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OLG: Shift TV rechtswidrig

Das Oberlandesgericht Dresden hat heute die Entscheidung des Landgerichts Leipzig bestätigt, dass der Onlinevideorekorder Shift TV gegen das Urheberrecht verstoße.
Nachdem das Beitreiberunternehmen, die Netlantic GmbH, vom Sender SAT.1 abgemahnt worden war, kam es zum Rechtsstreit. Der Service verstoße gegen das Urheberrecht. Das Gericht folgte der Auffassung von SAT.1 und sah den Sender in seinen Rechten verletzt.

Shift TV bietet Internetbenutzern die Möglichkeit, online Fernsehsendungen aufzuzeichnen und als Video Datei herunterzuladen. Für knapp 10 EUR im Monat erhalten Kunden 10 Stunden Speicherkapazität und können per Knopfdruck bis zu drei Sendungen gleichzeitig aufnehmen lassen. Die aufgezeichneten Sendungen können auch online wieder gelöscht werden, sodass Speicherplatz für neue Aufzeichnungen frei wird. Ein handelsüblicher Computer mit Windows reicht nach Angaben der Betreiber zum Abspielen der Videos aus.

Doch urheberrechtlich sind solche Angebote problematisch.
Netlantic begründet die Rechtmäßigkeit der Aufzeichnungen damit, dass es sich um eine Privatkopie im Sinne des § 53 UrhG handle. Sie selbst stellten nur die Technik zur Verfügung, der eigentliche Kopiervorgang werde durch den Benutzer ausgelöst. Die Internetseite sei demnach nur eine andere Art einer Fernbedienung für einen gemieteten Videorekorder. Dabei stützte sich Netlantic auf ein Urteil des Oberlandesgericht München, das den Betrieb von Münzkopierautomaten für rechtmäßig erklärte (Urteil vom 20.03.2003 – 20 U 5494/02).

Die Gerichte sahen das anders.

Bereits im April 2005 untersagte das Landgericht Köln, Sendungen aus dem Programm von RTL aufzunehmen. Das Angebot von Shift TV entspräche demnach einer Weitersendung im Sinne des § 20b UrhG, da das Sendesignal an die verschiedenen „virtuellen Videorekorder“ weitergeleitet werde. Daraus ergäbe sich eine Verletzung des Senderechts nach § 20 UrhG.

Die Betreiber fanden jedoch einen Weg, RTL doch wieder ins Programm aufzunehmen:
Seit September 2006 bietet Shift TV einen kostenlosen Testrekorder mit 5 Stunden Speicherkapazität an. Mit diesem Angebot ist auch die Aufzeichnung von RTL Programmen wieder möglich. Eigentlich bietet das Urheberrecht keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Verstoß gegen das Senderecht nur bei kostenpflichtigen Angeboten vorliegt. Das Oberlandesgericht Köln gab Shift TV jedoch recht.

Im Mai 2006 klagte dann SAT.1 vor dem Landgericht Leipzig. Und diesmal machte das Gericht auch deutlich, dass in diesem Fall die Schranke der Privatkopie nicht greift: Shift TV stelle die Kopiervorlage, nämlich das Sendesignal, überhaupt erst zur Verfügung. Darüber hinaus sei eine Privatkopie, die durch Dritte angefertigt werden, nach § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG nur zulässig, wenn diese unentgeltlich erfolgten. Das sei bei den kostenpflichtigen Angeboten, bei denen auch SAT.1 noch zur Verfügung stand, nicht der Fall. Dass der Service derzeit nicht kostendeckend arbeite, ließ das Gericht nicht gelten.

Doch auch das Urteil des Landgericht Leipzig ließ Netlantic nicht auf sich sitzen.
Ebenfalls im September 2006 ließen die Betreiber die ProSiebenSat.1 Gruppe abmahnen, weil diese in einer Presseerklärung den Eindruck erweckt habe, die Netlantic sei bereits rechtskräftig verurteilt worden. Dabei hatte Netlantic bereits Berufung beim Oberlandesgericht eingelegt.

Dass jedoch auch das Oberlandesgericht der Argumentation von Netlantic nicht folgen würde, war für die Betreiber offenbar schon absehbar. Kurz vor Prozessbegin baten sie im Oktober 2006 in einer Pressemeldung die Internetnutzer um finanzielle Unterstützung, um eine Revision beim Bundesgerichtshof finanzieren zu können. Dabei verwiesen sie ganz nebenbei auf die umfangreichen Möglichkeiten eines digitalen Videorekorders der Firma Topfield Europe und verlinkten deren Online-Shop.

Die Finanzierung scheint jedenfalls funktioniert zu haben. Netlantic hat gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Sollte der BGH Shift TV nicht recht geben, dürfte das das Ende für Online-Videorekorder bedeuten. Die aufwendige technische Infrastruktur dürfte über kostenlose Angebote nicht tragbar sein.

Pressemeldung der ProSiebenSat.1 Media AG.

(Kritische) Details zur Entscheidung des Landgericht Köln bei RA Härting.

Details zur Entscheidung des Landgericht Leipzig bei Heise.

Details zur Entscheidung des Oberlandesgerichtes bei Heise.

, Telemedicus v. 17.01.2007, https://tlmd.in/a/29

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