Über den Gesetzesentwurf zu Netzsperren kann man sagen was man will, eins ist er auf jeden Fall: Mit heißer Nadel gestrickt. Die Verfassungsmäßigkeit des Entwurfs ist formell wie materiell fraglich, die Normadressaten verstehen nicht, was sie eigentlich tun sollen, die Internet-Nutzer rebellieren. Nun taucht eine neue Untiefe auf: Das Gesetz könnte auch europarechtswidrig sein.
Prof. Hoeren im Beck-Blog:
Derzeit wird überall über den Gesetzesentwurf zur Sperrung kinderpornographischer Inhalte diskutiert – auch hier im Beck Blog. Doch ist der Plan überhaupt europarechtskonform? m.E. verstösst der Plan gegen die Vorgaben der EU-Transparenzrichtlinie.
Der Fehler liegt auch hier im formellen Bereich: Der deutsche Gesetzgeber ist wohl verpflichtet, den Entwurf erst nach einer gewissen Stillhaltefrist zu verabschieden.
Nach einer Notifizierung besteht abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmen eine Stillhaltepflicht von drei Monaten, sodass die Vorschrift auf nationaler Ebene während dieser Frist nicht endgültig verabschiedet werden kann. Gibt die Kommission oder ein Mitgliedstaat innerhalb der Frist eine ausführliche Stellungnahme ab, weil die geplante Maßnahme ihrer Ansicht nach Hindernisse für die Niederlassungsfreiheit oder den freien Dienstleistungsverkehr im Binnenmarkt schaffen kann, wird die Stillhaltefrist um einen weiteren Monat verlängert.
Kommt ein Mitgliedstaat seiner Verpflichtung nicht nach, eine Vorschrift über Dienste der Informationsgesellschaft im Entwurfsstadium zu notifizieren, so zieht dies nach Maßgabe der Rspr. die Unanwendbarkeit der jeweiligen Vorschrift auf einzelne Fälle nach sich (so entschieden vom EuGH, U. v. 30.4.1996 – C 194/94 – CIA Security).
Im Beck-Blog weist der Nutzer „Bernd H.“ allerdings auf eine Ausnahmevorschrift hin, die telekommunikationsrechtliche Regelungen betrifft.