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OLG Hamburg: Betrachten von Kinderpornos am PC strafbar

Kinderpornografie muss man nicht bewusst abspeichern, um sich strafbar zu machen – schon das Betrachten am Bildschirm genügt, urteilte am Montag das Oberlandesgericht Hamburg (Az. 2-27/09 (REV)). Das Urteil betrifft einen häufigen, aber hoch umstrittenen Fall: Der Täter hatte sich kinderpornografische Bilder im Internet angeschaut, herunterladen wollte er sie aber nicht. Dass er beim Surfen automatisch Bilder auf der Festplatte zeitweise (im „Cache“) zwischenspeichert, habe er nicht gewusst.
Unterschiedliche Rechtsprechung zum „Besitz” an kinderpornographischen Schriften

Das ist eine häufige, aber auch nicht vollkommen unglaubwürdige Erklärung von Ertappten. Allerdings hat der Täter dann nach Ansicht etlicher Juristen keinen „Besitz“ an „kinderpornografischen Schriften“ begründet, wie ihn § 184b Abs. 4 StGB voraussetzt. Auch das Amtsgericht Hamburg-Harburg hatte den Täter daher freigesprochen.

Der zweite Strafsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts argumentierte nun jedoch, dass der Besitzbegriff „einer erweiternden Auslegung bedarf, um dem Gesetzeszweck und dem Willen des Gesetzgebers auch bei unkörperlichen Gegenständen wie einer Internet- oder Computerdatei zu genügen“, wie die Pressestelle mitteilte. Dabei stützte sich das Gericht vor allem auf das Argument, dass der Abruf von kinderpornografischen Seiten bereits für Nachfrage nach derartigem Material sorge und somit kommerzielle Anbieter zur Produktion antreibe. Der Nutzer könne nach dem Aufruf die Datei nach belieben speichern, kopieren und verbreiten. Dass die Darstellung der Grafik am Bildschirm zu flüchtig sei, ergibt sich für die Hamburger Richter „aus der dem Medium typischen Schnelligkeit“.

Ähnlich hat bereits das OLG Schleswig im Jahr 2005 entschieden (Az. 2 Ws 305/05 (222/05), NStZ-RR 2007, 41). Das Gericht sah das strafbare Verhalten allerdings vor allem im Behalten der jeweiligen Kinderpornos. Flüchtig sei der Besitz der angezeigten Bilder nur, wenn der Nutzer sich selbst zum Verlassen der Seite entscheide. Im Ergebnis sei daher schon das Anzeigen von Kinderpornos am Bildschirm „Besitz“ im strafrechtlichen Sinne. Auch dort galt als schwerwiegendes Argument, dass der Konsument den Markt für Kinderpornografie anheize – und damit mittelbar künftigen Missbrauch fördere.

Literaturmeinung: Kein Besitz an Cache-Dateien

Die Fachliteratur sieht das Betrachten wohl überwiegend nicht als „Besitz“ an, da es insoweit an einem gewissen Zeitmoment fehle. Bezüglich möglicher Cache-Dateien fehlt, sofern der Nutzer den technischen Vorgang nicht kennt, der Vorsatz.

, Telemedicus v. 16.02.2010, https://tlmd.in/a/1652

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