Das Recht der Domains in Deutschland scheint kompliziert. Statt dem „Recht an einer Domain“ kennen wir nur Nutzungsrechte aus den Vertragsbeziehungen zwischen der Vergabestelle, dem Inhaber oder dem Provider. Anerkannt ist auch, dass Domains Gegenstände von Namensrechten sein können und so geschützt werden. Ob auch Besitzansprüche an einer Domain bestehen wird noch kontrovers diskutiert. Mitte September hat sich das OLG Brandenburg zu dieser Frage geäußert (Az. 3 U 164/09).
Kern des Streits war die Frage, ob ein Anspruch auf Eintragung als Inhaber einer Domain besteht, wenn eine Domain „abhanden kommt”. Der Kläger hatte eine Domain auf seinen Namen registriert. Der Beklagte behauptete, die Domain vom Kläger gekauft zu haben (ob das auch tatsächlich der Fall war, war strittig) und ließ die Domain auf sich überschreiben. Der Kläger verlangte nun, wieder als Inhaber der Domain eingetragen zu werden.
In erster Instanz hatte das Landgericht Potsdam dem Kläger zunächst recht gegeben. Es sah ihn als materiellrechtlichen Inhaber der Domain und sprach ihm deshalb die alleinige Benutzungsbefugnis zu. Demnach stelle das Nutzungsrecht der Domain ein „absolutes Recht” im Sinne des § 823 I BGB dar. Daher bejahte das LG Potsdam einen Schutz gegen die Störung der Beklagten gemäß § 823 I, 1004 I S.1 BGB.
Die Domain als absolut geschütztes Recht?
Das OLG Brandenburg verneinte aber den Lösungsansatz der ersten Instanz. Dazu berief es sich auf die adacta-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2004. Demnach begründet die Registrierung einer Domain nur ein vertragliches Nutzungsrecht gegenüber der Denic eG – aber kein absolutes Recht im Sinne des § 823 I BGB. Eine Domain sei nur eine dem Eigentum gleichgesellte Vermögensposition, die nicht von § 823 I BGB geschützt sei.
Sobald allerdings andere Kennzeichnungsrechte (Namens-, Firmen – oder Markenrechte) greifen, bestehe ein spezieller Schutz. Dies sah das Gericht aber in diesem Fall nicht gegeben. Außerdem stellte es klar, dass die Eintragung in die Register der Vergabestelle keinerlei öffentlichen Glauben generieren könne. Sie sei auch nicht rechtsbegründend, da es sich um bloße private Verzeichnisse handele, was sich auch aus dem eigenen Verständnis der Denic ergäbe. Sie führt ihre Datenbanken, um den Inhaber bei technischen Schwierigkeiten erreichen und bei Rechtsverletzungen jemanden belangen zu können. Demnach könnte der Kläger nicht die Einwilligung verlangen, als Inhaber und Administrator der Domain in der Datenbank eingetragen zu werden. Die Revision zum BGH hat das OLG Brandenburg ausdrücklich zugelassen.
„Besitz” an Domains
Nach der Entscheidung des OLG Brandenburg bleibt die Diskussion, ob der Schutz der Domain als sonstiges Recht unter § 823 I BGB zu fassen ist, aktuell. Ob eine gewisse Parallele zum Besitz gezogen werden muss, bleibt wohl dem BGH überlassen. Das OLG Brandenburg lehnt diese Parallele ab. Die Situation sei anders als die des Besitzers, der das Recht zum Besitz durch schuldrechtlichen Vertrag erhielt. In diesem Fall sei der Besitz der Erfolg des Nutzungsvertrags. Bei der Domain stellen die Nutzungsrechte hingegen die schuldrechtliche Forderung selbst dar. Das Gericht verweist dabei auf Utz (MMR 2006, 469, 471).
Da diese Argumentation schwer nachzuvollziehen ist, erwähnt auch das OLG Brandenburg die Notwendigkeit einer einheitlichen Rechtsprechung und blickt damit erwartungsvoll zum BGH, da sich zuvor das OLG Köln, das LG Düsseldorf (Urteil vom 19.08.2009 – 34 O 16/09) und auch das LG Köln für den Schutz durch § 823 BGB ausgesprochen haben.