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NPG vs. Wikipedia: Schutz digitaler Reproduktionen

Zur Zeit liefert sich die Londoner National Portrait Gallery (NPG) mit einem Wikipedia-Administrator einen juristischen Schlagabtausch über die Verwendung vermeintlich gemeinfreier Fotografien. Die NPG hatte Gemälde aus ihrem Bestand digitalisiert („digital reproduziert”) und vermarktet diese Reproduktionen aktuell, indem sie Lizenzen für deren Verwendung vertreibt. Ein Teil dieser hoch aufgelösten Reproduktionen wurde anschließend ohne Genehmigung aus der Datenbank der NPG kopiert und bei Wikipedia Commons online gestellt, wo sie frei verfügbar sind.

Da die Urheberrechte für die Originalgemälde bereits seit langer Zeit abgelaufen sind stellt sich hier die Frage: Wie wirkt sich eigentlich der Ablauf des Urheberrechtsschutzes auf Reproduktionen aus? Kann an einer Reproduktion ein eigenständiges Recht entstehen?
Standpunkte der Parteien

Während die Wikimedia Foundation diese Auffassung bestreitet, zeichnen die Londoner Anwälte der NPG in einem Schreiben an den Administrator ein anderes Bild von der Rechtslage. Sie verweisen darauf, dass nach britischem Recht sowohl ein Schutz für die Reproduktionen selbst als auch für die Datenbanken bestünde, aus denen diese heruntergeladen wurden.

Der Wikipedia-Administrator wird inzwischen von einem auf das Immaterialgüterrecht spezialisierten Anwalt der Electronic Frontier Foundation vertreten. Es besteht also die Möglichkeit, dass sich in Kürze ein britisches Gericht ausführlich mit diesen Fragen beschäftigen muss.

Die deutsche Rechtslage

Das deutsche Urheberrecht äußert sich – ähnlich wie das britische – zu Reproduktionen nicht ausdrücklich. Daher ist auch hierzulande stark umstritten, inwiefern Reproduktionsfotografien geschützt werden. Einig ist man sich immerhin, dass Reproduktionsfotografien dreidimensionaler Kunstwerke (wie Skulpturen oder Plastiken) zumindest einen Lichtbildschutz über § 72 UrhG genießen. Probleme ergeben sich allerdings bei der Reproduktion zweidimensionaler Kunstwerke.

Der BGH hat in der Vergangenheit ein „Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung” für einen Lichtbildschutz verlangt, ohne diese Anforderung näher auszuführen. Zum Teil wird daher in der Fachliteratur ein Schutz für Reproduktionsfotografien abgelehnt. Andere stellen darauf ab, ob die Aufnahmebedingungen eigenständig festgelegt wurden und ob etwaige Gestaltungsspielräume (beispielsweise hinsichtlich der Beleuchtung) genutzt wurden. Einen Fall, in dem – wie hier – ein Museum offensichtlich unter großem finanziellen Aufwand Bilder digitalisiert und dabei besonderen Wert auf die realistische Wiedergabe der Gemälde gelegt hat, haben deutsche Gerichte bislang jedoch noch nicht entschieden.

Das Anwaltschreiben im Wortlaut (englisch).

Die Meldung im British Journal of Photographie.

, Telemedicus v. 21.07.2009, https://tlmd.in/a/1410

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