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Rechtliche Probleme bei WLAN-Communities

Unterwegs im Netz: kostenlos mit WLAN-Communities.

Drahtlose Netzwerke erfreuen sich großer Beliebtheit. Ganze Stadtviertel sind flächendeckend mit privaten Wireless-Netzwerken abgedeckt. Und nicht selten schlummert hinter einem Netzwerk ein unausgelasteter DSL-Anschluss. Warum also nicht diese Netzwerke der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen?

Das dachten sich auch einige Anbieter von WLAN-Communities. Die Idee: Mitglieder der Community geben ihren Internetanschluss drahtlos für andere Mitglieder frei. Wer unterwegs Zugriff auf das Internet braucht, muss sich nur den nächsten Community-Access-Point suchen und sich in das jeweilige Netzwerk einloggen. Das kann freilich mühsam sein, wenn die Community klein ist und nur wenige Access-Points zur Verfügung stehen. Doch je größer die Community, desto näher der nächste Access-Point. Entsprechenden Zuwachs verzeichnen Plattformen für „WLAN-Sharing“.

Klingt nach einer klassischen Win-Win-Situation – doch das deutsche Recht birgt einige Tücken.
Haftung des Netzwerkanbieters

So entschied vor Kurzem das OLG Hamburg, dass der Inhaber eines ungeschützten Wireless-LAN als Mitstörer haftet, wenn über seinen Anschluss Rechtsverletzungen begangen werden:

Die Verwendung einer ungeschützten WLAN-Verbingung für den Zugang ins Internet birgt danach die keinesfalls unwahrscheinliche Möglichkeit, dass von – unbekannt – Dritten [sic!], die die ungeschützte Verbindung nutzen, solche Rechtsverletzungen begangen werden. Das löst Prüf- und gegebenenfalls Handlungspflichten aus, um der Möglichkeit solcher Rechtsverletzungen vorzubeugen.

Doch gilt das auch für Community-Netzwerke? Solche Netzwerke werden meist nicht für jedermann offen gehalten, sondern sind nur bestimmten Personenkreisen zugänglich. Die Methoden zur Absicherung der Netzwerke variieren dabei und sind abhängig von der Größe der Communities. Zum Beispiel bietet eine große WLAN-Community spezielle Access-Points an, die nur Mitgliedern Zugriff auf das private Netzwerk erlauben. Kleine Communities, wie etwa Nachbarschaftsgemeinschaften, schalten die Netzwerke nur für bestimmte Computer frei oder wählen ein gemeinsames Passwort. Doch reicht das aus, um der Mitstörerhaftung zu entgehen?

Auf jeden Fall kann durch technische Maßnahmen sichergestellt werden, dass nur ein begrenzter Personenkreis Zurgriff auf das private Netzwerk erhält. Eine Nutzung durch unbekannte Dritte wäre damit nicht mehr möglich – vorausgesetzt, dass über den Communitybetreiber Rückschluss auf die Person jedes einzelnen Nutzers möglich ist.

Außerdem stellt sich die Frage, was für genaue Prüfungspflichten dem WLAN-Betreiber überhaupt auferlegt werden könnten. Denn die genaue Überwachung des Netzwerkverkehrs verbietet das Fernmeldegeheimnis.

Dennoch bleibt ein ungutes Gefühl. Denn im Internet tritt jeder Nutzer eines privaten Netzwerkes mit der IP-Adresse des Anschlussinhabers in Erscheinung. Erster Ansprechpartner bei Rechtsverstößen bleibt also der WLAN-Anbieter. Und noch haben sich die Gerichte mit WLAN-Sharing noch nicht auseinandergesetzt. Das Risiko für fremde Rechtsverstöße haftbar gemacht zu werden, bleibt also bestehen.

Das Problem des gewerblichen Handelns

Ein ganz anderes Problem stellt sich, wenn Netzwerke der Community gewerblich zur Verfügung gestellt werden. Einige Communities bieten ihren Mitgliedern nämlich auch die Möglichkeit, mit der Freigabe ihres Netzwerkes Geld zu verdienen: wer selbst keinen Access-Point zur Verfügung stellt, bezahlt für die Nutzung anderer Netzwerke. Damit verdient nicht nur der Community-Betreiber, sondern auch der jeweilige Anschlussinhaber. Doch wo regelmäßig Geld fließt, lauert die Gefahr des „gewerblichen Handelns“. Denn oft unterscheidet das deutsche Recht zwischen privatem und gewerblichen Handeln und legt unterschiedliche Maßstäbe an.

So auch hier: Wer gewerblich Telekommunikationsdienste für die Öffentlichkeit bereitstellt, ist „Diensteanbieter“ im Sinne des Telekommunikationsgesetzes. Telekommunikationsdienste sind nach § 3 Nr. 24 TKG solche Dienste die zumindest überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen. Also auch das private WLAN, über das ein Internetzugriff ermöglicht wird.
Und auch für die Öffentlichkeit dürften diese Dienste bereitgestellt werden – schließlich steht es jedermann frei, sich bei einer solchem Community anzumelden.

Die Konsequenz: Der gewerbliche WLAN-Anbieter wird von der vollen Wucht des TKG erfasst.
So muss er nach § 6 Abs. 1 TKG seine Tätigkeit zunächst schriftlich der Bundesnetzagentur melden. Andernfalls droht nach § 149 Abs. 1 Nr. 2 TKG ein Bußgeld. Hinzu kommen spezielle Kundenschutz- und Datenschutzvorschriften. Außerdem muss der gewerbliche Telekommunikationsanbieter nach § 110 TKG technische Vorrichtungen zur Umsetzung gesetzlicher Überwachungsmaßnahmen einrichten. Das ist nicht nur teuer, sondern auch aufwendig. Obendrein wird nach § 144 TKG ein Telekommunikationsbeitrag für die Tätigkeit der Bundesnetzagentur fällig.
Und spätestens hier ist es dann aus mit der Win-Win-Situation.

Fazit

So schön die Idee des Community-WLAN auch sein mag: nach derzeitiger Rechtslage lauern einige Gefahren, die wohl vielen Mitgliedern solcher Plattformen nicht bewusst sind. Obendrein steht das Finanzierungsmodell durch Bezahlung der WLAN-Nutzung auf sehr wackligen Beinen. Denn die hohen Anforderungen des TKG werden wohl für kaum ein Community-Mitglied zu erfüllen sein. Und in Anbetracht der Tatsache, dass solche Community-WLAN nicht im Sinne der großen Telekommunikationsunternehmen sein dürften, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, wann sich das erste Mal Gerichte mit dieser Problematik auseinandersetzen müssen.

, Telemedicus v. 17.03.2007, https://tlmd.in/a/102

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