblicher, wenn im Stichwortverzeichnis am Buchende überraschend oft fehlerhafte Fundstellen referenziert sind (bspw. zu „Gerichtsstand“, „verantwortliche Stelle“, „Pflichtexemplar“, oder „DRM“).

Gesamtes Medienrecht

Der Titel des Werkes erhebt einen nicht ganz unbescheidenen Anspruch: „Gesamtes Medienrecht“. Selbstverständlich ist jedem Leser bewusst, dass der Umriss eines gesamten Rechtsgebietes nur schwerlich in einem einbändigen Kommentar möglich sein wird – erst recht im Falle des Medienrechts. Im Vergleich zu seinem im Verlag C.H. Beck erschienene Geschwisterwerk Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, ist der Hamburger Kommentar inhaltlich gewiss breiter aufgestellt, bleibt aber auch an manchen Stellen oberflächlicher.

Die Autoren schaffen es dennoch überraschend häufig, äußerst zufriedenstellende Antworten auf praktische medienrechtliche Fragen zu liefern. Der Griff nach einem umfangreichen Einzelkommentar wird infolge dessen nach einem ersten Blick in den Hamburger Kommentar so manches Mal überflüssig. Preislich bleibt das Werk übrigens mit 189,00 Euro mehr als 100,00 Euro unter seinem genannten „Geschwisterwerk“ aus dem Hause Beck.

Zielgruppe und Darstellung

Die überwiegend kompakte Darstellung wendet sich in erster Linie an medienrechtliche Praktiker. Wenn man sich anschaut, dass 30 der insgesamt 36 Bearbeiter ausweislich des Bearbeiterverzeichnisses Praktiker sind, dann spiegelt dieses Verhältnis auch die inhaltliche Ausrichtung des Werkes.

Wie bei jedem Mehrautorenwerk dieses Umfanges ist die Darstellungstiefe in den einzelnen Abschnitten teilweise unterschiedlich. Und auch der Grad an Aktualisierung, den Werkteile in der Neuauflage erfahren haben, scheint stark zu differieren. So vermisst man an einigen Stellen schon deutlich die Auswertung neuerer Judikatur. Andernorts freut man sich dann aber beispielsweise wieder über die Berücksichtigung jüngster Pläne und Maßnahmen der medienrechtlichen Gesetzgeber.

Das Kapitel zu den Grundregeln des medienrelevanten Datenschutzes von RA Dr. Philipp Kramer ist aufgrund des Einsatzes graphischer Darstellungen hervorzuheben. Über die konkrete Umsetzung und die Qualität der abgedruckten Übersichten kann man sicherlich streiten. Doch der Umstand an sich, dass hier in einem Kommentar Inhalte graphisch aufbereitet worden sind, ist lobenswert. Beim Einsatz unterstützender Abbildungen könnten Verlage, Herausgeber und Autoren – zumindest an neuralgischen Stellen – in der juristischen Kommentarliteratur generell mutiger werden. Denn oftmals sagt ein wohlüberlegt eingesetztes Bild eben mehr als tausend dichtgedrängte Worte. Wobei man dem Verlag im vorliegenden Fall beim Schriftbild auch keine Vorwürfe machen kann: Alles ist übersichtlich und gut lesbar; auf kommentartypische Abkürzungsorgien wurde dankenswerter Weise verzichtet.

Fazit

Alle Beteiligten haben mit der ersten Auflage des Hamburger Kommentars – Gesamtes Medienrecht Mut bewiesen. Und sie sind belohnt worden. Spätestens mit der nun erschienenen zweiten Auflage reiht sich „der große Blaue“ bei Praktikern sicherlich in die Regalborte mit der medienrechtlichen Standardliteratur ein, die sich in Griffweite des Schreibtisches befindet. Denn besonders zur ersten Orientierung kann der schnelle Griff nach diesem Buch lohnenswert sein.

Paschke, Marian / Berlit, Wolfgang / Meyer, Claus (Hrsg.)
Hamburger Kommentar – Gesamtes Medienrecht
Nomos, 2. Auflage 2012
Gebundene Ausgabe m. Schutzumschlag, 1729 Seiten, 189,00 Euro.

Inhalts- und Bearbeiterverzeichnis.
Bestellmöglichkeit bei Nomos.

Abbildung: Nomos, alle Rechte vorbehalten.

, Telemedicus v. 24.04.2012, https://tlmd.in/a/2246

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