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Piratenpartei und Urheberrecht

Was will die Piratenpartei im Urheberrecht? Abschaffen – das wäre die einfache Antwort. Stimmt aber nicht. Die Piratenpartei beschäftigt sich zwar eingehend mit dem Urheberrecht, aber sie ist weit davon entfernt, es abschaffen zu wollen. Aktuell sammelt die Partei Konzepte.
Auf ihrem letzten Bundesparteitag hat die Piratenpartei ein Arbeitspapier (PDF) verabschiedet, das verschiedene Parteimitglieder gemeinsam erarbeitet haben. Das Papier soll zur Grundlage des Wahlprogramms werden. Es befasst sich auf insgesamt 21 DIN A4-Seiten mit möglichen Änderungen des UrhG.

Ein Auszug aus der Einleitung des Papiers:

Ziel dieses Entwurfes ist es, das deutsche Urheberecht wieder auf ein sinnvolles Stadium für alle Beteiligten zurückzuwandeln. Dabei gehen wir grundsätzlich davon aus, dass unser Urheberrecht für jeden funktionieren kann – man muss es eben nur vernünftig und zeitgemäß reformieren.

Bei der Behandlung des Themas Urheberrecht ist es wichtig, sich nicht blind durch Abneigungen etwa gegen die GEMA, die Positionen der großen Musiklabels oder Verlage, die Praxis von Buyout-Verträgen oder die Gängelungen der Verbraucher, etwa durch DRM, treiben zu lassen – und sich dadurch zu Schnellschüssen verleiten zu lassen, wie etwa pauschal das Urheberrecht einfach auf 5 oder 10 Jahre verkürzen zu wollen. Bei solch unverhältnismäßigen Kürzungen würde man sich den eigentlichen Problemen des Urheberrechts garnicht erst stellen und würde die Bedürfnisse der meisten Urheber vollkommen außer Acht lassen.

Man muss sich auch bewusst machen, dass die wenigsten Kreativen, die auf das Urheberrecht angewiesen sind, von ihren Wertschöpfungen leben können. Es gibt statistisch gesehen nur einige wenige Künstler, die wirklich „das große Geld“ machen. Man darf daher keineswegs den Schluss ziehen, nur durch reine kommerzielle Verwertung von Werken ließe sich für jeden Urheber immer genügend Einkommen generieren. Eine Statistik der Kreativen, die über die Künstlersozialkasse (KSK) versichert sind, führt einem da die Realität näher vor Augen (etwa 170.000 Versicherte mit einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von ca. 13.700€).

Auch im Abschnitt „Verkürzung von Schutzfristen” wird das Papier deutlich:

Man mag zum Thema „geistiges Eigentum“ philosophisch stehen wie man will. Die juristische Realität geht aber davon aus, dass es so etwas gibt. Sich davor zu verschließen bringt die Diskussion nicht weiter. Man kann das ganze auch ruhig anders nennen und einfach auf die nach der Begründung zu diesem Gesetz erwähnten „Vermögensrechte“ des Urhebers verweisen. Damit sind die Verwertungs- und Nutzungsrechte gemeint.

Bei einer Verkürzung von Schutzfristen wird man sich jedenfalls schnell mit dem Thema Enteignung beschäftigen müssen.

Die Piratenpartei also als der neue Freund der Kreativen und Urheber in Deutschland? Ganz so weit wird es wohl doch nicht kommen. Der Bundesparteitag ist mittlerweile einige Wochen her, und die Piratenpartei arbeitet in ihrem Wiki an konkreteren Entwürfen. Dort ist bisher noch nicht viel passiert – diskutiert wird aber z.B. über die „Ausgleichslose Abschaffung des Kopierverbots”.

Es wird sich zeigen, ob der „Schwarmintelligenz”-Ansatz der Piratenpartei auch im Urheberrecht Früchte tragen wird. Es wäre jedenfalls eine kleine Revolution, würde die Partei durch Ausarbeitungen in Wikis, Etherpads und Chatrooms ein Ergebnis erzielen, für das anderswo juristische Referenten monate- wenn nicht jahrelang arbeiten. In der letzten Sonntagsfrage liegt die Piratenpartei bei 8 %.

Das Papier der Piratenpartei zum Urheberrecht (PDF).

Der Abschnitt „Urheberrecht” im Piratenpartei-Wiki.

Telemedicus zum netzpolitischen Leitantrag der Grünen.

, Telemedicus v. 12.01.2012, https://tlmd.in/a/2156

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