Der Share-Hoster Rapidshare haftet nicht für Urheberrechtsverletzungen, die durch seine Nutzer begangen werden. Das hat das OLG Düsseldorf Ende März entschieden. Damit stellt sich das Gericht gegen die Ansicht des OLG Hamburg, wonach das gesamte Geschäftsmodell von Rapidshare den Schutz der Rechtsordnung nicht verdiene.
Das Geschäftsmodell von Rapidshare
Bei Rapidshare können Nutzer kostenlos und weitestgehend anonym Dateien hochladen und nach freiem Ermessen anderen zum Download anbieten. Rapidshare selbst gibt die Links zu den Dateien nicht weiter. Der Download ist standardmäßig kostenlos, mit kostenpflichtigen Premium-Accounts entfallen jedoch längere Wartezeiten. In der Praxis wird Rapidshare häufig für Urheberrechtsverletzungen genutzt, indem die privaten Download-Links in Foren und Linklisten veröffentlicht werden.
Dementsprechend beantragten nun – mal wieder – Rechteinhaber, deren Filme über Rapidshare verbreitet wurden, eine einstweilige Verfügung. Konkret ging es um die Titel „An American Crime”, „My name is Bruce”, „The Fall”, „Eagle vs. Shark”, „Unter der Sonne Australiens” und „Insomnia”. Sie sahen Rapidshare in der Verantwortung, Upload und Verbreitung urheberrechtlich geschützter Werke zu verhindern.
Die Entscheidung
Anders als noch das Landgericht, entschied das OLG Düsseldorf jedoch zu Gunsten von Rapidshare. Zunächst stellt das Gericht fest, dass die eigentlichen urheberrechtlich relevanten Nutzungshandlungen nicht von Rapidshare selbst begangen werden:
„In Bezug auf die zu untersagenden Benutzungshandlungen bestehen Unklarheiten. [Rapidshare] selbst nimmt keine „Vervielfältigungen” von Filmen vor; dies macht der Nutzer. […] [Rapidshare] selbst macht auch kein Filmmaterial öffentlich zugänglich. […] Alleine der Kunde bestimmt, an wen er den Link zu den Dateien weiterleitet. Insofern kann von einer öffentlichen Wiedergabe durch den Provider nicht gesprochen werden, da diese im Verantwortungsbereich des Nutzers liegt, der sowohl über Dateiname, als auch über Dateiinhalte und Dateilinks exklusiv verfügt.”
Rapidshare hafte deshalb weder als Täter, noch als Teilnehmer für die Urheberrechtsverletzungen seiner Nutzer. Einzig eine Störerhaftung käme in Betracht.
Und so steigt das Gericht dann sehr ausführlich in die Prüfung ein, welche Prüfungspflichten Rapidshare zumutbar sind, um illegale Uploads seiner Nutzer zu verhindern. Dabei kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Möglichkeiten entweder ungeeignet, oder Rapidshare nicht zumutbar seien.
Überprüfung der Dateinamen
Eine automatische Überprüfung der Dateinamen sei ungeeignet, so das OLG Düsseldorf. Denn über diesen könne der Nutzer selbst entscheiden. Im konkreten Fall seien die Titel auch derart allgemein, dass sie für eine Wortfilterung nicht in Frage kämen. Außerdem bestehe stets die Gefahr einer Fehlerkennung, wenn man sich auf einen automatischen Filter verlasse:
„ine fehlerhafte Erkennung kann übrigens auch dann stattfinden, wenn eine nicht-urheberrechtlich geschützte Datei ein oder mehrere Schlüsselworte des Filters enthält. Beispielsweise könnte die Datei „Mein_Office_2007_Erfahrungsbericht.txt” aufgrund der Schlüsselwörter „Office” und „2007? als geschütztes Material erkannt und gelöscht werden, obwohl nur ein persönlicher Erfahrungsbericht vorläge ( Breyer, MMR 2009, 14.)”
Sperrung bestimmter Dateitypen
Auch eine Sperrung bestimmter Dateitypen könne Urheberrechtsverletzungen nicht verhindern und berge die Gefahr der Fehlerkennung. Insbesondere seien RAR-Dateien kein Indiz für rechtswidrige Inhalte:
„Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erläutert, daß für ihn die Verwendung einer Endkennung „.rar” ein wichtiges Indiz für eine Filmdatei sei. Dies ist unzutreffend. RAR ist ein allgemeines Dateiformat zur Datenkompression, um den Speicherbedarf von Dateien für die Archivierung und Übertragung zu verringern. Mit Filmdateien hat das unmittelbar nichts zu tun.”
Manuelle Überprüfung Dateien und Linklisten
Eine manelle Überprüfung von hochgeladenen Dateien lehnt das OLG Düsseldorf generell ab:
„Die Forderung nach einer menschlichen, gezielten Überprüfung von Inhalten, bei denen eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für Rechtverletzungen besteht, lässt sich wegen des damit verbundenen Personalaufwands in der Praxis regelmäßig nicht realisieren.”
Selbiges soll auch für die Überwachung externer Linklisten gelten, in denen die Links zu den Downloads veröffentlicht werden:
„Ohne eine Geschäftsbeziehung zwischen Sharehoster und den Linkservern , bei denen der Sharehoster an den Erfolgen Letzterer beteiligt ist, kann eine manuelle Suche nicht verlangt werden (Willmer, NJW 2008, 1845).”
Einordnung
Im Vergleich zu vielen anderen Entscheidungen über Rapidshare ist die Argumentation des OLG Düsseldorf recht oberflächlich. Anders als etwa das OLG Hamburg, befasst sich das Gericht zum Beispiel kaum mit dem Haftungsmaßstab, der bei Rapidshare angelegt werden muss. Die Hamburger Richter hatten im September entschieden, dass bei Rapidshare besonders hohe Anforderungen zu stellen sind, da das Geschäftsmodell für Urheberrechtsverletzungen „besonders gut geeignet” sei. Damit ließen sich dann auch sehr weitreichende Prüfungspflichten rechtfertigen. Dem setzt das OLG Düsseldorf wenig entgegen.
Und auch beim Hauptargument, den technischen Möglichkeiten zur Kontrolle des eigenen Angebots, bleibt das Gericht sehr kurz angebunden. So begründet das Gericht zum Beispiel nur in wenigen Sätzen, warum es Wortfilter bei Dateinamen für grundsätzlich ungeeignet hält. Das ist sicherlich zu wenig, um nachhaltig zu überzeugen. Letztendlich hat das OLG Düsseldorf damit eine Chance verpasst, der sehr rigorosen Rechtsprechung des OLG Hamburg fundierte Argumente entgegenzusetzen.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf Az. I-20 U 166/09 im Volltext.
Eine Einschätzung von RA Stadler.
Nachtrag:
Vorliegend geht es um ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz, was ich zunächst übersehen habe. Meine Kritik muss ich deshalb dahingehend relativieren, als dass es im Eilverfahren natürlich völlig normal ist, sich sehr kurz zu halten. An dem Ergebnis, dass die Argumentation des OLG Hamburg ausführlicher und tiefer ist, ändert das natürlich nichts.