Das Internet, ein rechtsfreier Raum? Diese Mär wird mit Erscheinen des neuen „Härting” endgültig ins Reich der Mythen verbannt. Das Internetrecht zählt nicht nur an vielen Universitäten zum festen Bestandteil des Lehrplans, auch in der Praxis nimmt der Bedarf an qualifizierter juristischer Beratung zu. Mit „Internetrecht” von Niko Härting hat dieses Rechtsgebiet ein Standardwerk gefunden, das Ende 2013 in der fünften Auflage erschienen ist.
Das Internetrecht ist eine Querschnittmaterie: Es umfasst neben urheber- und datenschutzrechtlichen Fragen auch eher banal anmutende Fragen des Kaufvertrags- und Fernabsatzrechts, außerdem das Domainrecht mit starken Bezüge zum Namens- und Markenrecht, das Vertrags-, Fernabsatz-, Wettbewerbs, Urheber- und das Datenschutzrecht. Die wichtigen Impulse gingen in den letzten Jahren meist von der Rechtsprechung aus, was das Internet zu einer stark fallrechtsgeprägten Materie macht. Für einen Autoren, der alle relevanten Rechtsgebiete abdecken will, keine leichte Aufgabe.
Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis (PDF) zeigt aber: Hier bleiben kaum Fragen offen. In neun Kapiteln erfasst das Buch alle relevanten Rechtsgebiete, beginnend mit der Darstellung der Persönlichkeitsrechte und des Datenschutzes, gefolgt von wirtschaftsrechtlichen Themen (u.a. Vertragsrecht, Fernabsatz-, Urheber-, Wettbewerbs- und Domainrecht) sowie haftungs- und kollisionsrechtlichen Fragen. Den Abschluss bildet ein Ausblick auf die künftigen Entwicklungen des Datenschutzrechts. Strafrechtliche Aspekte bleiben weitgehend außen vor; angesichts der Zielrichtung des Buches ist dies aber nur konsequent.
Den eigentlichen Abschluss des Informationsteils bildet die angehängte Rechtsprechungsübersicht. Dieser „Anhang” nimmt bei Härting noch einmal 180 Seiten ein; jede Entscheidung wird dabei kurz zusammengefasst. Die Entscheidungen sind thematisch entsprechend der Kapitel des Hauptteils gegliedert und mit Schlagworten versehen. Vor allem Praktiker können sich hier einen schnellen Überblick über die für ihren Fall relevante Rechtsprechung verschaffen.
Der Autor des Werks, Niko Härting, ist sowohl Rechtsanwalt als auch akademischer Lehrer. Auch das vorliegende Werk nimmt für sich in Anspruch, Praxisratgeber und (Einführungs-) Lehrbuch zugleich zu sein. Es wagt den Spagat zwischen Beratungspraxis und universitärer Lehre – und überzeugt dadurch. Die beiden Ansätze stärken und befruchten sich gegenseitig; auch, weil Härting sie durch einen prägnanten Schreibstil verbindet. So gelingt auf „nur” 644 Seiten ein umfassender Überblick über den aktuellen Stand des Internetrechts.
Auch wenn Härtings Werk mit seiner prägnanten, leicht verständlichen Sprache zum Schmökern einlädt, ist es in erster Linie ein Nachschlagewerk für Praktiker, ggf. sogar für Nichtjuristen. Für Praktiker bieten die optisch hervorgehobenen Praxistipps und Musterformulierungen nützliche Hilfestellungen. Wer sich einen Überblick über ein bestimmtes Thema oder eine Fallfrage verschaffen will, findet hier eine erste Anlaufstelle. Rechtsprechungsübersicht und ein umfassendes Literaturverzeichnis liefern darüber hinaus genügend Informationen zur weiteren Vertiefung.
Das Werk eignet sich außerdem als Lehrbuch für Studenten und Referendare, die sich einen Überblick über die Materie des Internetrechts machen wollen. Einzig der hohe Anschaffungspreis bedeutet für diese Zielgruppe eine gewisse Hürde.
Das Warten hat sich gelohnt. Härting präsentiert mit der Neuauflage eine gelungene Überarbeitung und setzt darüber hinaus auch thematisch neue Akzente. Das Buch bietet einen umfassenden Überblick über die Materie des Internetrechts und überzeugt durch eine prägnante, praxisorientierte Darstellung. Praxistipps, Musterformulierungen und die ausführliche Rechtsprechungsübersicht runden das Gesamtbild ab. Ein unverzichtbares Standardwerk für IT-Juristen, gleichzeitig eine angenehme und anregende Lektüre und als solche auch netzaffinen Nichtjuristen zu empfehlen.
RA Prof. Niko Härting
Internetrecht
Verlag Dr. Otto Schmidt, 5. neu bearbeitete Auflage, 2014, 896 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, ISBN 978-3-504-56095-9
84,80 Euro