Auf Blogbetreiber, Online-Medien und Internetnutzer könnte eine neue Abmahnwelle zu kommen. Uns liegt die vermutlich erste Abmahnung vor, in denen ein Internetnutzer für das Posten eines selbst angefertigten Selfies auf Facebook abgemahnt wurde. Verbraucheranwälte warnen: Es droht eine neue Haftungsfalle!
Hintergrund ist ein vermeintlich harmloser Post des freiberuflichen Webdesigners Stefan S. auf Facebook. Dieser hatte mit einer Foto-App ein Selbstportrait von sich angefertigt und mit allerlei Filtern und anderen grafischen Spielereien der App bearbeitet. Anschließend veröffentlichte er das Foto bei Facebook.
Wenige Tage später erhielt Stefan S. eine Abmahnung mit der Aufforderung, die Veröffentlichung des Fotos zu unterlassen. Absender: Der Entwickler der Foto-App, mit der Stefan S. den Selfie aufgenommen hatte.
In der Abmahnung, die Telemedicus in Kopie vorliegt, argumentiert der Entwickler der App, dass das Foto urheberrechtlich geschützte Elemente beinhaltet, für deren Veröffentlichung Stefan S. keine Einwilligung des Urhebers hat. Konkret bezieht sich der Entwickler einerseits auf Filter, die Farbton und Stimmung des Bildes verändert, als auch auf Grafiken, die in das Foto eingebunden waren.
Und in der Tat: Gänzlich von der Hand zu weisen ist die Argumentation des App-Entwicklers nicht. Unterstellt, dass die Grafiken in der App urheberrechtlich geschützt sind, kann grundsätzlich der Urheber entscheiden, wie diese Grafiken genutzt werden dürfen. Eine Erlaubnis zur Veröffentlichung der Grafiken wurde in der App mit keinem Wort ausgesprochen – im Gegenteil ist in den Nutzungsbedingungen ausdrücklich erwähnt, dass die Nutzung nur für den privaten Gebrauch erlaubt und eine Veröffentlichung nicht zulässig sei.
Fest steht jedoch: Auch beim Posten von selbst gemachten Fotos ist in Zukunft Vorsicht geboten. Dazu rät auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in einer ersten Stellungnahme:
„Wir raten allen Internetnutzern auf das Veröffentlichen von Selfies aus Gründen der Rechtssicherheit zu verzichten. Das gilt auch für Fotos von Mahlzeiten, Urlaubspanoramen, spielenden Kindern oder Tieren.”
Mit Spannung wird nun erwartet, ob es bei diesem Einzelfall bleiben wird. „Eine wegweisende Gerichtsentscheidung ist unabdingbar”, erklärte uns auf Anfrage der bekannte Kölner IT-Anwalt Christian Salmiak. „Bis dahin besteht nun eine erhöhte Abmahngefahr für die Nutzer und eine noch größere Gefahr für die App Stores, die womöglich bald zahlreichen Regressansprüchen ausgesetzt sein werden”. „Reine Panikmache”, kommentierte hingegen Medien- und neuerdings Anwaltskritiker Stefan Niggemüller. Ob sich die Abmahnwelle ausbreitet, bleibt daher abzuwarten.
Die anonymisierte Abmahnung im Volltext.