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Neumann: „Gebühren auch ein Stück kompetitiv machen”

Bernd Neumann
Photo: ondamaris (cc)

Am vergangenen Pfingssonntag ist der erste Teil eines Interviews mit Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) in der Sonntagsausgabe des Bremer „Weser Kurriers” erschienen. Darin spricht sich Neumann unter anderem dafür aus, die Verteilung der Rundfunkgebühren unter den öffentlich-rechtlichen Sendern teilweise an deren Marktanteilen festzumachen.

„Man könnte ja die finanzielle Verteilung zwischen ARD und ZDF auch ein wenig nach den Zuschauerzahlen ausrichten, also die Gebühren auch ein Stück kompetitiv machen”, sagte Neumann der Bremer Zeitung.

Ob ein solches „kompetitives” Modell aber wirklich verfassungrechtlich zulässig wäre, erscheint fraglich. Denn das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rundfunkrechtsprechung wiederholt darauf hingewiesen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk keinem Quotendruck ausgesetzt sein darf.
BVerfG: Öffentlich-rechtlicher Rundfunk muss unabhängig von Einschaltquoten sein

Nur durch die Unabhängigkeit von den Einschaltquoten könne der Grundversorgungsauftrag angemessen erfüllt werden, heisst es bereits im sogenannten „Niedersachsen-Urteil” von 1986:

„In dieser Ordnung ist die unerläßliche „Grundversorgung“ Sache der öffentlichrechtlichen Anstalten, zu der sie imstande sind, weil ihre terrestrischen Programme nahezu die gesamte Bevölkerung erreichen und weil sie nicht in gleicher Weise wie private Veranstalter auf hohe Einschaltquoten angewiesen, mithin zu einem inhaltlich umfassenden Programmangebot in der Lage sind. Die damit gestellte Aufgabe umfaßt die essentiellen Funktionen des Rundfunks für die demokratische Ordnung (vgl. BVerfGE 35, 202 [222] m. w. N. – Lebach) ebenso wie für das kulturelle Leben in der Bundesrepublik.”

Und auch 1991 stellten die Karlsruher Richter in der sogenannten „WDR-Entscheidung” erneut fest, dass die finanzielle Abhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von seiner Reichweite dem verfassungsrechtlichen Auftrag entgegensteht:

„Ein von Werbeeinnahmen abhängiger Rundfunkveranstalter muß darauf Rücksicht nehmen und seine Programmplanung in starkem Maß an Einschaltquoten ausrichten. Damit sind aber gerade jene Anforderungen an die Programmgestaltung gefährdet, die sich für den öffentlichrechtlichen Rundfunk aus der Grundversorgungsaufgabe ergeben (vgl. BVerfGE 73, 118 [155 f.]) und dem System der Gebührenfinanzierung zugrunde liegen.”

Diese Ausführungen finden sich ebenfalls in der „Gebührenentscheidung” von 1994 (BVerfGE 90, 60 [90]) wieder. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht dabei von „Werbeeinnahmen” spricht, der zugrundeliegende Rechtsgedanke dürfte entsprechend auch auf eine reichweitenorientierte Gebührenfinanzierung anzuwenden sein. Denn von der Gefahr einer faktischen Einwirkung eines gewissen Quotendrucks auf die Programmgestaltung dürfte in beiden Fällen in gleichem Maße auszugehen sein.

Zwar speist sich die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch heute schon zu Teilen aus reichweitenabhängigen Werbeeinnahmen, aber diese spielen aufgrund ihrer geringen Höhe nur eine untergeordnete Rolle. Daher geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass daraus keine Gefahr für die programmliche Unabhängigkeit des Rundfunks erwächst (BVerfGE 83, 238 [310]).

Kompetitives Verteilungsmodell nur in stark begrenztem Maße denkbar

Insoweit wäre eine zwischen ARD & ZDF kompetitiv ausgestaltete Gebührenverteilung – wenn überhaupt – wohl nur in sehr begrenztem Maße zulässig. Beispielsweise in der Intensität, wie die reichweitenabhängigen Werbeeinahmen sich derzeit schon auf die Gesamtfinanzierung der Sender auswirken. Denn nach Auffassung des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien – so der offizielle Titel von Neumann –, sollen ARD & ZDF zukünftig auf ihre Einnahmen aus Werbung und Sponsoring gänzlich verzichten.

Es bleibt anzumerken, dass das Rundfunkrecht in der Gesetzgebungskompetenz der Länder steht. Insoweit wird der Einfluss der Bundesregierung bei den Reformbestrebungen im Bereich der Rundfunkfinanzierung eher gering sein.

Zum online verfügbaren Teaser des Neumann-Interviews im Weser Kurrier.

, Telemedicus v. 25.05.2010, https://tlmd.in/a/1766

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