Die Organisation Creative Commons hat eine neue Lizenz vorgestellt (Telemedicus berichtete): Mit „CC0“ können Urheber ihre Schöpfungen kennzeichnen, wenn sie auf sämtliche Urheberrechte verzichten wollen. Die „Null“ steht dabei für „No Copyright“. Die Lizenz soll die Werke solchen gleichstellen, für die die Schutzfrist bereits abgelaufen ist und die deswegen gemeinfrei sind.
Die Nutzer können diese dann vollkommen frei verwenden. Die Pressemitteilung erläutert:
„CC0 besteht aus zwei Erklärungen: In der ersten erklärt man verbindlich, dass man Inhaber aller urheberrechtlichen Schutzrechte und Datenbankschutzrechte am betreffenden Schutzgegenstand ist, in der zweiten, dass man auf diese Schutzrechte und ihre Durchsetzung allumfassend verzichtet. Das neue Instrument ist im Ergebnis auch und gerade für den Wissenschaftsbetrieb interessant, weil es dort in den meisten Fällen weniger um Urheber- als um Datenbankenschutzrechte geht, die allzu häufig verhindern, dass die richtigen Wissenschaftler zur richtigen Zeit an die richtigen Daten herankommen. Rechtliche Hürden bremsen die Wissenschaft auf diese Weise nicht selten aus.“
Die CC0-Lizenz ist eine Weiterentwicklung der Public Domain Dedication, die ebenfalls einen umfassenden Verzicht auf Schutzrechte vorsieht. Allerdings ist eine derartige absolute Aufgabe aller Ansprüche nicht unter jedem Urheberrechtsregime möglich. Für CC0 wurden solche länderspezifischen Besonderheiten nun berücksichtigt. Unkompliziert ist ein Rechteverzicht in den Rechtsordnungen, in denen Urheberrechte primär einen wirtschaftlichen Investitionsschutz bewirken sollen (Copyright). Probleme treten auf, wenn die Vorstellung eines Urheberpersönlichkeitsrechts (UPR) im Mittelpunkt steht. Dann ist die rechtliche Ausgestaltung von dem „geistigen Band zwischen Urheber und Werk“ geprägt.
Die Krux mit dem UPR
Das gilt gerade auch für das deutsche Urheberrecht, das als Einheit von ökonomischen Verwertungsrechten und Urheberpersönlichkeitsrechten gesehen wird. Dieses UPR ist eng mit der Person des Urhebers verknüpft und kann deswegen grundsätzlich nicht übertragen oder aufgegeben werden. Deswegen bestimmt § 29 UrhG, dass das Urheberrecht nicht als Ganzes übertragbar ist – der Urheber darf Dritten lediglich einzelne Nutzungsrechte an seinem Werk einräumen. Aus dieser Unübertragbarkeit folgt zugleich, dass ein umfassender Verzicht nicht möglich ist. Etwas Anderes kann wieder nur für einzelne Ansprüche bzw. Verwertungsrechte gelten.
Bei CC-Lizenzen verzichtet der Urheber allerdings nicht gegenüber einem bestimmten Vertragspartner auf ausgewählte Rechte, sondern gegenüber der Allgemeinheit. Es ist umstritten, ob das deutsche Recht das überhaupt zulässt. So wird zum Teil ein derartiger genereller Verzicht für unwirksam gehalten; er kann aber in die Einräumung von Nutzungsrechten an jedermann umgedeutet werden. Diese Probleme wurden bei der Entwicklung der CC0-Lizenz bedacht. Sie hat zwar die Aufgabe aller Rechte als Regelfall vor Augen, sieht aber als „Notnagel“ eine entsprechend weitreichende unbefristete Lizenz für jedermann vor – sofern eine solche überhaupt eingeräumt werden kann. In den FAQs wird klargestellt:
„Please don’t take the 0 (zero) in the name “CC0” literally – no legal instrument can ever eliminate all copyright interests in a work in every jurisdiction. CC0 doesn’t affect two very important categories of copyright and related rights. First, just like our licenses, CC0 does not affect other persons’s rights in the work or in how it is used, such as publicity or privacy rights. Second, the laws of some jurisdictions don’t allow authors and copyright owners to waive all of their own rights, such as moral rights.
When the waiver doesn’t work for any reason CC0 acts as a free public license replicating much of intended effect of the waiver, although sometimes even licensing those rights isn’t effective. It varies jurisdiction by jurisdiction. So while we can’t be certain that all copyright and related rights will indeed be waived everywhere, we are confident that CC0 lets you sever the legal ties between you and your work to the greatest extent legally permissible. “
Für Deutschland bedeutet dies, dass die CC0-Lizenz nur den Verzicht auf die Verwertungsrechte bzw. eine Einräumung von Nutzungsrechten bewirkt. Das UPR als unveräußerliches Recht verbleibt auch in diesen Fällen beim Urheber. Allenfalls könnte man einen Ausübungsverzicht bezüglich der Ansprüche aus möglichen Verletzungen des UPR annehmen. Dadurch führt die CC0 nicht unbedingt zu Rechtssicherheit. So wäre zum Beispiel die Umgestaltung eines Werkes (§§ 23, 24 UrhG als lizenzierbare Rechte) gestattet; wo allerdings die Grenze zur Entstellung (§ 14 UrhG als Teil des UPR) überschritten wird, hilft die Lizenz nicht weiter.
Bisher ist noch offen, ob die Gerichte CC-Lizenzen überhaupt akzeptieren werden. Solche Rechteeinräumungen an die Allgemeinheit kennt das UrhG nämlich nicht. Im ähnlichen Fall der GPL für Computer-Software scheinen die Gerichte die Lizenz (nicht aber einen Verzicht auf Rechte) zu akzeptieren. Insbesondere mit der weitgehenden CC0-Lizenz könnten sich die deutschen Richter schwer tun, zumal die Einräumung unwiderruflich ist.