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OLG Düsseldorf zum Verhältnis der GPL zu Markenrechten

Das OLG Düsseldorf hat Ende September im Streit um die Open-Source-Software „xt:Commerce” entschieden und sich dabei mit dem Verhältnis der General Public Licence (GPL) zu Markenrechten befasst (Az. I-20 U 41/09). Danach lassen sich aus der GPL keine Befugnisse zur Verwendung des Namens der frei lizenzierten Software ableiten.
Der Fall

Kläger war das Unternehmen, das die freie Shop-Software „xt:Commerce” vertreibt. Die (mittlerweile überwiegend kostenpflichtige) Software war unter der General Public License (GPL) lizenziert. Der Name „xt:Commerce” ist als Gemeinschaftsmarke geschützt.

Der Beklagte war IT-Entwickler und „SEO-Spezialist”. Auf seiner Internetseite bot er eigene Produkte rund um xt:Commerce an. Darunter zum Beispiel „xt:Commerce BASIC SEO” oder „xt:Commerce SHOP HOSTING”. Außerdem verwendete er dort Begriffe wie „xt:C News” und „xt:C Forum”. In weiteren von ihm betriebenen Forum bot er u.a. einen „offiziellen xt:Commerce Support” an. Die Entwickler der Software sahen darin eine Markenrechtsverletzung und klagten – nach einem Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz – vor dem Landgericht Düsseldorf.

Dieses wies die Klage zunächst zurück: Die Klägerin habe nicht ausreichend dargelegt, inwiefern die Begriffe zur Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen verwendet worden seien. Dies müsse für jede beanstandete Verwendungsform substantiiert vorgetragen werden – es sei nicht Aufgabe der Kammer, die Anlagen auf eine markenmäßige Verwendung hin zu durchforschen.

Die Entscheidung

Die Berufung hatte nun das OLG Düsseldorf zu entscheiden. Und diesem reichten die Argumente der Klägerin: Der Beklagte verwende die Bezeichnung „xt:Commerce” für Waren und Dienstleistungen und verletze damit die Markenrechte der Klägerin. Entscheidender Bestandteil der Marke sei das vorangestellte „xt”, sodass auch die Abkürzung „xt:C” in verschiedenen Abwandlungen eine Verwechslungsgefahr hervorrufe.

Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, lediglich zusätzliche Servicedienstleistungen zu erbringen. Denn dazu hätte er deutlich machen müssen, dass es sich bei „xt:Commerce” nicht um seine eigene, sondern um eine fremde Marke handelt. Durch die „blickfangmäßige” Verwendung des Begriffs „xt:Commerce” habe der Beklagte vielmehr den Eindruck erweckt, es handele sich bei seiner Internetseite um die offzielle Webseite des Herstellers:

„Sein Recht, Serviceleistungen und Unterstützungsprogramme als Zubehör für die xt:Commerce-Software anzubieten, rechtfertigt die vorstehenden Benutzungsformen nicht. Ein Anbieter von Serviceleistungen oder Zubehör darf nicht den Eindruck erwecken, es bestehe eine Handelsbeziehung zwischen ihm und dem Markeninhaber (EuGH, GRUR Int. 1999, 423 Tz. 64 – BMW/Deenik). Erst recht muss er folglich deutlich machen, dass es sich bei der geschützten Marke nicht um seine eigene, sondern um eine fremde Marke handelt, die lediglich der Beschreibung des Einsatzbereichs seiner Ware dient. Der Beklagte hätte sein Produkt mit einem von „xt:Commerce“ losgelösten Zeichen versehen und die klägerische Marke erst im Rahmen der Produktbeschreibung verwenden dürfen […]. Die exponierte Stellung von „XT:C“ im Kopf der Internetseite ist von Art. 12 lit. c. GMV ohnehin nicht gedeckt.” (Hervorhebung nicht im Original)

Kein Recht aus der GPL abzuleiten

Auch aus der freien Lizenz könnten sich keine Rechte zur Benutzung der Marke ableiten, so das Gericht:

„Auch die General Public License (GPL) […] gibt dem Beklagten kein Recht zur Nutzung der Marke. Die GPL regelt lediglich die urheberrechtlichen Aspekte der Nutzung eines ihr unterstellten Computerprogramms, markenrechtliche Bestimmungen enthält das Regelwerk nicht.”

Der Beklagte hatte vorgetragen, dass die GPL „denknotwendig” voraussetze, dass neben der eigentlichen Software auch die Marke verwendet werden dürfe. Das OLG Düsseldorf folgte dem nicht:

„Eine (konkludente) markenrechtliche Nutzungsberechtigung folgt auch nicht aus der Natur der Sache. Die urheberrechtliche Nutzungsberechtigung läuft ohne die markenrechtliche nicht leer. Der Berechtigte kann das von ihm legal vervielfältigte Programm unter einem anderen (eigenen) Namen vertreiben. Die gleichzeitige Nutzung der für das Programm vom Schöpfer verwandten Marke ist für derartige Vertriebshandlungen sicher vorteilhaft, zur Nutzung der urheberrechtlichen Berechtigung erforderlich ist jedoch nicht.”

