In der aktuellen Berichterstattung über RA v. Gravenreuths Strafverfahren taucht häufig der Begriff „Domainpfändung“ auf. Doch was genau ist darunter zu verstehen? Gibt es eine Domainpfändung? Wie wird die Vollstreckung in Domains rechtlich beurteilt und praktisch gehandhabt? Im Folgenden werden vier Fragen rund um dieses Thema beantwortet.
Was bedeutet „Zwangsvollstreckung“?
Die Zwangsvollstreckung ist ein staatliches Verfahren, mit dem ein meist privatrechtlicher Anspruch durch staatliche Zwangsgewalt verwirklicht wird. Es reicht nämlich nicht aus, dass ein Recht, beispielsweise im Wege eines Gerichtsverfahrens, festgestellt wird. Darüber hinaus muss demjenigen, dem ein Recht zusteht, auch möglich sein, dieses durchzusetzen – genau das ist Sinn des Zwangsvollstreckungsverfahrens.
In was kann vollstreckt werden?
Eine Zwangsvollstreckung kann z.B. wegen Geldforderungen vorgenommen werden. Dabei wird unterschieden, ob in bewegliches Vermögen, in Forderungen oder sogenannte andere Vermögensrechte vollstreckt wird. Relevant für die Vollstreckung in Domains ist die letztgenannte Kategorie: andere Vermögensrechte. Eine Vollstreckung in „andere Vermögensrechte“ ist gemäß § 857 I ZPO möglich, soweit diese Rechte gesetzlich auf einen anderen übertragen oder zumindest zur Rechtsausübung überlassen werden können. Gleichzeitig muss ein solches „anderes Recht“ einen Vermögenswert verkörpern, der ausreicht, um den Gläubiger wegen seines Geldanspruchs zu befriedigen. Zu den übertragbaren Rechten im Sinne dieser Vorschrift gehören auch Immaterialgüterrechte, z.B. Patente, Marken und teilweise Urheberrechte. Diese sind unstreitig pfändbar.
Ist eine Domain pfändbar?
Die Pfändbarkeit und damit auch Vollstreckbarkeit von Internet-Domains war lange heiß umstritten. Beendet wurde der Streit 2005 durch einen Beschluss des BGH. Ein Vermögensrecht im Sinne des § 857 I ZPO muss dem Rechtsinhaber einen gesetzlichen Absolutheitsanspruch gewähren. Einen solchen Absolutheitsanspruch spricht der BGH den oben genannten Immaterialgüterrechten (z.B. Patent) zu – einer Domain aber nicht. Eine Internet-Domain mit der Funktion einer technischen Adresse gewährt dem Domaininhaber zwar auch eine ausschließliche Stellung. Diese beruhe, so der BGH, aber nur auf der Tatsache, dass die Domain aus technischen Gründen nur einmal vergeben werden kann. Eine solche bloß „faktische“ Ausschließlichkeit begründe aber kein mit Urheber- oder Markenrechten vergleichbares absolutes Recht im Sinne von § 857 I ZPO.
Stattdessen können aber die schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Domain-Inhaber aus dem Registrierungsvertrag mit der DENIC (Domain-Registrierungsstelle) zustehen, einer Pfändung gemäß § 857 I ZPO unterliegen. Dabei ist die DENIC Drittschuldnerin.
Diese Ansprüche sind laut BGH im Einzelnen:
• der Anspruch auf Eintragung der Domain in das DENIC-Register und den Primary Nameserver,
• der Anspruch auf Aufrechterhaltung dieser Eintragungen,
• der Anspruch auf Anpassung des Registers an veränderte persönliche Daten,
• der Anspruch auf Zuordnung zu einem anderen Rechner durch Änderung der IP-Nummer.
Gemäß § 811 Nr. 5 ZPO analog können diese Ansprüche gegen die DENIC aber ausnahmsweise unpfändbar sein, wenn die Domain zur Erwerbstätigkeit erforderlich ist.
Unpfändbarkeit kann auch dann vorliegen, wenn die Domain-Bezeichnung den Namen des Domain-Inhabers enthält. Dann ist die Domain durch das Namensrecht (§ 12 BGB) und das damit verbundene allgemeine Persönlichkeitsrecht des Domain-Inhabers geschützt; eine Vollstreckung in die oben genannten Ansprüche ist dann nicht zulässig.
Eine Domain-Bezeichnung kann auch eine Marke enthalten. Dann kann neben dem schuldrechtlichen Anspruch gegenüber der DENIC zusätzlich das Markenrecht gepfändet werden.
Weshalb kann ein Interesse an der Pfändung des schuldrechtlichen Anspruchs bestehen?
Bestimmte Domains können sehr begehrt sein und möglicherweise einen hohen Wert besitzen. Es macht daher Sinn, die gepfändeten Ansprüche an der Domain auf einer Internetauktions-Plattform wie sedo.de an den Meistbietenden zu versteigern.