Die Schriftstellerin Juli Zeh hat Verfassungsbeschwerde hat gegen den biometrischen Reisepass vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht. Dies berichtet die aktuelle Printausgabe der Zeit. Seit November letzten Jahres gibt es neue Reisepässe auf denen neben dem Gesichtsbild auch der Fingerabdruck des Passinhabers in digitaler Form gespeichert ist. Die bekannte und preisgekrönte Schriftstellerin, die auch Juristin ist, ahnt die Missbrauchsanfälligkeit des neuen Pass. Zudem empfindet sie es als entwürdigend gleich einem Kriminellen einen Fingerabdruck abgeben zu müssen. In der Zeit erklärt sie:
Sie stellt auch einer immer mächtiger werdenden Europäischen Union die Frage: Wie hälst du’s mit den Bürgerrechten? Denn gerade bei den heiklen Fragen der inneren Sicherheit hat sich in Brüssel eine Rechtssetzungspraxis qua Minister-Ukas etabliert, die an nationalen Parlamenten und Öffentlichkeiten vorbei Tatsachen schafft.
Ihr Hauptvorwurf betrifft jedoch den ehemaligen Bundes-Innenminister Otto Schily: Es bestehe die Besorgnis der Befangenheit. Schily nahm im Jahr 2004 an der Konferenz der EU-Innenminister teil, bei der unter anderem der ePass beschlossen und kurz drauf vom EU-Parlament abgesegnet wurde. Nach seinem Rückzug aus der Politik ist der frühere Innenminister bei der Biometric Systems AG Aufsichtsratmitglied geworden – eine Firma, die auf Grenzkontrolle durch biometrische Erkennung speziailisiert ist. Ein nach Eigeninteressen geleitetes Verhalten von Schily sei damit jedenfalls möglich.
Gegenüber der Zeit antwortete Schily auf diesen Vorwurf:
Schriftsteller sollen bekanntlich besonders fantasiebegabt sein. Als Grundlage für Gerichtsentscheidungen taugen Fantasieprodukte aber nicht.
Nach Ansicht von Juli Zeh verstößt die europarechtliche Regelung des ePass darüber hinaus gegen das sogenannte Subsidiaritätsgebot: Danach darf der EU-Gesetzgeber nur europabezogene Sachverhalte regeln. Da in Europa Reisepässe beim Grenzübertritt nicht gebraucht würden, fehle es an diesem EU-spezifischen Bezug.
Abzuwarten bleibt, ob die Beschwerde angenommen wird. Seit der Solange-II-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, sollen deutsche Gerichte nicht über die Anwendbarkeit und Wirksamkeit des europäischen Rechts entscheiden. Voraussetzung: Die Europäische Gemeinschaft gewährleistet einen wirksamen Schutz der Grundrechte. Dies hat das Gericht bei seiner Entscheidung im Jahre 1986 angenommen. Zeh bezweifelt, dass der damalige Standard noch heute gilt. Zum Schutze der Grundrechte regt sie an, diese Rechtsprechung zu überdenken.