Konsequenzen

Um so manches Open-Source-Projekt hat sich eine ganze Branche spezialisierter Dienstleister entwickelt. Besonders bei komplexen Applikationen besteht Bedarf an individueller Beratung und Entwicklung. Eine Lücke, die einige Unternehmen schon seit Jahren füllen. Ein prominentes Beispiel ist etwa das Content Management System Typo3 (dessen Name im Übrigen auch als Gemeinschaftsmarke geschützt ist). Die Software ist sehr verbreitet, sehr beliebt, aber auch ausgesprochen kompliziert in Einrichtung und Wartung. Kein Wunder also, dass es diverse „Typo3-Hoster” gibt, die spezielle Angebote für diese Software entwickelt haben. Aber auch für das hier betroffene Shop-System xt:Commerce gibt es zahlreiche Dienstleister, die Unterstützung bei Installation und Betrieb anbieten.

Überhaupt ist es ein Teil des Prinzips „Open Source”, dass mit der freien Veröffentlichung der Software die Verwertung noch lange nicht beendet ist. Viele Unternehmen leben ausschließlich davon, kostenlose Software speziell anzupassen, zu warten und zu pflegen. Für all diese Unternehmen könnte die Entscheidung des OLG Düsseldorf weitreichende Konsequenzen haben.

Natürlich verbietet das Gericht solche ergänzenden Dienstleistungen nicht per se. Entscheidend ist, dass deutlich bleibt, wem die betroffene Marke eigentlich gehört. Soweit ist daran auch nichts auszusetzen. Jedoch geht das Gericht davon aus, dass dies nur dadurch erreicht werden könne, dass die Marke nicht als Namensbestandteil verwendet werden darf. Als Beispiel führt das OLG Düsseldorf das „xt:Commerce SEO MODUL” an. Der Anbieter solle die Marke komplett aus dem Namen entfernen und dafür in der Produktbeschreibung erklärend hinzufügen: „SEO ADMIN MODUL ist ein Computerprogramm, das Onlineshopsysteme wie xt:Commerce bei der Platzierung unterstützt”.

Wer also ein spezialisiertes „Typo3-Hosting” anbietet, soll sein Produkt künftig „Hosting” nennen und ergänzen: „Dieses Hosting ist eine Dienstleistung, die für Content Management Systeme wie Typo3 geeignet ist”. Eine solche Verklausulierung ist weder im Sinne der Nutzer, noch im Sinne der Entwickler von Open-Source-Software, die häufig auch von solchen ergänzenden Dienstleistungen profitieren. Schließlich ermöglicht die vereinfachte Installation und Wartung durch Experten eine deutlich höhere Verbreitung, als wenn der (damit überforderte) Nutzer selbst Hand anlegen muss.

Insofern greift die Argumentation des OLG Düsseldorf auch zu kurz, wenn das Gericht davon ausgeht, dass aus der Open-Source-Lizenz keinerlei (konkludente) Einwilligung in die Verwendung des Markennamens hervorgeht. So geht das Institut für Rechtsfragen der Open Source Software (ifROSS) im Buch „Die GPL kommentiert und erklärt” davon aus, dass in begrenztem Umfang auch Namensrechte von der GPL betroffen sind:

„Hat das betroffene Programm einen Namen, der nach § 12 BGB oder sogar nach Markenrecht besonders geschützt wird, will der Lizenzgeber dem Lizenznehmer in der Regel auch das Recht einräumen, diesen Namen zu verwenden, soweit dies für die Nutzung nach der GPL erforderlich ist. Das bedeutet zum Beispiel, dass der Lizenznehmer den Begriff „Linux“ verwenden darf und auch öffentlich damit werben kann, „Linux“ zu verkaufen – obwohl der Name markenrechtlich geschützt ist.”

Pauschal kann man also nicht sagen, dass Markenrechte durch die Open-Source-Lizenz nicht betroffen sind. Natürlich ist damit noch nicht geklärt, wie weitreichend eine eventuelle Einwilligung sein kann und die Details alles andere als trivial. Leider hat sich das OLG Düsseldorf damit aber erst gar nicht befasst.

Berücksichtigen muss man allerdings auch, dass es sich hier – soweit das aus der Urteilsbegründung hervorgeht – um einen sehr deutlichen Fall gehandelt hat. So wurden im Forum des Beklagten zum Beispiel Beiträge mit „xt:Commerce Support Team” unterschrieben. Und auch andere Formulierungen erweckten den Eindruck, dass es sich nicht um einen externen Dienstleister, sondern um den eigentlichen Hersteller der Software handelt. Insofern waren in diesem Fall auch die Grenzen einer eventuellen Einwilligung durch die GPL überschritten und es ist fraglich, ob das Gericht in einem weniger krassen Fall ebenso deutlich geurteilt hätte.

Das Urteil Az. I-20 U 41/09 vom 28.09.2010 im Volltext.

Das ifROSS ausführlich zum Fall und mit Hintergründen zu anderen Lizenzen.

(via Michael Seidlitz)

  • Adrian Schneider

    Adrian Schneider ist Mitbegründer, Vorstand und Hausnerd von Telemedicus sowie Rechtsanwalt bei Osborne Clarke in Köln.

, Telemedicus v. 12.10.2010, https://tlmd.in/a/1865

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