Der Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes weist aus verschiedenen Gründen im Vergleich zu vielen anderen Rechtsgebieten besondere prozessuale Bedingungen auf. Dies zeigt sich auch an der Vielzahl der prozessrechtlichen Entscheidungen des BGH. Nur als neuere Beispiele sei die Rechtsprechung des BGH zur alternativen Klagehäufung aus dem Jahr 2011 (BGH, Beschl. v. 24.3.2011 – I ZR 108/09, GRUR 2011, 521 – TÜV I; BGH, Urt. v. 17.8.2011 – I ZR 108/09, GRUR 2011, 1043 – TÜV II) oder zur Konkretisierung des Streitgegenstandes (BGH, Urt. v. 13.9.2012 – I ZR 230/11 – Biomineralwasser) genannt. Zusätzlich haben sich bestimmte prozessuale Usancen – z.B. im Patentrecht das „Münchener Verfahren” – herausgebildet.
Aufgrund dieser Besonderheiten liegt es – im Rückblick betrachtet – nicht fern, einen spezialisierten Kommentar nur für das Prozessrecht im gewerblichen Rechtsschutz aufzulegen. Der im C.H.Beck-Verlag erschienene Kommentar von Cepl/Voß schließt nun die bisher bestehende Lücke in diesem Bereich mit einer Kommentierung der für den gewerblichen Rechtsschutz besonders relevanten Paragraphen der ZPO.
Das Werk richtet sich vornehmlich an den Praktiker im gewerblichen Rechtsschutz. Diese praktische Ausrichtung lässt sich schon am Verzeichnis der Bearbeiter des Werks ohne Weiteres ablesen: Von den 21 Bearbeitern sind 11 als Rechtsanwälte und 10 als Richter tätig.
Dabei besteht der Cepl/Voß ohne Weiteres jeden Praktikercheck. Wer z.B. gebündelt die Voraussetzungen der Dringlichkeit bei der einstweiligen Verfügung, deren Darlegung und Glaubhaftmachung sowie zu den möglicherweise dringlichkeitsschädlichen Einflüssen wie Vorkenntnis etc. nachschlagen will, wird unmittelbar in der Kommentierung von § 940 Rn. 60 ff. fündig. Auch für den Verfügungsanspruch werden die häufigsten Antragstellerbegehren (Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz, Vernichtung, Beseitigung etc). unter Berücksichtigung der Rechtsprechung der jeweiligen Spezialkammern und –senate behandelt (§ 940 Rn. 37 ff.).
Ein weiteres Beispiel: Die Auswirkungen der oben angesprochenen TÜV-Rechtsprechung des BGH werden insbesondere im Zusammenhang mit der Antragsfassung (§ 253 Rn. 65 ff.), dem Streitwert (§ 5 Rn. 1, 14) und der Kostenverteilung (§ 92 Rn. 35) dargestellt.
Dabei vereint der Kommentar im Ergebnis die prozessualen Ausführungen der verschiedenen spezialgesetzlichen Kommentare (z.B. PatentG, UWG etc.) sowie der allgemeinen ZPO-Kommentare an der jeweils treffenden Norm der ZPO. So werden beispielsweise die gesetzlichen Vermutungen aus § 139 Abs. 3 PatG, §§ 28, 31, 107 MarkenG, Art. 99 GMV, § 39 DesignG, Art. 85 GGV und § 10 UrhG konzentriert bei § 292 ZPO (Rn. 22 ff.) bearbeitet.
Das Werk behandelt wie dargestellt eine Vielzahl der täglichen Fragen des Praktikers. Der Kommentar dürfte deshalb schnell zur ersten Anlaufstelle werden. Dabei hilft auch das umfangreiche, über 40 Seiten starke Stichwortverzeichnis. Immer wieder werden bei den einzelnen Normen zudem „wichtige Anwendungsfälle im gewerblichen Rechtsschutz“ dargestellt (so beispielsweise bei § 292 Rn. 40 ff.), auch die teilweise enthaltenen Orientierungshilfen z.B. zur Abgrenzung von Streitgegenständen (§ 253 Rn. 101 ff.) stellen sich als äußerst hilfreich heraus.
Dennoch kann es das eine oder andere Mal erforderlich werden, zur Vertiefung die „allgemeinen“ zivilprozessualen Kommentare oder die jeweiligen prozessualen Ausführungen in den spezialgesetzlichen Kommentaren zu Rate zu ziehen. Auch hier man mit dem Cepl/Voß aber gerüstet: Im umfangreichen Fußnotenapparat finden sich neben Verweisen auf die Rechtsprechung auch solche auf ZPO-Kommentare und Kommentierungen der jeweiligen Spezialgesetze.
Mit dem Cepl/Voß ist Ende 2014 ein völlig neu ausgerichtetes Werk zu prozessualen Fragen im Gewerblichen Rechtsschutz erschienen. Für den Praktiker ist der Kommentar in jeder Hinsicht hilfreich und daher uneingeschränkt empfehlenswert.
Philipp Moritz Cepl / Ulrike Voß (Herausg.)
Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz – ZPO mit spezieller Berücksichtigung des Marken-, Patent-, Gebrauchsmuster-, Design- und Lauterkeitsrechts sowie des UKlaG
C.H.BECK, 1. Aufl. 2015
1421 Seiten, gebunden
199,- Euro
ISBN 978-3-406-65048-2
Das Werk auf den Seiten des C.H.Beck-Verlages.
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